Auf der anderen Seite der Nacht

Autor: Nacomi
veröffentlicht am: 28.11.2009




Ratlos lag ich dort im trockenen Gras, die Augen gen Himmel gerichtet.Langsam aber sicher begannen die Sterne zu verblassen und ein erster schmaler Silberstreifen am Horizont k?ndete von der Ankunft der Sonne. Noch behaupteten sich die unz?hligen Lichter dort oben, noch konnten sich meine Gedanken in ihnen verlieren, doch bald w?rden der Sonne Strahlen sie vertreiben und mich zwingen Diego und auch Lu?s wieder unter die Augen zu treten.
Wie d?mlich war ich eigentlich?! Unglaublich, dass ich Diego gek?sst hatte?
Nein, wieder gek?sst hatte. Obwohl das erste Mal ja eindeutig von ihm ausgegangen war. 'Kein Grund es ihm gleichzutun' hetzte eine Stimme in mir und leider hatte sie Recht.Aber das war ja noch nicht einmal das Schlimmste an dem Dilemma, in welchem ich nun steckte. Nein, leider gab es noch etwas weitaus Schlimmeres. Warum gleich hatte ich Diego so gek?sst? Um ihm und mir zu beweisen, dass ich nicht in Lu?s verliebt war! Und dieser Schuss war leider nach hinten losgegangen. Ob es mir nun gefiel oder nicht, ich empfand mehr f?r Lu?s als ich mir eingestehen wollte.
W?hrend ich der Sonne zusah, die nun langsam am Horizont empor kletterte und nach und nach an Kraft gewann, schweiften meine Gedanken zu all den unz?hligen Situationen, die Lu?s und ich auf dieser Reise gemeinsam durch gestanden hatten.
L?chelnd sah ich mich im Olivenhain an seine Schulter gelehnt schlummern, sah das schelmische Grinsen, als er mich nackt am Strand ?berraschte und dann auch das ?berhebliche L?cheln mit, dem er mich bedachte, wenn ich mal wieder ausrastete.
Durchlebte noch einmal wie er mich gezwungen hatte diesen halsbrecherischen Pfad in die Schlucht herabzuklettern, h?rte die Schreie der Verfolger hinter mir und fand mich erneut auf Salvador wieder, der au?er Kontrolle hinter Lu?s Stute herpreschte. Ich f?hlte noch einmal die Panik, sah wieder wie Luis mit seiner Stute gegen die Felswand prallte und wie viel Angst ich um ihn gehabt hatte, als ich dachte, dass der Schuss vielleicht ihm gegolten hatte.
Sah ihn, wie er abgerissen und m?de am Strand ankam, sp?rte unsere Freude ?ber das Wiedersehen, sp?rte die Scham f?r meine Tr?nen. Ich bewunderte erneut, wie sch?n er war, als er aus den Fluten des Atlantiks stieg und wie gut es sich anf?hlte an ihn gelehnt einzuschlafen. Nochmals durchlebte ich die Angst um Salvador, der einer giftigen Schlange in seiner Panik den Sch?del zertr?mmert hatte, und dann Hals ?ber Kopf davon gerast war. Wieder einmal lie? ich mich von seiner arroganten Art provozieren, sa? noch einmal stur unter der hei?en Sonne und kippte schlie?lich bewusstlos um. Erwachte erneut mit diesem elenden Gef?hl, sp?rte wie das Gl?ck mich ?berkam, als Lu?s mir mitteilte, dass der Braune wieder zur?ckgekommen war. Ich sah wie Lu?s mir die Haare hielt, w?hrend ich meinen Magen in den Sand entleerte und er mir f?hrsorglich die Decke zurechtzupfte?.
Ich sp?rte, wie es gewesen war als wir zu zweit auf Salvador vor der Polizei gefl?chtet waren und sp?ter im Wald zitternd an einen Baum gepresst gewartet hatten, bis der Helikopter weiterflog.
Seufzend setzte ich mich auf. Wenn ich es einmal mehr oder weniger objektiv betrachtete, war es ganz offensichtlich, dass ich nicht nur in Lu?s verliebt war, sondern im g?nzlich verfallen war. Scheiss Objektivit?t!

Die Sonne blendete mich und tauchte die Graslandschaft in Farbe, als ich Diegos Stimme h?rte, die von weiter unten meinen Namen rief. Ach ja, die Hirten wollten ja aufbrechen. Langsam stand ich auf und trottete mit einem mehr als unguten Gef?hl im Bauch die B?schung hinunter.
Die Hirten sa?en bereits alle auf ihren Pferden und umkreisten die dunklen Rinder, Diego sa? auf seinem Contador und blickte erwartungsvoll zu mir her?ber. Alles wartete auf mich.Ich beeilte mich also die B?schung hinab zu Salvador zu gelangen, der schon ganz aufgeregt an seinem Strick zerrte. Ohne Diego anzusehen lief ich an ihm vorbei zu dem tobenden Wallach, der sich zum Gl?ck gleich beruhigte, als ich mit sanfter Stimme seinen Namen rief. Ich band ihn los. Er wieherte einmal kurz und herrisch und b?umte sich hoch auf. 'Au!' entfuhr es mir, da mir das dicke Seil durch die H?nde gerissen wurde. Ohne auf den Schmerz zu achten h?ngte ich mich mit meinem ganzen Gewicht daran, um Salvador dazu zu bewegen hinunter zu kommen, was er schlie?lich auch tat. Allerdings wusste ich, dass ich gegen einen gesunden Salvador nichts h?tte ausrichten k?nnen. Ein Blick zu ihm reichte, um mich davon zu ?berzeugen, dass er auf Grund der Schmerzen in seinem Bein gehorcht hatte. 'Uff, das ging noch mal gut' dachte ich und streichelte ihn beruhigend am Hals. Die Aufbruchsstimmung machte ihn nerv?s, wir sollten einfach losziehen, dann w?rde er sich schon wieder beruhigen.
'Alles ok?' h?rte ich Diegos Stimme irgendwo hinter mir. 'Ja ja' sagte ich und drehte mich kurz um. 'Kann's losgehen?' Er musterte mich eingehend mit seinen rabenschwarzen Augen. Ich musste alle Willenskraft aufbringen, um seinen Blick zu erwidern. Dann endlich nickte er. 'Eigentlich schon. Wo ist dein spanischer Freund?' Lu?s? Hektisch sah ich mich um. Er war nirgends zu sehen.
Auf leisen Sohlen kroch die Angst in mir hoch und setzte sich schlie?lich in einem unangenehmen Gef?hl im Magen fest. Ich lief aufgeregt auf und ab, Salvador folgte mir widerwillig. 'Lu?s, wir m?ssen los' rief ich so laut ich konnte auf Spanisch. 'Lu?s, wo bist du?' Niemand antwortete mir. Ich war kurz davor in Tr?nen auszubrechen. Wo war er hin? Er konnte doch nicht einfach so verschwunden sein!
'Wir m?ssen los, Juliana' sagte Diego, der immer noch unbeweglich auf seinem Rappen sa? und mir mitleidig beim Suchen zugesehen hatte. 'Aber wir k?nnen doch nicht einfach ohne Lu?s?' entfuhr es mir weinerlich. Diegos Blick verfinsterte sich. 'Entweder kommst du jetzt mit oder du bleibst eben hier und wartest auf ihn. Entscheide dich!' Seine Stimme war ausdruckslos und seine schwarzen Augen musterten mich kalt. Fieberhaft suchte mein Verstand nach einer L?sung, die nicht existierte. Ich musste mit ihnen gehen.Ohne sie, allein mit Salvador, den ich noch nicht einmal reiten konnte, war ich v?llig aufgeschmissen. Was musste Lu?s auch ausgerechnet jetzt nicht da sein!? Er hatte doch genau gewusst, dass wir aufbrechen w?rden! Langsam aber sicher verwandelte sich meine Angst in Wut. Vielleicht war es besser, wenn dieser eingebildete Schn?sel blieb wo er war. Nach dem Aufstand den er gestern gemacht hatte, hatte ich eh nicht wirklich Lust mich mit ihm zu unterhalten. 'Idiot' murmelte ich in mich hinein und stapfte in Richtung Herde, Salvador am Strick hinter mir her ziehend.
Nach ein paar Metern h?rte ich, wie Diego sein Pferd in Bewegung setzte und wenig sp?ter trabte er neben mir. 'Willst du etwa zu Fu? gehen?' Ich sah nicht zu ihm auf. Er lenkte Contador zu mir und schnitt mir den Weg ab. Ich schnaufte und wollte Salvador rechts an ihm vorbei f?hren. Geschickt wirbelte er Contador herum und stand erneut vor mir. Er packte mich am Arm. 'Juliana!' Seine Stimme war pl?tzlich wieder weich und samtig. Seufzend sah ich zu ihm auf. Er l?chelte, was seine Augen weit weniger unheimlich wirken lie?. 'Komm schon hoch' sagte er und ich gab es auf. Er hatte ja Recht damit, dass ich den Weg unm?glich zu Fu? zur?cklegen konnte. Er zog einen Fu? aus dem B?gel, damit ich aufsteigen konnte. Ich hangelte mich hoch, w?hrend Diego Salvadors Seil am Sattel befestigte.
Gott sei Dank hatte sich Salvador bereits an den schwarzen Hengst gew?hnt und machte keinerlei Anstalten durchzudrehen. 'Brav' dachte ich. 'Spar dir deine Kr?fte, du wirst sie brauchen'?
'Alles ok?' riss mich Diego aus meinen Gedanken. 'Hmm' antwortete ich unbestimmt und nahm kaum wahr, wie er mir einen Kuss auf die Stirn hauchte, bevor er sein Pferd antrieb. Die anderen Hirten hatten bereits angefangen die Herde in die gew?nschte Richtung zu dirigieren. Die Situation ?berforderte mich, ich konnte nichts tun. So sehr ich mich auch anstrengte und das Grasland nach Lu?s absuchte, er blieb verschwunden.







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