Shafts of sunlight

Autor: Naina
veröffentlicht am: 18.10.2009




'Du willst alleine nach Hause marschieren? Du weißt doch gar nicht wo wir sind.'
Ich blieb auf der Stelle stehen. Langsam machte mich dieser Kerl echt rasend.
Als sei das noch nicht genug gewesen, trat er noch einmal voll in meine offene Wunde. 'Ohne mich kommst du nie wieder hier weg.', sprach er, doch einfach nur ruhig. Seine Stimme klang weder gehässig noch in irgendeiner Art siegerisch. Trotzdem traf er mich mit dem, was er sagte, hart. Härter als jemals jemand zuvor, denn er sagte mir damit doch glasklar, dass ich auf ihn angewiesen war. Mein Stock fiel zu Boden, doch ich rührte mich nicht. Ich ließ ihm den Rücken zugewandt, selbst als ich hörte, dass er näher kam.
'Du bist gemein.', entfuhr es mir trocken, 'wie kannst du es wagen?! Wie kannst du es wagen meine Schwäche so schamlos auszunutzen? Ist das ein Spiel für dich? Eines deiner kranken Spiele?! Ich hasse so Menschen. So Menschen wie dich.'
Als Reaktion auf meinen letzten Satz blieb er stehen. Tränen liefen mein Gesicht entlang. Er war krank, so viel war für mich in diesem Moment klar. Er musste wohl an irgendjemandem seine Machtspielchen ausüben und ein blindes Mädchen, was ihn dafür nicht einmal anzeigen konnte, war wohl das beste Opfer dafür.
'Jaymee, ich…'
'Lass es gut sein.', ich rannte los, ohne meinen Stock. Das erste Mal seit Jahren rannte ich einfach los. Ich hatte keine Ahnung wohin, und wo lang. Er rannte mir nach. Seine Schritte waren schneller als meine. Ich hörte seine Schuhe immer wieder auf dem Asphalt. Ich beschleunigte. Bilder tauchten vor meinen geistigen Augen auf. Es war wie damals, damals als ich mein Augenlicht verlor. Angst kochte in mir hoch. Wie auf ein Kommando, zur Untermalung meiner Panik brach das Gewitter aus, welches die Wolken schon Prophezeit hatten. Laute Donnerschläge folgten. 'Jaymee, bleib doch stehen!', rief er, doch ich konnte und wollte nicht. Dieses Ereignis, welches ich erfolgreich verdrängt hatte, war wieder da.Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Angst…die gleiche Angst, die ich am letzten Tag erlebt hatte. An dem Tag, an dem ich meine Sehkraft verlor, sie war da!
Und eine neue Angst. Ich hatte unglaubliche Angst vor Gewitter. Das hatte ich früher nicht gehabt. Es war schrecklich diese Lauten Naturgewalten zu hören ohne eine Ahnung zu haben von wo sie kamen.
Der Regen prasselte auf uns nieder und vermischte sich mit meinen Tränen. So konnte Dave wenigstens nicht sehen, dass ich weinte. Ein riesiger Kloß hatte sich in meinem Hals gebildet.'Es tut mir Leid, Jaymee. So war das nicht gemeint.', seine Stimme war auf einmal ganz nah. Ich hatte ihn gar nicht herankommen hören. Bei dem nächsten Schlag, der mir durch Mark und Bein ging, schmiss ich mich an seinen Körper und krallte mich an seinen nassen Klamotten fest. Leise begann ich zu schluchzen. 'Tut mir Leid!', ich wollte mich wieder von ihm abdrücken, da ich wusste, dass er meine Umarmung nicht wollte, doch er hielt mich fest und umschloss mich mit seinen Armen. 'Ich wollte dich nicht verletzen, nie.', murmelte er, doch seine Stimme bahnte sich einen Weg in mein Herz. Die lauten Geräusche von außen schienen mir auf einmal nichts mehr ausmachen zu können. Ich spürte lediglich seinen Männlichen Körper und roch ein Gemisch aus seinem überaus männlichem Duft und dem frischen Sommerregen. Wir beide schwiegen. Er hatte sein Kinn auf meinen Kopf abgelegt und streichelte beruhigend meine Haare. Seine andere Hand hatte er immer noch schützend um mich gelegt. Endlich konnte sich mein Körper entspannen.
'Sagst du mir nun, warum du dich mit mir getroffen hast?', flüsterte ich, während ich mich immer noch in seiner Umarmung verlor.
Sein Kinn verließ meinen Kopf. Er schien auf zu sehen. 'Das kann ich dir noch nicht sagen.', gestand er. In seinem Tonfall hörte ich, dass es ein ernstes Thema war. Er hatte also wirklich einen anderen Grund. Ich dachte an unsere erste Begegnung.
'Hat es etwas mit deinem Überfall auf diesen Juwelier zu tun?', ich löste mich etwas von ihm, sprach aber so leise, dass niemand uns hören konnte. 'Nein.', versicherte er.
Das kühle Nass schien uns beide nicht mehr berühren zu können, so sehr waren wir nur aufeinander konzentriert.
'Ich kann es dir noch nicht sagen, aber irgendwann werde ich es tun.'
'Versprochen?', ich nahm seine Hand.
'Versprochen.', er strich mit der anderen über meine kalte Wange.
Ich lächelte ihn an.
'Hast du immer noch Hunger?', fragte er.
'Ja'
'Dann sollten wir jetzt was essen fahren.'
'Warte mal kurz.', ich kuschelte mich wieder in seine Umarmung und atmete ihn noch ein letztes Mal ein. Ich wusste nicht, warum ich das tat. Ich glaube, ich genoss einfach seine Berührung, da ich seit so langer Zeit keine hatte mehr genießen können. Ich war mir nämlich sicher, dass ich mich nur noch einem Mann hingeben durfte, dem ich hundert Prozent vertrauen konnte und ich bezweifelte stark, dass er so jemand war.
'Okay, wir können los.', ich löste mich von ihm und lief zwei Schritte zurück, 'Wo ist mein Stock?', fragte ich, worauf Dave ihn aufhob und mir in die Hand gab.
'Danke! Sag, sollen wir wirklich so nass in dein Auto?'
'Ja, klar, wenn es so weiter regnet, werden wir so schnell eh nicht trocken.', er hielt mir die Autotür auf und ich setzte mich hinein. Meine Klamotten klebten an mir und mein Haargummi war nur noch locker um meine Haare gebunden.
'Das Duschen vorhin hätten wir uns sparen können.', bemerkte ich seufzend. 'Da könntest du Recht haben.', lachte er leicht. Er startete den Motor und fuhr los. 'Wo willst du gerne hin?', fragte er, während er mit surrendem Motor stehen blieb. Wahrscheinlich hatten wir gleich eine rote Ampel erwischt. 'Ich würde vorschlagen…du suchst uns was schönes aus.', machte ich es gekonnt kurz, um die Entscheidung auf ihn abzuwälzen. 'Dann-'
'Nein, keinen Fisch!', erstickte ich seine Worte im Keim.
'Ich dachte, ich dürfte entscheiden!'
'Darfst du ja auch!'

Abends saß ich auf meinem Bett, streichelte über Amors weiches Fell und dachte über den Tag nach. Ich war vollkommen verwirrt. Ich roch an Daves Hemd. Es roch so männlich! Wir hatten uns nach kurzer Überlegung einfach in einen Megges gesetzt und uns mit einem Burger in die hinterste Ecke verzogen. So gerne hätte ich ihm in diesem Moment in die Augen gesehen. Sein Oberkörper, seine Hände, all dies war für mich so deutlich, als hätte ich ihn gesehen. Nur sein Gesicht. Sein Gesicht war für mich noch schwarz. Ein schwarzes Loch über seinem stattlichen Körper. Da es als wir aus dem Schnellrestaurant gekommen waren, nicht mehr geregnet hatte, hatte er mir ein trockenes Hemd aus dem Auto geholt, damit ich nicht mit nassen Klamotten durch den kalten Abendwind nach Hause laufen musste. Als ich an seine Worte dachte, die er auf meine Aussage, ich könne ihn mit dem Hemd bei der Polizei verpfeifen, hin gesagt hatte, dachte, musste ich lächeln.
'Meine Freiheit liegt in deinen Händen, Honey.'
Ich war glücklich. Ich wusste zwar immer noch nicht, wozu dieses Treffen gut gewesen war, doch es war auf jeden Fall ein schöner Tag gewesen. Meine Ma war zwar vollends ausgerastet, als sie mich mit nassen Haaren und fremden Männerhemd nach Hause hatte kommen sehen, doch das war mir egal. Dachte sie, ich würde für immer alleine sein?Frisch geduscht mit seligem Lächeln auf den Lippen ließ ich mich in mein Kissen fallen. Das Hemd dicht an meinem Kopf und mit den Gedanken bei Dave, schlief ich in einen verträumten Schlaf.

Zu gerne hätte ich Larissas Blick gesehen, als ich ihr von meinem Tag mit Dave erzählte. Sie rührte nervös und schnell in ihrem Cappuccino und antwortete nur noch mit 'aha' und 'schön'
Was hatte sie bloß. Ich streckte mich und lehnte mich nach hinten. Ich hatte vor lauter Dave sogar vergessen meine Hausaufgaben zu machen, das war eigentlich nie vorgekommen. Zum Glück hatte aus diesem Grund mein Lehrer ein Auge zugedrückt. 'Was gibt es bei dir Neues?', fragte ich, um Larissa ebenfalls die Chance zu geben, etwas von ihren Gedanken loszuwerden. 'Nix', machte sie es jedoch kurz. 'Was ist los? Erzähl es mir doch.''Nun ja, weißt du, ich-', mein Handyklingelton unterbrach mir, was mir tierisch Leid tat. 'Geh schon ran.'
'Nein, ist schon Okay.', ich drückte denjenigen weg, um Larissa zu zeigen, dass ich nur für sie da war.
'Und wenn es Dave ist?'
Bei der Frage zog eine wohlige Welle durch meinen Körper.
'Und wenn schon. Los, du kannst mir alles erzählen.', ich legte meine Hand bekräftigend auf ihre, die ich auf Anhieb gefunden hatte, da sie damit unruhig auf die Tischplatte getippt hatte. 'Ich hätte so gerne auch wieder einen Freund.', bekannte sie leise, 'alle haben ständig einen, nur ich nicht.'
Sie seufzte betroffen. 'Larry, Ich habe doch auch keinen.'
'Das ist was anderes.'
'Und wieso?!', ich stützte meine Hände in die Hüfte. 'Egal…aber, ach ich weiß einfach nicht was ich tun soll'
'Das beschäftigt dich schon lange, nicht? Wir gehen Samstag mal zusammen auf Jungsjagd. Du gehst vielleicht, genau wie ich, einfach zu selten weg.'
Mein Handy klingelte erneut in die Unterhaltung hinein.'Jetzt geh schon ran, es scheint ja wichtig zu sein.'

Ich nickte und hob ab: 'Wozu musst du denn auf Jungsjagd gehen? Was ist denn mit mir?''Dave?!', verwirrt kreischte ich in den Hörer, 'wie hast du?!'
'Und wegen so einem albernen Gespräch hast du mich weggedrückt?'
'Sag bloß,', ich tastete die Unterseite der Tischplatte ab, 'du hast hier eine Wanze angebracht! Boar, dann schlag ich dich.'
'Übrigens, dein Haar sieht heute sehr schön aus, du solltest es öfters offen tragen.'Langsam war ich vollkommen verwirrt. War er hier irgendwo?! Warum hörte ich seine Stimme denn nur über den Hörer. Ich konzentrierte mich auf Außengeräusche. Nichts. Nur verschiedene Paare und Cliquen, die wie wir ausgelassen plauderten.
'Larry, er ist hier irgendwo.', flüsterte ich so tonlos, wie nur irgendwie möglich und beugte mich dabei zu ihr vor.
'Du solltest vorsichtiger mit deinem Ausschnitt sein.', kam sein nächster Kommentar. 'Larry, er muss irgendwo hinter dir sein!', sprang ich vom Stuhl auf, nahm mir meinen Stock und tastete mich vor. 'Dave, wo bist du?!'
'Ganz kalt.'
Ich lief weiter. Larissa folgte mir leise. Das kränkte sie bestimmt noch mehr, doch wir konnten uns eh nicht unterhalten, wenn er alles mithören konnte, das wusste sie auch!'Dave!', ich musste lachen. Ich freute mich tierisch, dass er sich wieder meldete. Was war das eigentlich momentan zwischen uns? Es war weder Fisch noch Fleisch! Ich konnte ihm weder vertrauen, noch ihn missen. Es war eine prickelnde, aufregende Sache, die ich genoss.'Jay, sorry, das ist mir zu blöd, ich gehe.'
'Nein, tut mir Leid, Larry, warte.', ich drehte mich um und knallte gegen einen harten Gegenstand, von dem ich jedoch vom Fallen abgehalten wurde, da mich zwei starke Hände festhielten. 'Nicht so stürmisch.'







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