Wegen dir

Autor: Nati
veröffentlicht am: 10.04.2009




Stimmungsschwankungen 2

Es gelang mir tatsächlich alles zu verdrängen, was mich nur ansatzweise an Phillip hätte erinnern können und jedem Gespräch, was Sarah beginnen wollte, auszuweichen.Jetzt musste ich nur noch die letzte Hürde überstehen. Die wahrscheinlich schwerste.Ich musste Sarah vorlügen, dass ich müde bin und schlafen will, damit ich nicht mit ihr über Phillip reden musste.
Inge schloss die Tür auf und ging seufzend rein. 'Das war lecker.' Sagte sie zum wiederholten Male.
Sarah und ich nickten.
Ich sah schon an ihrem Gesichtsausdruck, dass sie vorhatte, mich gleich mit allen möglichen Fragen zu löchern. Bei dem Gedanken daran wurde mir mulmig zumute.
Ich wollte es schnell hinter mich bringen und holte tief Luft.
'Ich glaube, ich geh jetzt schlafen. Ich bin hundemüde.' Log ich und hoffte, dass es sich zumindest ein bisschen glaubhaft anhörte.
Sarah zog die Augenbrauen hoch.
'Was?' fragte sie, als sei sie empört darüber.
'Ja, wirklich.' Log ich weiter.
'Ich komm noch kurz mit auf dein Zimmer, ja?' Ich hatte es vorhergesehen. Sie würde nicht lockerlassen.
In mir brodelte die Wut und ich wusste noch nicht mal, warum. Vielleicht, weil mir so eine kleine Lüge schon nicht abzukaufen war? Oder weil Sarah so neugierig war?
Ich war unschlüssig.
Dann ging ich in mein Zimmer und wartete darauf, dass Sarah hinterherkam. Sie schloss die Tür hinter sich.
'Du bist also müde?' wiederholte sie angesäuert.
'Ja.' Antwortete ich schlicht.
Sie kam auf mich zu und setzte sich neben mich aufs Bett. 'Was ist passiert?'
Ich seufzte. 'Nichts.'
'Trefft ihr euch nicht noch mal, oder was?' Jetzt sah sie besorgt aus, doch ich wollte nichts davon hören.
Ich schnappte mir ein Kissen und schlug es mir vor den Kopf.
'Sarah. Nicht jetzt.' Stöhnte ich genervt.
'Also trefft ihr euch nicht wieder?' bohrte sie weiter.
'Sarah!' schrie ich und nahm mir das Kissen vom Mund. 'Es ist nichts! Ich bin einfach nur müde! Lass mich doch bitte schlafen!'
Sie funkelte mich böse an.
'Ich werde ja wohl zumindest auf dem neusten Stand sein dürfen, wenn ich meiner Mutter schon die ganze Zeit vorlüge, dass wir beide zusammen was unternehmen, obwohl du ein Date mit nem Typen hast!'
'Ja, ich find's auch schön, dass du das für mich machst, aber bitte lass mich jetzt allein. Bitte. Nicht jetzt.' Beteuerte ich.
Wortlos erhob sie sich und ging aus meinem Zimmer.
Seufzend ließ ich mich zurück in mein Bett fallen. Es war zum kotzen. Jetzt hatte ich Streit mit meiner besten Freundin, weil ich ein Geheimnis für mich behalten wollte.
Ich wollte nicht weiter daran denken, das würde mich nur noch mehr aufregen.
Was soll ich jetzt die nächsten 6 Stunden machen?, dachte ich verzweifelt, als ich auf die Uhr sah.
9 Uhr Abends.
Ich suchte in meinem Koffer nach einem Buch, dass ich extra für langweilige Tage mitgenommen hatte, um mich zu beschäftigen.
'Illuminati', so hieß es. Eine Geschichte über Mythen der Religion und Wissenschaft.Ich wusste nicht warum, aber aus irgendeinem Grund interessierte mich das.
Ich hatte es schon angefangen, bin nur nie dazu gekommen, weiterzulesen. Das könnte ich jetzt in den nächsten Stunden tun.
Ich schlug das Buch auf und las.

Die Stunden vergingen sehr langsam, da ich alle 5 Minuten auf die Uhr sah und nach einer Weile müde wurde. Immer wieder gähnte ich und streckte ich mich.
Schließlich stand ich auf und fing an, mit dem Buch in der Hand, im Zimmer auf und ab zu gehen, um gegen die erbarmungslose Müdigkeit anzukämpfen.
Dann endlich war so weit.
2.50 Uhr.
Ich konnte jetzt endlich anfangen, mich ein bisschen frisch zu machen.
Aber was sollte man anziehen, wenn man sich mitten in der Nacht mit jemandem trifft und dazu auch noch keine Ahnung hat, wo es überhaupt hingeht?
Ich beschloss eine Röhrenjeans und ein T-Shirt anzuziehen. Schlicht eben.
Für ein Kleid oder einen Rock war jetzt es zu kalt.
Ich öffnete meinen Pferdeschwanz und kämmte mir noch einmal kurz die Haare, bis ich annehmbar aussah.
Ich warf noch einen kurzen Blick in meinen Handspiegel, dann versuchte ich leise das Fenster zu öffnen.
Es knackte ein bisschen.
Ich holte noch einmal tief Luft und stieg auf die Fensterbank, um herauszuspringen.Phillip wartete an der Hauswand gelehnt auf mich. Als er mich bemerkte, huschte ein bezauberndes Lächeln auf sein Gesicht.
'Hey.' Flüsterte er während ich dabei war, das Fenster so aussehen zu lassen, als wäre es geschlossen.
'Hey.' Flüsterte ich zurück und musste gähnen.
Er fing an zu lachen. 'Entschuldige, aber das musste nachts sein.'
Ich beschloss, das Fenster in Ruhe zu lassen und ihn anzuschauen.
'Und warum musste es nachts sein?' wiederholte ich und zog interessiert die Augenbrauen hoch.
'Das wirst du schon noch sehen.' Antwortete er schlicht.
Ich verdrehte die Augen. 'Wo gehen wir eigentlich hin?'
'Wirst du schon noch sehen.' Er grinste mich wissend an.
'Ernsthaft, Phillip.'
'Komm einfach mit.' Sagte er lächelnd und bedeutete mir, ihm zu folgen.
Während wir durch sämtliche Straßen liefen, fiel mir auf, wie kalt es nachts eigentlich war. Ich unterdrückte ein schaudern, als ein heftiger Windstoß kam.
Es fiel ihm trotzdem auf.
'Dir ist kalt.' Sagte er. Es war eine Feststellung.
Ich schüttelte den Kopf. 'Ach, das geht schon.'
Er legte seinen Arm um meine Schulter und rieb sie. Mein Herz setzte einen Schlag aus und schlug danach unregelmäßig weiter. So langsam fand ich dieses Gefühl richtig schön. Jetzt fühlte ich mich wohl. Er war so schön warm und roch so gut. Derselbe Geruch wie heute Nachmittag stieg mir in die Nase.
'Wird's langsam besser?' fragte er sanft.
Ich nickte und schlang meinen Arm um seine Taille, um die Berührung weiter zu vertiefen.Plötzlich lachte er. 'Wie kann man so kalt sein?'
'Wie kann man so warm sein?' fragte ich zurück. Ich war mir nicht sicher, ob ihm die Zweideutigkeit dieser Aussage aufgefallen war.
Er grinste und sah wieder auf die Straße.
'Wir sind gleich da.'
Wir liefen, noch immer Arm in Arm, die Straße hinunter und bogen dann in eine kleiner Landstraße ein. Er führte mich zu einem Feld. Ich sah mich nach irgendetwas um, fand jedoch nur eine Decke die auf dem Boden lag.
'Was' setzte ich an, doch er schnitt mir das Wort ab und ließ mich los.
'Komm her.' Befahl er und setzte sich auf die Decke.
Ich setzte mich neben ihn und starrte ihn ungeduldig an.
Er lächelte verschmitzt. 'Ich weiß zwar nicht ob du das magst, aber die Nacht heute ist sehr klar und die Sterne sieht man sehr gut. Ich dachte mir, ich zeige dir mal was du fast jede Nacht verpasst.'
Seufzend legte er sich auf den Boden und starrte in den Himmel. Ich war überrascht, dass er sowas vorhatte. Daran hätte ich nie gedacht, aber aus irgendeinem Grund gefiel es mir. Ich legte mich neben ihn.
Der Himmel war wirklich wunderschön. Er hatte recht. So einen klaren Himmel hatte ich noch nie gesehen. Das lag wahrscheinlich daran, dass ich in der Stadt lebte und es bei uns fast immer bewölkt war. Die vielen Sterne, die jetzt zu sehen waren, funkelten anscheinend um die Wette.
'Das ist unglaublich schön.' Flüsterte ich.
'Es freut mich, dass es dir gefällt.' Antwortete er und seufzte wieder.
Plötzlich fiel mir ein, dass ich ihm noch eine Frage stellen wollte.
'Sag mal' setzte ich an und wartete darauf, dass er reagierte.
'Hm?' murmelte er wohlig.
'Woher wusstest du wo mein Hotel ist?'
Sein Körper schien sich bei der Frage etwas zu verkrampfen, doch er fing sich schnell wieder.'Das willst du nicht wissen.' Sagte er und lächelte unsicher. 'Du wirst mich umbringen.'Ich setzte mich auf, um in seine smaragdgrünen Augen zu sehen.
'Das kannst du doch gar nicht wissen.'
Er zog die Augenbrauen hoch.
'Doch das kann ich wissen.'
Mir kam ein absurder Gedanke und ich witzelte: 'Bist du ein kranker Stalker, oder was?'Er grinste mich an. 'Sowas in der Art.'
Ich verdrehte die Augen und stöhnte genervt. So schlimm konnte es nicht sein. Ich schlug einmal mit den Händen auf den Boden und maulte:
'Na schön. Wenn du nicht mit mir reden willst, dann kann ich auch gehen.'
Wutentbrannt stand ich auf und ging entschlossen zurück zum Weg.
Ich war kaum zwei Meter gekommen, dann war Phillip auch schon hinter mir und schlang seine warmen, starken Arme um meinen Bauch. Dann hob er mich an und trug mich zurück zur Decke.
'Lass mich runter!' protestierte ich hoffnungslos.
Er ließ sich wieder nieder und setzte mich auf seinen Schoß.
'Was soll das?' fragte ich entrüstet.
'Ich will dir erzählen woher ich wusste, wo dein Hotel ist.'
Er schlang seine Arme noch fester um meinen Körper. Mein Herz raste, auch wenn ich es nicht wollte.
Misstrauisch zog ich die Augenbrauen hoch.
'Versprichst du mir brav zu sein?'
Ich stöhnte widerwillig, sagte aber dann: 'Ja, okay.'
Er holte tief Luft. 'Als du Gestern vom Strand nach Hause musstest, da bin ich dir hinterhergelaufen. Ich … naja, ich hatte das schon geplant.'
Verdutzt sah ich ihn an. 'Und was ist daran schlimm?'
'Für mich ist das nicht schlimm, aber ich denke für dich. Ich meine, ich bin dir HINTERHERGELAUFEN.' Betonte er und verzog das Gesicht.
Jetzt wurde es mir klar.
'O mein Gott!'
Ich stieß mir mit der Hand vor die Stirn. Er hatte mich also gesehen wie ich, glücklich darüber, dass wir uns am nächsten Tag wiedersehen, zum Hotel gelaufen bin!
Er hat mich fröhlich lachend durch die Straßen laufen sehen! Scheiße, scheiße, scheiße!Ich versuchte mich aus seiner Umarmung zu befreien, wollte weglaufen. Irgendwohin, wo mich niemand sieht, damit ich im Erdboden versinken konnte.
Doch er hielt mich fest, da war jeder Wiederstand zwecklos.
'Hey' flüsterte er. 'Das muss dir doch nicht peinlich sein.'
Ich gab es auf. Ich konnte nicht aufstehen.
'Es ist mir aber peinlich.' Murmelte ich und sah zu Boden.
Er bewegte einen Arm von meinem Bauch weg und führte ihn zu meiner Hand, um unsere Hände miteinander zu verschränken.
'Du bist ganz kalt.' Stellte er fest.
Ich atmete geräuschvoll aus und erwiderte: 'Das ist die Aufregung … oder der Schock.'Sein Gesicht umspielte ein schwaches Lächeln. 'Nochmal - Das muss dir nicht peinlich sein.'Ich erwiderte nichts. Diese Diskussion hätte ewig so weitergehen können. Stattdessen fiel mir jetzt eine wichtige, aber auch unangenehme Frage ein. Ich beschloss, sie ihm jetzt zu stellen, da es sowieso nicht mehr schlimmer werden konnte.
Ich holte tief Luft und stotterte: 'Ich, äh … Darf ich dich was fragen?'
'Alles.'
Mir wurde ganz heiß und die Wärme die von ihm ausging machte es noch unerträglicher. Ich versuchte mir nicht vorzustellen, was in mir vorgehen würde, wenn er die Frage bejahen würde.
'Also' setzte ich an und holte noch einmal tief Luft. 'Ha - Hast du eigentlich eine Freundin?'Ich bereute sofort, dass ich mich getraut hatte diese Frage zu stellen. Verlegen schaute ich zu Boden, nicht im Stande ihn anzusehen.
Er lachte erleichtert. 'Ich dachte jetzt kommt was total Schlimmes und dann kommt so eine unsinnige Frage.'
Ich zog die Augenbrauen zusammen, traute mich jedoch immer noch nicht aufzublicken.'Was ist daran unsinnig?'
'Sieh mich mal bitte an.' Flüsterte er und ließ meine Hand los, um mein Gesicht zu seinem zu drehen. Mein Herz setzte einen Schlag aus. Meine, von ihm berührte, Wange brannte. 'Denkst du ich hätte mich auch nur einmal mit dir verabredet, wenn dem so wäre?'
Ich schloss die Augen und sog seinen Duft ein. 'Ich weiß … nicht.' Wisperte ich und scheiterte daran, einen klaren Gedanken zu fassen.
'Was musst du nur von mir denken.' Gluckste er. 'Als ob ich ein Mädchen so hintergehen würde.'
Ich fühlte mich auf einmal schäbig, dass ich auch nur einmal daran dachte, dass er ein Mädchen betrügen würde. 'Tut mir leid … Ich … ich wollte nur …'
'Sch.' befahl er. 'Ich weiß.'
'Es tut mir leid.' Wiederholte ich und sah in seine unglaublich schönen grünen Augen.'Es ist nicht schlimm.'
Ich zögerte, bevor ich die nächste Frage stellte.
'Darf ich dich umarmen?'
Seine Mundwinkel zuckten etwas, dann zog mich an seine Brust. Ich schloss genüsslich die Augen und schmiegte mich an seinen harten, männlichen Körper. Sein Herz schlug genauso unregelmäßig wie meins.
'Ich kann deinen Herzschlag hören.' Flüsterte ich lächelnd.
Er lachte auf. 'Oje.'
'Nein, das beruhigt mich irgendwie, dass nicht nur ich unter chronischem Herzklabaster leide, wenn wir uns begegnen.'
Er versenkte seinen Kopf in meinen Haaren. Ich fühlte mich so geborgen bei ihm, so hatte ich vorher nie für jemanden empfunden. Ich war zwar schon in Jungs 'verknallt' gewesen, aber es war noch nie so intensiv … und schön.
'Woran denkst du?' Fragte er nach einer Redepause.
'An dich.' Gestand ich.
Ich merkte, dass seine Mundwinkel zuckten, dann seufzte er.
Meine glückliche Stimmung wurde durch einen verletzenden Gedanken getrübt. Ich befand mich hier im Urlaub. Nicht Zuhause. Im Urlaub.
Ich wehrte mich gegen die Tränen, die mir plötzlich in die Augen stiegen. Was machte ich hier nur? Ich stürzte mich ins Unglück! Egal, was ich vorher gedacht hatte, ich musste es beenden, bevor es zu spät war. So traurig es mich auch machte, ich durfte nicht zu viele Erinnerungen an den süßesten Jungen der Welt mit nach Hause nehmen. Ich werde ihn nämlich nach diesen 4 Wochen nie wieder sehen.
'Scheiße' murmelte ich und schluchzte. Dann befreite ich mich aus seiner Umarmung. Nein, aus meiner Umarmung.
'Was ist los?' fragte er besorgt.
Ich fasste mir mit einer Hand an die Stirn, damit er die herunterlaufenden Tränen nicht sah. 'Wir haben keine Zukunft, Phillip. Du wohnst in Bayern.'
Er rückte wieder näher zu mir und nahm meine Hand runter.
'Ich weiß.' Flüsterte er mit schmerzverzerrtem Gesicht und wischte die Tränen weg.
'Aber ich verspreche dir, ich werde versuchen einen Weg zu finden.'
Ich schüttelte den Kopf. 'Wie willst du das machen? Du kannst schlecht nach Nordrhein-Westfahlen ziehen.'
Er sah bedrückt zu Boden. 'Das stimmt. Meine Eltern würden es mir nie erlauben. Schon gar nicht für jemanden, den ich im Urlaub kennengelernt habe.'
Dann schwiegen wir. Keiner von uns wusste, was er noch zu diesem Thema beitragen sollte.Ich wusste, was ich tun musste und stand auf.
'Ich … werde besser gehen.' Schluchzte ich und weitere Tränen flossen meine Wangen hinab.
Dann bewegte ich mich in Richtung Straße, in dem Wissen, dass ich gleich zusammenbrechen würde.
'Nein, nein, nein.' Sagte Phillip schnell und kam mir hinterher, um mich aufzuhalten.
'Bitte geh nicht.'
Er nahm mich in die Arme und zog mich fest an sich. 'Bitte geh nicht.' Flehte er abermals.Einen Augenblick ließ ich mich fallen. Ich atmete diesen süßen Geruch ein, verbarg mein Gesicht in seiner Brust, hörte seinen Herzschlag, streichelte seinen Rücken.
Dann flüsterte ich: 'Ich kann das nicht. Wenn wir jetzt weitermachen … dann bin ich nach diesem Urlaub tot.'
Ich löste unsere Umarmung und warf noch einen letzten Blick auf ihn. 'Es tut mir leid. Das hätte nie passieren dürfen.'
Dann ging ich und ließ Phillip allein dort zurück.







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