Irgenwann...

Autor: Lexandra
veröffentlicht am: 17.04.2009




Alex (Alexandra). Sie ist 15 Jahre alt, hat lange, gewellte braune Haare und blaue Augen. Sie liebt Handball und Musik über alles. Und Cassy, ihren Besten Kumpel auf der ganzen Welt. Sie ist immer für ihre Freunde da und will am liebsten allen helfen.

Cassy. Er ist 8 Monate älter als Alex, hat schwarze, lockige, halblange Haare und wahnsinnige braune Augen. Handball und das Training sind sein Leben. Er liebt es Gedichte zu schreiben und auf seinen kleinen Bruder aufzupassen. Und seine Freundin Jess. Seiner besten Freundin Alex kann er einfach alles anvertrauen.

'Mann, wie lange brauchst du denn?! Ist ja echt schlimm mit dir, du brauchst immer zu lang, einfach immer! Los, schneller, das schaffst du!'
Ich war völlig außer Atem. Seine Worte ermutigten mich und ich nahm meine allerletzte Kraft zusammen. Ich rannte so schnell ich konnte auf ihn zu. 'Los, los, los, gleich bist du da!'Endlich. Angekommen. Ich keuchte erstmal eine Runde vor mich hin, Cassy lachte sich halb tot. Er kann echt fies sein, aber es ist einfach der Wahnsinn mit ihm. Er hat mich schließlich doch noch zu dem 'Kotztraining', wie er es nennt (und ich versteh jetzt auch wieso er das macht), überreden können. 'Trotzdem, super gemacht. Konntest besser mithalten als ich gedacht hätte Alex.' - 'Na was denkst du denn? Irgendwann renn ich dir noch davon, dann steh ICH hier und feuer dich an!' 'Den Tag will ich erlebt haben!' Wir beide lachten weil wir wussten das ich es niemals schaffen würde. Dafür ist er einfach viel zu gut. Und ich hasse Ausdauer sowieso! Nur leider bringt mir das nicht viel wenn ich keuchend auf dem Spielfeld stehe…
'Soooo, jetzt kommt: KRAFTTRAINING! Als erstes…hmmm…sagen wir, für den Anfang dreißig Liegestütze, ok? Los geht's!' Ich stöhnte. Will er mir das wirklich antun? Kann er wirklich so fies sein? 'Was stehst du denn noch da?! Runter mit dir! Ich will dich vor mir niederknien sehen!', grinste er. 'Vor DIR?! Warum sollte ich? Ich knie erst vor dir nieder wenn du hundert Liegestütze schaffst!!!' 'Ok, geht los!' Oh nein…den Satz hätte ich mir sparen sollen. Ich brach nach fünfundzwanzig Liegestützen kurz ab und sah rüber zu Cassy. Der Typ zählte laut mit '…vierundfünfzig, fünfundfünfzig. sechsundfünfzig….' Na toll, herzlichen Dank auch Alex! Dass du ihn immer so herausfordern musst!
Dreißig! Geschafft…und Cassy? '…Neunundachtzig, neunzig,…fünfundneunzig…hundert!' MIST! Warum verdammt noch mal schafft er das? 'Na los, wo bleibt meine abgrundtiefe Vergötterung???' 'Im nächsten Leben dann...' 'Nö, ich will hier wenigstens eine schöne Verneigung sehen bitte! Du darfst auch gerne meine Füße küssen!' 'BUÄH! VERGISS ES!!!' 'Dann einen Kuss!' 'Hey, nicht solche Anspielungen hier! Soll ich dich etwa wegen Belästigung anzeigen?!' 'Och Mann, warum denn nicht?' 'CASSY!!!' Ich war zwar zum Teil verliebt in ihn, aber viel zu schüchtern um ihn zu küssen. Ich wusste, dass er unbedingt mal einen Kuss von mir haben und irgendwann mit mir zusammen sein wollte, aber zur Zeit hat er Jess, und sie ist eine gute Freundin von mir, die beiden sind glücklich, mehr will ich nicht, da kann ich warten. Mir reicht die Vorstellung IRGENDWANN mal mit ihm zusammen zu sein vollstens aus. Er ist es Wert zu warten. Einen so sensiblen, mitfühlenden, liebevollen und zugleich starken Jungen hab ich noch nie gesehen…wirklich ein Engel auf Erden. Mein Engel…

Wir gingen langsam durch den Wald in dem wir trainiert hatten nach Hause und redeten miteinander. Hauptsächlich über Handball. 'Kommst du am Samstag in die Halle und feuerst uns an?' 'Klar, mach ich doch immer! Ich bring noch ein paar Mädels mit und dann habt ihr euren eigenen Fanclub!' 'Cool! Ich hoffe die anderen aus dem Team sind wieder super drauf, so, dass wir das gewinnen…' 'Hey, mit UNS als Fanclub und DIR auf dem Spielfeld könnt ihr nur gewinnen!' Wir lachten. 'Hey, wollen wir noch mal auf den Sportplatz gucken ob die Jungs noch Fußball spielen und mitmachen?' 'Klar! Wir sind ja noch nicht ausgelastet genug…' 'Genau!' 'Dummi…Nee nee, schon ok, ich komme mit! Ich war lange nicht mehr auf meinem Lieblingsplatz!' Jaa, der Sportplatz ist mein absoluter Lieblingsplatz. Wenn im Sommer die Sonne scheint, ich entweder unter den Bäumen sitze und den Jungs beim bolzen zusehe oder auch selbst mitspiele (was meist zur Katastrophe wird, weil ich das Tor nie treffe und im Angriff herumstürzte was das Zeug hält. Aber ich kann ziemlich gute Pässe und in der Abwehr klebe ich bei den andern praktisch an den Schuhen. Im Tor bin ich auch noch ganz passabel), wenn meine Lieblings-Cousine, die sechzig Kilometer weit weg wohnt, in den Ferien auch mit dabei ist und wir zusammen einfach Megafun haben, dann bin ich der glücklichste Mensch auf der Welt. Etwas besseres gibt es nicht. Außer vielleicht auf dem Spielfeld zu stehen.
Also gingen wir zum Fußballplatz. Ein paar Jungs waren noch da und spielten aufs Tor. Wir machten einfach mit und hatten zusammen eine Menge Spaß, wir waren eigentlich nur am lachen weil Mäx wieder total sinnloses Zeug zusammendichtete und irgendwelche Sprüche über Toby machte, der wie immer nur so über das Spielfeld stürzte (und das noch schlimmer als ich, wenn das überhaupt geht). Als Abends nur noch wenige da waren, setzten wir uns alle auf die Treppe und redeten wie immer eine Weile, bis wir dann alle zusammen nach Hause gingen. Als ich mich von den Jungs verabschiedet hatte und das letzte Stück des Weges zu mir ging, ließ ich den Tag noch einmal durch meinen Kopf laufen und war total glücklich. Nachdem ich zu Hause noch kurz etwas gegessen hatte, musste ich gleich in die Stadt fahren. Zum nächsten Training: Tanzen. Ich schnappte schnell mein Sportzeug und rannte zur Bushaltestelle, die zum Glück nur fünfzig Meter von unserer Haustür entfernt ist, sonst hätte ich den Bus schon einige Male verpasst. Ich dankte dem Schicksal dafür und rannte neben dem Bus her. Dank Cassys Training war es kein Problem den Bus einzuholen. Danke Cassy! Sonst wäre das Training gelaufen gewesen, denn das ist die letzte Möglichkeit in die Stadt zu kommen. Meine Eltern waren beide Arbeiten, sie schafften es höchstens mich abzuholen, und da musste ich manchmal schon eine Stunde warten.
Meine Freundin kam leider nicht mit zum Tanzen, ihr Knie war verletzt. Ich setzte mich weit hinten in den Bus, hörte Musik und dachte weiter über den Tag nach. Und über ihn. Ich wusste nicht was das nun zwischen uns war. Ist Cassy 'nur' mein bester Kumpel oder bin ich in ihn verliebt? Die frage konnte und wollte ich nicht beantworten. Ich durfte einfach nicht, weil ich mir sonst zu viele Hoffnungen machen und dann fallen würde. Und das wollte ich mir wirklich nicht antun. Das einzige was ich mir immer und immer wieder gesagt habe war: ´Abwarten Alex! Du bekommst ihn noch. Irgendwann. Dann bist endlich DU dran!´Ich malte mir schon die Zukunft mit ihm aus…einen Hund, zwei Kinder, ein schönes Haus…du heiratest ihn! Und fährst mit ihm in den Urlaub. Nebenbei erfährst du endlich mehr über seine Familie und seine Herkunft (die einzigen beiden Themen die ich mir nie getraut habe ihn zu fragen. Ich glaube sein Vater kam aus Albanien. Er hat Cassys Mutter verlassen als er noch klein war. Deswegen glaube ich ist er auch so sensibel…). ´Ihr passt einfach super zusammen´ sagte Mia, meine beste Freundin, als ich mich bei ihr ausheulen musste weil ich verzweifelt wegen Cassy und mir war. Um ehrlich zu sein muss ich ihr da auch recht geben…wir lieben Handball über alles, haben die gleichen Ansichten, den gleichen Musik- und manchmal sogar Modegeschmack. Und wenn wir uns ärgern lachen am Ende alle, wir haben zusammen richtig viel Spaß.
Beim Bahnhof angekommen musste ich weiter zum Zug rennen. Ich stieg an meiner Haltestelle in der Stadt aus und machte mich gemächlich auf den Weg zu meiner Schule, besser gesagt zu der neuen Turnhalle daneben. Ich sang mein Lieblingslied mit, machte die Augen zu und verlor mich in der Musik. Meine Beine wussten, dass sie ungefähr hundert Meter geradeaus zu gehen hatten, sie sind die Strecke schon oft genug gegangen. Es war wundervoll…Musik, schöne Gedanken, Ruhe…zwar neben mir die Autos, aber das war egal. Das Stadtleben gefiel mir, auch wenn ich niemals auch nur auf die Idee kommen würde aus meinem Dorf wegzuziehen. Es war einfach eine schöne Abwechslung.
Ich hatte nur noch eine kleine Strecke zu gehen nachdem ich über der Straße war. Es war eine ziemlich große Kreuzung, ich war froh, dass ich an der Ampel meist grüne Welle hatte. Ich wartete einen Augenblick und ging dann über die Straße.

Plötzlich hupte es, Räder drehten laut durch, ein harter Stoß, ein lauter Schrei...mein Schrei!!! Alles wurde dunkel…was war los? Warum ist alles so verschwommen? Meine linke Seite tut weh. Was ist passiert? Wer starrt mich da an? Cassy? Bist du das? Wo bist du? Cassy?! Bitte hilf mir…mir tut alles weh. Es wird dunkler…Cassy, bitte komm her zu mir. Hilf mir… 'Oh mein Gott! Sie stirbt! Hilfe!!! HILFE!!! Kann denn nicht jemand einen Krankenwagen rufen?!' Ich werde sterben?!?! NEIN! CASSY!!! Ich werde dich nicht verlassen, ich bleibe bei dir! Ich lass dich nicht allein. Du hast mir so viel beigebracht, ich muss mich doch noch bei dir bedanken! Ich liebe dich doch…ich darf jetzt einfach nicht sterben!!! 'Cassy…' - 'Was ist? Komm, rede mit mir Kleine! Nicht die Augen zumachen. Wer ist Cassy?' '…Cassy….sagen sie ihm…dass ich ihn liebe…' - 'Wer ist Cassy?! Komm, sprich mit mir!' Ich war zu schwach um weiter zu reden. Meine Augen klappten andauernd zu. Ich will nicht sterben…Cassy…

´Der Tag war einfach super! Das Training mit Alex hat wirklich Spaß gemacht. Sie hält besser mit als ich gedacht hab! Und beim Fußball spielen war sie auch…irgendwie…süß. Ach, du Blödmann! Du hast Jess verdammt! Und du liebst SIE, nicht Alex. Alex ist zwar auch klasse, aber Jess…ach, die beiden sind einfach genial! Ich liebe beide!´
Cassy war auf dem Weg nach Hause. Die andern Jungs sind bei sich abgebogen, Cassy war der, der am weitesten vom Sportplatz entfernt wohnt. Wenn es dunkel war und er hoch zu den Sternen sah dichtete oder sang er immer. Er liebt es wenn er allein durch die Straßen ging, alles ruhig war, die Sterne schienen und er einfach nur nachdenken konnte.
`Alex ist jetzt bestimmt schon auf dem Weg zum nächsten Training. Die Arme lebt zur Zeit ganz schön im Stress. So ist sie halt, will überall mitmachen und am liebsten der ganzen Welt helfen. Wenn niemand auf sie aufpassen würde…wer weiß was sie dann alles machen würde. Aber dafür…bist du ja da.` Cassy grinste. Er liebte die Freundschaft mit Alex. Er konnte ihr einfach alles anvertrauen ohne das sie ihn auslachte oder der ganze Ort wusste in wen er verknallt war. Im Gegenteil - sie unterstützte ihn sogar bei allem was er tat! Und umgedreht war es genauso. Alex erzählte zwar nicht zu viel von sich (sie hörte lieber zu), aber wenn sie es doch tat konnte sie sicher sein, dass es bei ihm gut aufgehoben war. Cassy wollte unbedingt noch irgendwann mit ihr zusammen sein. Als sie ihn vor einigen Monaten gefragt hatte, war ihm die Freundschaft mehr Wert als mit ihr zusammen zu sein. Er wollte nicht, dass, wenn es auseinander gehen würde, die Freundschaft auch zerbricht. Alex sah das ein, auch wenn es ihr schrecklich wehtat. Aber sie war stark.
Zu Hause angekommen machte er seine Stereoanlage an, sodass durch das ganze Haus seine Musik zu hören war, und bereitete das Essen vor. Seine Mum würde bald kommen und er wollte sie mit einem schönen Essen überraschen. 'Was machst du daaa?' fragte sein kleiner Bruder Mikel. Er war erst 6 Jahre alt, und Cassy war für ihn sein allergrößtes Vorbild. 'Ich mach Essen für uns. Willst du mitmachen?' 'Jaaa! Was soll ich machen?' 'Kannst du…Willst du dich, Mama und mich malen und die Bilder auf die Teller legen damit wir wissen wo wir sitzen sollen?' 'Jaaaaaaa!!!' So schnell wie der Blitz war er in sein Zimmer verschwunden um mit Stiften und Blättern wieder zu kommen. Er war so aufgeregt, dass er fast gegen die Küchentür gerannt wäre. ´Er ist manchmal so was von süß` dachte sich Cassy und setzte sich zu Mikel. Der wollte die Bilder besonders schön machen, auch weil sein großer Bruder gerade neben ihm saß. 'Hey, du solltest mal ein richtiger Künstler werden! Sieht echt klasse aus Kleiner!' 'Hihi! …Daaaaas…bist du!' Mikel zeigte ihm sein Bild auf dem man mit viel Fantasie einen Menschen mit schwarzen Haaren erkennen konnte. 'Wooow, danke!' Cassy liebte kleine Kinder, sie waren so unschuldig und süß…Auf einmal klingelte sein Handy. Alex! Er ging ran: 'Hey Al…' 'Sind Sie Cassy? Sagte eine unbekannte Männerstimme. Cassy schossen alle Möglichen und Unmöglichen Gedanken durch den Kopf. Wurde Alex entführt?! Wehe ihr krümmt ihr auch nur ein Haar!!! 'Wer sind sie? Wo ist Alex? Ich will mit ihr reden!' 'Sie…ihre Freundin…ich sollte ihnen sagen, dass sie Sie liebt.' Was soll das denn? Alex? 'Was ist passiert? Wo ist sie?' 'Ich habe mir ihr Handy genommen. Sie hat irgendetwas von ihnen gesagt' 'VERDAMMT, WO IST ALEX?!?!?!' 'Sie…wurde angefahren.' Cassys Herz setzte aus. ´Nein. Nicht Alex. Nicht sie. Sie passt auf. Sie würde nicht einmal bei Rot über die Straße gehen. Nicht sie. NEIN!´ 'Was ist denn los Cassy? Du siehst so erschrocken aus!' fragte Mikel besorgt. Der Mann sprach weiter: 'Der Fahrer ist einfach weiter. Die Polizei hat ihn aber noch erwischt. Er war sturzbetrunken.' Cassy war total aus der Fassung. 'Nein…nein…NEIN!!!!!!!!!' 'Es tut mir wirklich leid. Ich habe gleich den Krankenwagen gerufen, aber sie konnten nichts mehr für sie machen…' 'Wo sind sie?' Das einzige was Cassy jetzt noch wollte war es mit eigenen Augen zu sehen. Er konnte und wollte es einfach nicht glauben. SEINE Alex. Warum SIE?! Sie lebt doch noch. Sie war so gut drauf heute! So glücklich…
'Mikel, kannst du Mama sagen das ich noch einmal weg bin? Ich weiß noch nicht wann ich wiederkomme, sie brauch sich aber keine Sorgen machen. Ihr könnt ruhig schon anfangen mit essen, ihr braucht nicht auf mich warten. Ich hab mein Handy auch mit. Kannst du ihr das sagen?' 'Ey ey Käpt´n!' 'Danke Kleiner! Hast was gut bei mir! Mach keinen Mist, ok? Lieb dich, tschau!'
Cassy rannte nicht erst zur Bushaltestelle, es würde eh kein Bus schnell genug für ihn kommen, wenn überhaupt. Er rannte so schnell er konnte, die ganze Zeit. Er rannte und rannte…beim Bahnhof angekommen stieg er in den Zug ein. Er würde wenn nichts schief geht in acht Minuten bei Alex sein. Der Zug fuhr los. Cassy war immer noch geschockt. Nicht Alex…nicht seine Kleine…

Er sah schon von weitem die Krankenwagenlichter. Er rannte so schnell er konnte auf sie zu.Zehn Meter vor seinem Ziel bremste er ab. Da lag Alex. Sie hatte ziemlich viel Blut verloren. Es war der schrecklichste Anblick seines Lebens. Da lag seine allerbeste Freundin…tot! Das konnte alles nicht wahr sein. Das DURFTE nicht sein!!! Cassy ging langsam auf sie zu. Er kniete sich neben ihr hin. 'Alex…hörst du mich? Alex…tu mir das nicht an. Ich brauch dich doch verdammt…!' Seine Stimme brach ab. Eine Träne rann über sein Gesicht. Es wurden immer mehr. Er weinte. ´Nein…nicht meine Alex.´ Sie war fürchterlich blass. Und trotzdem war sie wunderschön. Cassy beugte sich über sie. Er nahm sie in den Arm. `Das hätte ich schon viel früher machen müssen. Ich hätte ihr sagen sollen, dass ich sie liebe. Ich will keine andere als sie…und was mach ich Dummkopf?!´ 'Ich liebe dich' sagte er leise zu Alex´ leblosem Körper.

Zwei Wochen war es nun her seit Alex bei dem Unfall ums Leben kam. Cassy hatte seit dem fast kein Wort mehr geredet. In der Schule konnte er sich nicht konzentrieren. Er wollte es auch gar nicht. In den Stunden schrieb er Gedichte…für Alex. Jess hatte mit ihm Schluss gemacht. Sie verstand nicht warum er so lange nichts sagte. Klar, sie war auch am Boden zerstört, aber sie lebte trotzdem weiter. Cassy jedoch…wollte am liebsten mit Alex sterben. Aber er musste weiterleben. Für sie ihre Träume wahr werden lassen. Sie hätte es nicht gewollt, dass er sich so wegen ihr herunterzieht oder sogar umbringt.Nach der Schule ging er gleich nach Hause. Mikel versuchte Cassy aufzumuntern. Er konnte nicht mit ansehen wie sein großer Bruder jeden Tag traurig und mit hängendem Kopf nach Hause kam. Cassy half das ziemlich. Er wurde abgelenkt von seinem ständigen Nachdenken über das, was Alex und er noch alles machen wollten aber nie getan hatten. Es ärgerte ihn, dass sie es nicht gleich alles gemacht hatten, sondern immer IRGENDWANN gesagt hatten. Und jetzt…war alles vorbei. Es gab keine Alex mehr. Manchmal starrte Cassy sein Handy an und las die ganzen SMS von Alex durch. Er wusste, dass das nicht gut für ihn ist, er weinte auch jedes Mal, aber er konnte einfach nicht anders. Er vermisste Alex zu sehr. Manchmal schrieb er sogar Briefe an sie, wo immer sie auch sein würde. Manchmal dachte er Alex´ Stimme zu hören, doch beim genaueren hinsehen war es am Ende nur ein anderes Mädchen das so ähnlich klang wie sie.
Fast alle die Alex gekannt hatten waren wie ausgewechselt. Die Jungs vom Sportplatz (jetzt auch Cassys Lieblingsplatz…er zog sich immer hier her zurück) trafen sich nicht mehr so oft zum Fußball spielen. Ihre Eltern…sie weinten. Ohne Ende. Cassy ging gleich am selben Abend vor zwei Wochen zu ihren Eltern. Das war er Alex schuldig. Cassy war jetzt mehr als Willkommen bei ihren Eltern, obwohl sie ihm gegenüber etwas abgeneigt waren, da er Alex angeblich vom lernen abhalten würde (in Wahrheit dachten sie aber das die beiden etwas miteinander hätten. Sie waren ziemlich altmodisch was die Sache anging…). Mia…sie war ungefähr genauso wie Cassy drauf. Sie kam die erste Woche garnicht in die Schule. Mias Eltern erlaubten es ihr, da sie Alex auch sehr mochten. Sie war schließlich fast jedes Wochenende zu Besuch und übernachtete bei ihnen.
Ohne sie…war irgendwie alles anders.

Cassy schrieb an seinem Tisch ein neues Gedicht für Alex. Seine Stereoanlage war laut an. Er verlor sich vollkommen in Gedanken…
'Hey Cassy…' Er drehte sich um. Cassy musste zweimal hinschauen. Auf seinem Bett saß auf einmal… 'ALEX!!!???' Er konnte seinen Augen kaum glauben! Sie saß wirklich auf seinem Bett! Cassy rieb sich noch einmal die Augen. Sie war immer noch da! 'Hihi! Ja, ich bin´s.' Er konnte es immer noch nicht glauben. 'Aber…aber…' 'Ich hab doch gesagt ich lass dich nicht allein.' 'Wie…häh? Ich dachte du…bist…', Cassy wollte es nicht aussprechen, '…tot? Naja. Da hast du gar nicht mal so unrecht…' Cassys Herz sackte wieder ab. 'Ich bin…so etwas wie ein Geist.. Der einzige der mich sehen und hören kann bist du. Das war mein letzter Wunsch. Dich nicht allein zu lassen und auf dich aufzupassen. Naja. Er wurde mir…erfüllt' Sie grinste. Das war das schönste, wundervollste und unglaublichste (im wahrsten Sinne des Wortes) Lächeln des ganzen Universums. Cassy war sprachlos. Er konnte es wieder einmal nicht glauben. Da saß mit einem breiten Grinsen seine allerbeste Freundin, seine Größte Liebe, die er bis vor kurzem noch tot geglaubt hatte!!! 'Darf ich dich von oben bis unten abknutschen?!' 'Gerne, aber das geht leider nicht…Das einzige was du hier siehst ist meine Seele.' 'Ist mir egal, das reicht mir auch schon. Hauptsache ich hab dich endlich wieder!!! Aber…wie hast du das geschafft? Ich meine…Was ist passiert?' 'Ich bin ganz normal zum Training gegangen. An der Straße hab ich kurz gewartet bis grün war, dann bin ich drüber. Auf einmal hupte jemand, Reifen drehten durch und mir tat alles weh. Mir wurde schwarz vor Augen. Irgendwer hat was davon geschrien das ich sterben würde. Ich hab dann noch irgendetwas gesagt… Er sollte dir sagen, dass….' 'Du mich liebst…' sagte Cassy leise. Für kurze Zeit sprach keiner. Alex ergriff wieder das Wort. 'Hast du mich vermisst?' 'Vermisst? VERMISST? Ich wäre am liebsten mit dir gestorben, ich hab Wasserfälle zusammengeheult, hab zwei Wochen kein einziges Wort herausbekommen, hab nur an dich gedacht und so viele Gedichte geschrieben wie noch nie!!!!' '…Wow…tut mir leid…' 'EGAL MANN!!! Du bist HIER!!! Ich hab meine Kleine wieder verdammt noch mal!' Cassy machte Luftsprünge, er war außer sich vor Freude. Das konnte er alles nicht glauben. Er sprang auf Alex zu und wollte sie umarmen…griff jedoch ins Leere und fiel aufs Bett. 'Mist. Daran muss ich mich glaub ich noch gewöhnen!' Sie lachten. 'Auf jeden Fall…war danach alles komisch', erzählte Alex weiter. 'Ich weiß nicht mehr genau was passiert ist. Ich glaube ich habe die ganze Zeit in Gedanken wiederholt, dass ich noch nicht gehen, sondern hier auf dich aufpassen will. Immer und immer wieder. Dann sah ich auf einmal…mich. Und dich. Du hast mich umarmt. Und ich stand einfach nur daneben. Danach…das war alles so verwirrend! Ich war auf einmal wieder in meinem Körper glaube ich. Ich sah nichts. Mir tat wieder alles weh. Irgendetwas nasses Floss mein Gesicht runter. Ich glaube ich war für kurze Zeit wieder lebendig gewesen…' '…Meine Tränen…' 'Was?' 'Das nasse….waren meine Tränen. Das heißt…du hast wirklich wieder gelebt.' `Wow…ich hab sie wieder zum Leben erweckt. Das heißt erstens: MAN BIN ICH BESCHEUERT!!! Wenn ich weiter gemacht hätte wäre sie vielleicht vollständig wieder zurückgekommen! Du idiotischer, dummer,
bescheuerter…Mistkerl! Und zweitens: Dann muss sie mich ja echt ziemlich lieben wenn sie durch mich wieder den Willen hatte zu leben…` dachte Cassy. 'Wow…naja…auf jeden Fall verlor ich wieder meine Kraft. Ich war viel zu schwach und schlief ein oder so. Als ich wieder aufwachte…war ich ganz wo anders! Frag mich nicht wo. Es war ziemlich schön da um ehrlich zu sein! Aber ich wollte dort nicht bleiben. Ich wollte zu dir. Also machte ich mich auf den Weg. Und jetzt bin ich hier angekommen, frag mich nicht wie, aber ich bin hier. Bin einige Wochen rumgewandert' Alex grinste.

Cassys grinsen endlich wieder zu sehen tat gut. Ich hatte endlich wieder meinen Großen wieder. 'Zeig doch mal die Gedichte!' schlug ich vor. Cassy kramte seinen Block hervor und gab ihn mir. 'Sind ziemlich viele!' Ich blätterte kurz durch den Block. Der war von vorn bis hinten vollgeschrieben!!! Auf einmal musste Cassy lachen. Auf meinem fragenden Blick antwortete er: 'Das sieht verdammt witzig aus wenn das Buch da so rumfliegt! Ich glaube würde das irgendwer sehen der dich nicht sehen könnte, er würde umfallen vor Staunen' Wir lachten beide. Dann fing ich an zu lesen. 'Ich glaub den musst du mir mal ausleihen! Bis ich hier durch bin…', lachte ich. Das erste Gedicht war der Hammer. Er hat die ganze Situation beschrieben als er mich in den Armen hatte. 'Oh mann…das ist echt krass…!' Cassy sah mir jetzt schweigend zu wie ich las. Er muss mich wirklich wahnsinnig vermisst haben, so schön und traurig wie die Gedichte waren…Ich tat so als ob ich mich an ihn lehnen würde. Keinen Körper zu haben ist eine ganz schöne Umstellung! Aber damit wird ich schon irgenwie zurecht kommen…
Das zweite Gedicht auf der nächsten Seite haute mich um. In dem kam seine ganze Trauer rüber, in den paar Zeilen. Der pure Wahnsinn, wenn ich meinen Körper gehabt hätte, ich hätte eine richtige Gänsehaut bekommen. Ich sah Cassy an. Er weinte leise. Ich hatte noch nie gesehen das er einmal weinte. Aber bei dem was er durchgemacht haben muss ist das auch kein Wunder…Er drehte sich weg von mir. Cassy wollte noch nie das irgendwer eine Schwäche von ihm sieht, und ich sollte es schon gar nicht sehen. 'Hey…ist gut. Ich bin wieder hier. Für immer. Ich werde dich nie mehr verlassen. Versprochen!'









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