Auf der anderen Seite der Nacht

Autor: Nacomi
veröffentlicht am: 15.11.2009




Unruhig wälzte ich mich hin und her. Ich konnte nicht schlafen. Irgendwo schrie ein Nachtvogel seinen heiseren Schrei, sonst war es still. Langsam setzte ich mich auf.Der Mond war mittlerweile so schmal geworden, dass man ihn am dunklen Nachthimmel kaum noch ausmachen konnte. Langsam ließ ich meinen Blick über die unzähligen Sterne schweifen und wie jedes Mal verzehrte ich mich vor Sehnsucht. Wonach? Ja, wonach eigentlich? Ich hatte nie darüber nachgedacht und hätte ich es getan, wäre ich wohl auch zu keinem Ergebnis gekommen.
Seufzend wand ich den Blick ab und sah zu den schlafenden Männern. Paolo und der Alte lagen auf der einen, Diego auf der anderen Seite des, mittlerweile erloschenen, Feuers. Sie hatten uns mitgeteilt, dass sie beim ersten Morgengrauen aufbrechen würden, zu ihrem heimatlichen Hof. Wir würden sie begleiten. Einmal angekommen würden wir eine Dusche und ein richtiges Bett und Salvador eine Box genießen können. Ich würde meinen Bruder anrufen und er würde umgehend einen Transporter schicken…
Moment Mal… Wo war Luìs?
Wie von der Tarantel gestochen sprang ich auf und schlich etwas von den Schlafenden weg. Die Pferde standen ruhig nebeneinander und schienen zu schlafen. Nur Salvador sah aufmerksam zu mir herüber. Ich huschte zu ihm hinüber und streichelte ihn kurz.Dann erklomm ich die Böschung des Hügels, um mir einen Überblick verschaffen zu können. Ich genoss einen Augenblick den Anblick der friedlichen Rinder, sah den Mann auf dem Schimmel, aber Luìs konnte ich nirgendwo entdecken.
Ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit. Gerade wollte ich mich umdrehen und zurück zu Salvador gehen, als ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. 'Luìs?' fragte ich in die Dunkelheit und verfluchte den Himmel, dass sich gerade jetzt eine Wolke vor den, ohnehin schon blassen, Mond schob und ich so gar nichts mehr sehen konnte. Ich hörte ein leises Lachen, dann spürte ich wie ich in zwei starke Arme gezogen wurde.
'Diego' stellte ich etwas empört fest und dann zog die Wolke weiter und ich legte meinen Kopf in den Nacken um zu ihm aufzusehen. 'Bist du jetzt enttäuscht?' fragte er und ich bemerkte einen fremden Unterton in seiner ansonsten samtenen Stimme. 'Was? Wieso?' erwiderte ich.
Er schwieg einen Moment und sah mich durchdringend an. Dabei hielt er mich noch immer fest an sich gedrückt, sodass ich kaum atmen konnte. Langsam wurden mir sein Schweigen und auch sein Griff unangenehm. Gerade wollte ich mich herauswinden, als er mir antwortete. 'Deine Stimme klang so hoffnungsvoll, als du seinen Namen sagtest.' Bumm! Wie eine Ohrfeige klangen diese Worte. Hatte er Recht? Hatte ich gehofft, dass es Luìs war, der mich da mitten in der Nacht aufsuchte?
Verunsichert dachte ich über eine Antwort nach. Diego ließ mich los und machte einen Schritt zurück. 'Ach?' meinte ich schließlich zickig. 'Hat sie das?' 'Ja, das hat sie. Sehr sogar.' 'Und wenn schon….' Meinte ich leichthin und ließ mich ins Gras fallen.

Langsam setzte er sich neben mich. Wieder musterten mich seine schwarzen Augen. Wieder ließ es mir das Mark in den Knochen gefrieren. Instinktiv spürte ich, dass ihm etwas gehörig gegen den Strich ging. Und ehe ich den Gedanken zu Ende bringen konnte, hatte ich auch schon den Salat. 'Du liebst ihn, nicht?' 'Waaas? Spinnst du?' Der hatte sie ja nicht mehr alle. Wie kam er denn auf diese hirnrissige Idee?!
Ernst sah er mich an. Mein Herz raste und Schweiß stand mir auf der Stirn. War der denn völlig übergeschnappt. 'Hab ich nun Recht oder nicht?' fragte er und streute damit noch mehr Salz in die offene Wunde. Ich glaubte ich würde ihn gleich zerfleischen. 'Nein!' stieß ich mühsam beherrscht hervor. 'Natürlich nicht!'
Diego seufzte und lehnte sich zurück. Auf seinen Ellebogen gestützt sah er mich von unten nach oben an und wieder hatte ich das Gefühl, dass seine Augen wie Finger über mein Gesicht glitten, über meinen Körper tasteten. 'Also nicht' sagte er leise, mehr zu sich selbst als zu mir. Er machte mich so wütend. Wie konnte er so etwas denken? 'Verdammt nein!' wiederholte ich und stieß ein ärgerliches Schnauben aus. Er lächelte amüsiert. 'Ist das etwas lustig?' fragte ich aufgebracht. Und ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr ich fort: 'Du glaubst mir nicht.' Er seufzte laut und durchbohrte mich mit seinem Blick. Plötzlich richtete er sich auf und blitzschnell, ehe ich noch registriert hatte, was er tat, lag er über mir. Sein Gesicht war nun nur noch wenige Zentimeter von meinem entfernt. Sein schwerer großer Körper lag auf meinem, ich spürte seine Hitze und ich wollte nur noch weg. Seine schwarzen Augen musterten mich nun herausfordernd. 'Beweise es mir!'
Schwer atmend starrte ich ihn an. Zum ersten Mal machte es mir nichts aus ihm direkt in die unheimlichen Augen zu blicken. 'Was?' fragte ich, obwohl ich genau wusste worauf er hinaus wollte. Er verzog seine Lippen wieder zu einem Lächeln. 'Dass du ihn nicht liebst.' Ehe meine Lippen das 'wie?' geformt hatten, hatte er mir einen Finger auf die Lippen gelegt. 'Du weißt wie.' Natürlich wusste ich wie.
Einen Moment zögerte ich, aber ich war so wütend über seine ungeheuerliche Unterstellung, dass es mir egal war. Ich konnte ihn unmöglich in dem Glauben lassen, dass ich in Luìs verliebt war. 'Pff…' murmelte ich, worauf er fragend die Augenbrauen hob. Verliebt in Luìs! In diesen arroganten, selbstgefälligen Spanier? Ich musste Diego und vor allem mich selbst vom Gegenteil überzeugen - egal wie.
Er setzte zu sprechen an. Schnell schloss ich die Augen und küsste ihn. Einen winzigen kleinen Moment tat er gar nichts, aber dann erwiderte er meinen Kuss. In meinem Kopf drehte sich alles. Abertausende Bilder jagten an mir vorbei. Ich sah Luìs und mich im Olivenhain, sah den zärtlichen Ausdruck in seinen Augen, sah Luìs am Strand im Licht der untergehenden Sonne, Luìs der mir die Haare hält, während ich mich übergebe, Luìs Lachen. Ohne es zu merken umschlang ich den kräftigen Körper über mir mit beiden Armen, hielt die Augen fest geschlossen und überließ mich den leidenschaftlichen Küssen.
Irgendwann hielten wir atemlos inne und ich schlug die Augen auf. Der Mann über mir war nicht Luìs! Natürlich ich hatte mir ja beweisen wollen, dass ich nichts für ihn empfinde. Kompliment, Juliana - das hat ja wirklich super funktioniert!
Diego rückte ein Stück von mir weg und sah mich wieder forschend an. Dann lächelte er. 'Du hast mich überzeugt.' Innerlich verdrehte ich die Augen. Nur gut, dass er keine Gedanken lesen konnte. Er beugte sich wieder vor und küsste mich erneut. Luìs wollte einfach nicht aus meinem Kopf verschwinden und daher fühlte sich alles falsch an. Träge erwiderte ich Diegos Kuss und er rollte schließlich von mir runter und zog meinen Kopf in seine Armbeuge. Ich seufzte und mir wurde bewusst, dass ich gerade einen riesigen Fehler begangen hatte. Einen durchaus angenehmen Fehler, zugegeben, aber das machte es nicht gerade besser. Diegos Hand an meiner Hüfte riss mich aus meinen Gedanken. Huch! Der war ja auch noch da! Schnell legte ich meine Hand auf seine und schob sie, so sanft das möglich war, von mir weg. Irritiert sah er mich an. 'Entschuldige Diego, aber ich wäre jetzt gern allein.' Er setzte sich auf und nahm mein Gesicht in seine beiden riesigen Hände. 'Ok, ich leg mich dann noch ein Bisschen hin.' Er küsste mich auf die Stirn und verschwand. Uff! Seufzend sank ich zurück ins Gras und verdrehte die Augen gen Himmel. In was hatte ich mich da reingeritten?!







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