Perle Münze Muschel - zweiter Versuch

Autor: little miss sunshine.
veröffentlicht am: 21.05.2009




Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als ein aus Lederfetzen zusammengeflicktes Etwas sie am Kopf traf.
'Au! Was war das denn?'
'Das sieht aus wie ein...'
'Na los jetzt sag. Was ist das?'
'Es sieht aus wie eine kleine Tasche oder ein kleiner Beutel.'
Verwirrt sahen beide in den Himmel. Nichts war zu sehen.
'Janica ich habe Angst. Was war das? Was hat uns diesen Beutel heruntergeworfen? Lass und schnell nach Hause gehen. Ich fürchte mich. Was, wenn das ein Geist war?'
'Lilli, jetzt hab keine Angst. Vielleicht hatte ein Vogel den Beutel ums Bein gebunden und er hat ihn verloren. Aber du hast recht. Wir sollten uns wirklich beeilen. Es ist schon fast dunkel und Großmutter wird sich schon Sorgen um uns machen.'
Schnell rannten sie nach Hause.
'Sehen wir uns Morgen?'
'Ja sicher. Ich wollte mit Fjalla ausreiten. Hast du Lust mit zu kommen?'
'Oh ja! Das haben wir wirklich schon lange nicht mehr gemacht. Ich komme auf jedem Fall mit. Also dann. Schlaf gut und träum schön.'
'Ja, ich wünsche dir auch eine Gute Nacht. Bis morgen dann.'

Voller Vorfreude auf den nächsten Tag ging Janica schlafen.

In der Nacht wurde sie wie so oft von schrecklichen Albträumen geplagt. Immer und immer wieder derselbe Traum. Sie erlebte ihren 10. Geburtstag und sah mit an, wie ihre Eltern starben.
Dann war sie auf einmal komplett woanders. Auf einer kleinen sonnigen Wiese mit vielen Blumen graste Fjalla neben ihr. Der seichte Wind strich ihr durch die Haare und über ihr Gesicht und sie roch den Frühling.
Plötzlich flog ein großer Vogel über ihnen. Ein lederner Beutel fiel vor ihr ins Gras. Schreiend zog der Vogel Kreise über ihr und Fjalla. Janica hob den Beutel auf und wollte ihn gerade öffnen, als Fjalla unruhig wurde.
'Fjalla? Was hast du? Ist hier irgendwo ein Tier?'
Ihr Pferd scharrte nervös mit dem Huf. Janica sah zum Himmel und sah nun, dass sich dicke schwarze Wolken gebildet hatten. Schnell sprang sie auf und stieg auf Fjallas Rücken und trieb sie an. Den kleinen Lederbeutel hatte sie in ihrer Eile im Gras liegen lassen. Aber sie wollte auch eigentlich nicht genauer wissen, was sich darin befand. Es machte ihr Angst. Ein Vogel der Lederbeutel vom Himmel warf...was konnte das bedeuten?
Sie ritt immer weiter und immer weiter. Aber wohin eigentlich? Sie hatte überhaupt keine Orientierung mehr. Wo hatte Fjalla sie hingebracht?
Regen prasselte ihr ins Gesicht und ihre langen nassen Haare klebten an ihrem Rücken, als sie vom Pferd stieg. Sie sah sich um und bekam Angst. Sie war mitten in einer großen Schlucht. Rings um sie ragten spitze graue Felsbrocken aus den schroffen Wänden.

'Fjalla? Wo hast du mich hingebracht? Wo sind wir denn hier bloß? Ach Fjalla...ich hab solche Angst...wie sollen wir denn nur wieder nach Hause finden? Ich bin so froh, dass ich dich bei mir habe.
Oh Fjalla, sieh mal dahinten ist ein Felsvorsprung...komm schnell wir stellen uns dort unter. Dann haben wir zumindest ein bisschen Schutz vor dem Gewitter.'
Wie zur Antwort, wieherte Fjalla zustimmend. Auch Fjalla war die Situation nicht ganz geheuer. Sie hatte Angst, dass spürte Janica ganz deutlich.
Die Kälte des Regens und des Windes machte sich in der Schlucht breit. Janica zitterte am ganzen Körper. Es war so schrecklich kalt und nass und sie hatte nur ihr weißes Leinenkleid an.
Das Gewitter wurde immer schlimmer. Es donnerte ohrenbetäubend laut und der Regen prasselte vom Himmel herab, als ob ein Wasserdamm gebrochen wäre.
Plötzlich schlug direkt vor ihnen ein Blitz in den Boden ein. Fjalla wieherte und drehte vollkommen durch. Sie bäumte sich auf und galoppierte davon.
'Fjalla! Fjalla bitte bleib hier, wie soll ich denn ohne dich je wieder nach Hause finden? Bitte, bitte Fjalla komm wieder zurück. Du kannst mich doch hier nicht allein lassen.FJAAAAALLAAAAAAAAAA!!!!'

Es donnerte wieder laut und Janica wachte schweißgebadet auf.
‚Gott sei Dank. Es war nur ein schlechter Traum' sagte sie zu sich selbst. Trotzdem stand sie auf und vergewisserte sich, dass Fjalla im Stall stand.
Draußen tobte ein furchtbares Gewitter. ‚Vielleicht hat es meine Träume beeinflusst', dachte sie nach. Sowas sollte möglich sein. Ihre Großmutter hatte ihr das einmal erzählt und Janica vertraute ihrer Großmutter in allen Dingen.
Nachdem sie sich wieder in ihr Bett gekuschelt hatte, schloss sie die Augen und dachte über ihren sonderbaren Traum nach. Es war wirklich komisch, dass sie genau das träumte, was ihr am Tag zuvor passiert war.
Ein Vogel der kleine Lederbeutel vom Himmel warf. Und jedes mal hatte sie den Beutel an der Stelle liegen lassen, an der er ihr vor die Füße gefallen war. Die Neugier brannte in ihr. Sie würde wirklich zu gern wissen, was sich in diesem Beutel befand. Aber auf der anderen Seite stand die Angst. Was, wenn etwas Schreckliches in diesem kleinen Beutel wäre? Wie auf einer Waage, wog sie ab, ob sie dem Geheimnis des kleinen Beutels nachgehen sollte, oder ob sie es einfach sein ließ.
Am Ende war die Neugier größer.
Sie stand auf um aus dem Fenster zu sehen. Es regnete immer noch und auch der Wind hatte nicht nachgelassen. So beschloss Janica morgen Lillian zu überreden, mit ihr nach dem Beutel zu suchen und herauszufinden, was sich darin befand.
Nachdem sie sich noch ein paar mal im Bett herum gewälzt hatte, fiel sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Am nächsten Morgen wurde Janica vom dem zwitschern der Vögel geweckt. Sie sah aus ihrem kleinen Fenster. Die Sonne durchflutete die Wiese mit ihren ersten sanften Strahlen und der Tau - oder war es der Regen aus der vergangenen Nacht? - glitzerte auf den Grashalmen und die Vögel sangen aus vollem Halse. Kein einziger Hinweis auf den furchtbaren Sturm der letzten Nacht.
Tief atmete sie die klare Luft ein und blinzelte in die Sonne. Sie wusste nicht genau warum, aber ihr Gefühl sagte ihr, dass heute ein wirklich schöner Tag werden würde. Sie musste Lilli nur noch davon überzeugen den Lederbeutel mit ihr zu suchen um endlich zu erfahren, was sich darin befand. Vor lauter Neugier hatte Janica das Gefühl zu platzen. Schnell zog sie sich an, lief die Treppe hinab um ihre Großmutter zu begrüßen und um zu frühstücken. Ihr Magen grummelte bereits lautstark.

Nach dem Frühstück lief sie gut gelaunt zu dem Haus, in dem Lillian mit ihrer Familie wohnte. Sie klopfte an die Tür und stand einer etwas zerknitterten Lilli gegenüber.'Guten Morgen Lilli!'
'Himmel, Janica. Was machst du denn schon so zeitig hier? Ich bin gerade erst aufgestanden. Und wie kommt es, dass du so außerordentlich gut gelaunt bist? Ist etwas passiert?''Ja ich glaube es ist etwas passiert...aber jetzt beeil dich. Ich will endlich los reiten. Ich werde dir dann alles erzählen, wenn wir auf den Pferden sitzen.'

Als sie losgeritten waren, fing Janica an zu erzählen.
'Du erinnerst dich doch sicher noch an den kleinen Lederbeutel, den der große Vogel gestern über unseren Köpfen abgeworfen hat oder?'
'Ja natürlich. Warum sollte ich das vergessen?'
'Also ich habe vergangene Nacht geträumt, das ich mit Fjalla auf einer Wiese saß und plötzlich flog ein großer Vogel über uns. Er hat ein paar Kreise gezogen und dann fiel mir der Beutel in den Schoß. Gerade als ich ihn öffnen wollte, wurde Fjalla unruhig und fing an, mit den Hufen zu scharren. Als ich dann nach oben in den Himmel sah, bemerkte ich, dass dicke Gewitterwolken aufgezogen waren. Schnell band ich Fjalla los und ritt weg. Ich ließ sie einfach laufen und dann sind wir anscheinend vom Weg abgekommen. Auf einmal befanden wir uns in einer großen steinigen Schlucht und ich hatte vollkommen die Orientierung verloren. Es war so schrecklich. Alles war so dunkel und grau. Die Steine, der Himmel...ich hatte so große Angst.
Dann habe ich, als ein Blitz den Himmel erhellte, einen kleinen Felsvorsprung gesehen und mich mit Fjalla dort untergestellt. Fjalla hatte scheinbar genauso große Angst wie ich denn sie zitterte auch am ganzen Leib. Sie zuckte die ganze Zeit nervös mit den Ohren und scharrte mit den Hufen. Als dann ein riesengroßer greller Blitz nur ein paar Meter vor uns einschlug, konnte ich sie nicht mehr halten und sie galoppierte davon. Ohne meine geliebte Fjalla war es noch gruseliger, als es ohnehin schon war. Dann kam wieder ein ohrenbetäubender Donnerschlag ich wurde wach.'
Nachdem Janica fertig erzählt hatte, sah sie zu Lillian, die sie mit halb geöffnetem Mund erschrocken ansah.
'Himmel, Janica. Was träumst du denn nur für Dinge? Das muss sicherlich furchtbar gewesen sein.', sagte sie, nachdem sie ihre Sprache wieder gefunden hatte.
'Weißt du, mich macht der Traum eher neugierig als alles andere. Deswegen wollte ich auch heute unbedingt mit dir ausreiten. Ich hatte vor, den kleinen Lederbeutel von gestern mit dir zu suchen und heraus zu finden, was sich darin befinden mag. Hilfst du mir ihn zu suchen?''Janica...bist du dir wirklich sicher das du ihn suchen und öffnen willst? Mir war er schon etwas unheimlich. Wer weiß, was darin sein mag...'
'Keiner weiß das. Deswegen will ich ihn ja mit dir suchen. Ich möchte unbedingt wissen, was sich in diesem kleinen Beutel befindet. Vielleicht wissen wir dann, woher er stammt. Es könnte ja sein, dass der Vogel ihn gestohlen hat. Oh Lilli. Bitte hilf mir, den Beutel zu suchen. Bitte, bitte, bitte, bitte.'
Mit großen Augen und etwas vorgeschobener Lippe sah Janica Lilli an.
Sie war wirklich erstaunlich. Das war die Janica, die Lillian vor sehr langer Zeit einmal kennen gelernt hatte. Unternehmungslustig, aufgeweckt, offenherzig und immer auf der Suche nach einem Abenteuer. Abenteuer...wie das schon klang...es klang wie in den Kinderbüchern, die ihre Eltern ihr immer vorgelesen hatten, als sie noch klein war.
In Augenblicken wie diesen, bemerkte Lillian wieder, wie sehr Janica sich in den Jahren nach dem tragischen Tod ihrer Eltern verändert hatte. Seit langer Zeit, erlebte sie ihre beste Freundin mal wieder aufgeweckt, neugierig und so abenteuerlustig. Auch wenn ihr das ganze etwas albern vorkam, so freute sie sich über Janicas neue Lebenslust.
Auf der anderen Seite war ihre Neugier aber auch von allein schon lange erwacht. Die ganze Nacht hatte sie nachgedacht, was sich in dem Beutel befinden möge. Aber sie konnte sich keinen Reim darauf machen, was in einem Beutel aus Leder steckt, der von einem großen Vogel vom Himmel geworfen wurde. Also würde sie Janica und ihrer eigenen Neugierde einen Gefallen tun, und dem Geheimnis auf den Grund gehen.
'In Ordnung. Ich helfen dir den Beutel zu suchen. Ich bin selber sehr gespannt auf den Inhalt dieses Dinges. Hast du eine Idee, wo wir anfangen könnten, ihn zu suchen?'
Janica strahlte wie ein kleines Kind.
'Oh Lilli, du bist die beste Freundin, die man sich wünschen kann. Ich bin dir so dankbar, dass du mich nicht für verrückt erklärst, weil ich so neugierig auf den Inhalt eines kleinen Lederbeutels bin. Oh danke, danke, danke!'
Lächelnd und voller Zuversicht, machten die beiden Mädchen sich auf den Weg, die Stelle zu finden, an der ihnen der Vogel den Beutel herab geworfen hatte.

Nach wenigen Stunden, hatten sie den Beutel endlich gefunden. Gespannt blickten sie sich an und lächelten glücklich.
'Wer soll den Beutel eigentlich öffnen?'
'Ich weiß es nicht. Willst du das machen oder soll ich?'
'Hm. Ich denke, du solltest ihn aufmachen. Du hast mich ja schließlich dazu überredet ihn mit dir zu suchen. Also los jetzt mach ihn endlich auf! Ich platze gleich vor lauter Neugierde!!!''Also gut.'
Janica öffnete den Beutel und Lilli sah ihr dabei gespannt über die Schulter. Als der Beutel endlich offen war, zog Janica ein kleines Stück Papier heraus.
'Oh.', sagte Lillian enttäuscht.
'Lilli, jetzt urteile nicht voreilig, wir wissen doch gar nicht, was sich darauf befindet.'Vorsichtig faltete sie das Papier auseinander und guckte es kritisch an.
'Ich glaube das ist so etwas wie eine Karte. Ich bin mir nicht sicher, aber es sieht danach aus.''Eine Karte? Was für eine Karte denn? Eine Schatzkarte?'
'Lilli, Schatzkarten gibt es doch gar nicht! Jetzt sei doch auch mal ernst. Ich glaube eher, die Karte zeigt eine Wiese oder so etwas...ich kann es nicht genau erkennen. Ich glaube wir sollten sie Paco zeigen. Er kennt sich aus mit Karten und diesen Dingen. Vater hatte es ihm beigebracht...'
Große Trauer war in ihrer Stimme zu hören. Aber Lillian wollte nicht zulassen, dass Janica jetzt, wo sie so glücklich war, an ihre Eltern dachte.
'Na dann nichts wie los! Lass uns nach Hause reiten. Wir müssen sowieso los, sieh mal die Sonne. Sie steht schon wieder sehr tief.'
'Du hast wahrscheinlich Recht. Lass uns los reiten und die Karte so schnell wie möglich Paco zeigen.'
Auf dem Heimweg redeten die beiden nicht sehr viel. Sie hingen beide ihren Gedanken nach. Janica dachte voller Wehmut wieder an ihre Eltern und Lillian zerbrach sich den Kopf über den Inhalt der Karte. Eine Wiese hatte Janica gesagt...was sollte das für eine Wiese sein? Ob es vielleicht doch eine Schatzkarte war? Und auf der Wiese lag ein geheimer Schatz? Nein, das war wirklich kindisch. So etwas spielten die Kinder im Dorf aber doch nicht zwei fast erwachsene Mädchen. Wahrscheinlich hatte der Vogel den Beutel mit der Karte an einem Krempelstand gestohlen. Das war die einfachste Erklärung für die Karte. Sie wurde vielleicht gezeichnet, um sie dummen und leichtgläubigen Menschen als echte Schatzkarte zu verkaufen. Etwas anderes war vollkommen ausgeschlossen.


In ihrem Dorf angekommen, ritten sie erst zu Lillians Eltern, um ihnen bescheid zu sagen, das Lilli die Nacht bei Janica verbringen würde und um Hafeti im Stall unterzubringen. Dann gingen sie schnell zu Janica, wo sie von ihrer Großmutter Katharina schon erwartet wurden. Schnell aßen sie mit Katharina und Paco das Abendessen und dann zeigten sie Paco die Karte und den Lederbeutel, den Janica auch mit genommen hatte.
Nachdem Paco die Karte eingehend studiert hatte, hörte er sich die Theorien seiner Schwester und Lilli an.
'Ich vermute, es ist ein Weg, der zu einer Wiese führt...es scheint nichts Besonderes zu sein. Vielleicht hat dort jemand eine alte Hütte oder dergleichen geerbt. Aber wie schon gesagt. Bildet euch nicht zu viel auf diese Karte ein. Vielleicht hat ein Kind sie gemalt um mit seinem Freund dann Schatzsuche zu spielen. Sie könnte also auch ausgedacht sein.'
'Aber Paco, könnte es nicht sein, dass sich auf der Wiese etwas Wichtiges befindet? Warum sollte die Karte sonst in einem Lederbeutel sein. Ich denke kaum, dass ein Kind Karten in einem derartigem Lederbeutel versteckt.'
'Janica, du solltest inzwischen alt genug sein, um zu wissen, dass sich hinter so einer Karte kein Wunder verstecken wird. Zerbrecht euch nicht weiter die Köpfe darüber. Ihr werden doch nur enttäuscht.'
'Nein, Paco! Lilli und ich sind fest davon überzeugt, dass diese Karte etwas zu bedeuten hat. Und wir werden der Sache auf den Grund gehen.'
'Macht was ihr wollt. Aber auf meine Hilfe braucht ihr nicht zu hoffen. Ich muss Großmutter helfen und habe auch Aleandro versprochen, ihm bei der Ernte zu helfen. Also tut mir einen Gefallen und verschont mich mit euren Kindergeschichten.
Gute Nacht.'







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