Ein Valentinstagsgruß wie keiner

Autor: _Abril_
veröffentlicht am: 21.02.2009




23:00
'Ich will nur dich.'
'Nicht für mich.'
'Für uns.'So war es bei mir. Der Anfang hatte hier seinen Ursprung… - Ich tippte die letzten Worte langsam. Der Bildschirm flimmerte. Blinzelnd legte ich die Stirn in Falten und rückte die Brille zurecht. Sah ich richtig? Für heute ist es genug, beschloss ich. Ich gab das Schreiben auf - für heute. Kurzerhand legte ich meine Lesebrille ab. Konzentriert lehnte ich mich zurück und tastete bedächtig mit meinem Zeigefinger über die pulsierenden Stellen, welche seit einigen Stunden unter der Haut brannten. Ausgezeichnet, sann ich sarkastisch. Ein Mitesser links oberhalb der Lippe und einer rechts darunter. Das hatte mir gefehlt. Eindeutig. Für heute ist Schluss.

23:10
Meine Fingerkuppe streifte kurzerhand über das Touchpad, da fuhr mein Laptop laut surrend herunter. Altes Ding, schimpfte ich leise. Am Stuhl drehte ich mich einen Augenblick um die eigene Achse. Dann schloss ich meine Augen und legte meinen Kopf in den Nacken. Die blonden Locken fielen wie ein Vorhang aus Seide auf meinen Rücken. Beißende Kälte ergriff von mir besitzt. Dies war ein eindeutiges Zeichen dafür, dass es für mich an der Zeit war schlafen zu gehen.

23:20
Fassungslos schüttelte ich den Kopf, verdrehte die Augen und suchte nach einem Punkt in der Decke den ich fixieren konnte. Meine Gedanken waren ungemein schräg und wirr. Teilweise erregten sie meine Schwermut. Ich ärgerte mich über jeden Augenblick den ich damit vergeudete mich zu fragen, worauf ich eigentlich zu hoffen wagte. Mein Körper verkrampfte sich urplötzlich. Schweiß trat aus den Poren meiner Hände. Zähne knirschend ballte ich meine offenen Hände zu Fäusten. Daraufhin wischte ich sie unwirsch an meiner schwarzen Leggins ab. Selber Schuld, fluchte ich in Gedanken.

23:30
Schnaubend wandte ich mich in die Richtung meines Bettes. Irgendwie wollte ich mich ablenken. Was mehr als notwendig war. Es war wenige Minuten vor Mitternacht. Zumindest zeigte mir diese Uhrzeit der Wecker auf meinem Nachttisch. Hmpf, machte ich und stieß einen seltsamen Laut zwischen den Lippen hervor. Nun sah ich auf meinen schwarzen Bildschirm. Was für ein leidiges Bockstarren, überlegte ich traurig.

23:40
Müde rieb ich mir über die Lider. Ein herzhaftes Gähnen konnte ich nicht länger unterdrücken. Daher glitt ich mühsam auf mein Doppelbett, streckte mich und verschwand unter die orangefarbene Decke. Kleine Schauder durchzuckten meinen Körper. Selbst das Laken war kühl. Schläfrig griff ich nach dem Schalter meiner Lampe. Meine Finger umfassten ihn; prompt war mein Zimmer in Dunkelheit getaucht.

23:45
Zuerst konnte ich die Umrisse meines Zimmers in der rabenschwarzen Nacht nicht erkennen, dann gewöhnten sich meine Augen nach einigen Minuten daran. Überall im Raum nahm ich vertraute Gegenstände wahr. Es war zum verrückt werden. Achselzuckend zog ich meine Decke bis zu meinem Hals hoch. Wie lange würde ich wohl warten müssen? Diese Frage war mehr als nur zweideutig. Sie war mein Ernst. Einerseits wusste ich nicht, wann er heute Nacht zu mir ins Bett kriechen würde und andererseits hatte ich noch immer keine Ahnung, wann er sich zu einem Leben mit mir bekennen würde. Ob er erahnte wie ich litt? Manchmal blieb ich nächtelang wach und stellte mir tausende solcher Fragen, jede blieb im Endeffekt aber unbeantwortet.

23:50
Ausgeschlossen war eine Aussprache. Hoffnungslos waren alle Gesten und zweifelsohne nützen weder meine Wutausbrüche noch die unzähligen Dispute zwischen uns etwas. Dennoch konnte ich nicht glauben, dass er mir so weh tun wollte. Wollten wir unsere Probleme etwa nicht in den Griff bekommen? Gingen wir nicht deshalb zur Eheberatung? Hatten wir einander nach all dieser Zeit wirklich satt? Unverzüglich sah ich es ein. Ich war ihm ganz klar unterlegen. Vielleicht, weil ich eine Frau bin. Aber vielleicht auch, weil er ein Mann ist. Nun zog ich die Decke enger um meinen Hals, als könnte sie mich vor dem Schmerz tief in meinem Herzen schützen.

23:55
Ein Klopfen an der Schlafzimmertür unterbrach mich in meinem Selbstmitleid. Ich horchte auf.
'Ja?', fragte ich in normaler Lautstärke. Zwar wusste ich, wer um diese Zeit nach mir verlangte, doch noch war ich zu faul aus meinem Bett zu kriechen. 'Mummy?' Die Stimme von Cecile war ein gedämpftes Wimmern. Wieder war es an mir zu tun was sich nicht aufschieben lies. Barfüßig sprang ich aus meinen Laken und kämpfte mich im Dunkeln zur Tür. Wie in Trance öffnete ich die Tür - einen Spalt breit. Grelles Licht erstrahlte auf einmal vor mir. Aus dem Vorraum fielen einige Strahlen in mein Zimmer und schreckten die Schatten auf.
'Liebling?' Sofort umfassten zwei kindliche Arme meine Taille. Oh je. 'Hör auf zu weinen, Kleines. Ist ja alles wieder gut.' Ich wischte ihr mit dem Daumen über die tränenbenetzten zarten Wangen. Streichelte ihr über die blonden Spaghettihaare und zog sie zu mir hoch.
'Möchtest du heute Nacht bei deiner Mummy schlafen?', fragte ich an ihrem Ohr. Doch ich wartete nicht auf ihre Zustimmung, denn ich kannte ihre Antwort.

24:00
Fast beiläufig sah ich auf die Uhr, als ich Cecile in die Decke wickelte. Punkt Mitternacht. Ich dankte der Finsternis, dass sie meine Tränen verbarg. Jetzt musste ich nurmehr die Schluchzer unterdrücken.
'Mummy, weinst du?' Céciles schlaftrunkene Stimme erschreckte mich. Meine Umarmung wurde fester. Ihr kleines Herz an meinem Ohr schlagen zu spüren erfüllte mich mit einem unbändigen Kummer.
'Nein, das ist nur ein Schnupfen. Ich habe mich verkühlt, weißt du?', flüsterte ich. Für diese Lüge gehörte ich in die Hölle, sagte ich zu mir selbst und küsste Cecile aufs goldene Haar.
'Mummy?' Ich merkte Cecile an, dass sie schläfrig wurde. Gott sei Dank. 'Bona note', wisperte ich, weil meine Kinder stets darauf bestanden auf italienisch ins Bett gebracht zu werden. Zu viele Zeichentrickfilme sorgten für dieses Phänomen. Plötzlich ergriff Céciles warme Hand meine. Mit einem sanften Druck bedeutete ich ihr ruhig einzuschlafen, doch da sagte sie etwas, das mir die Stimme streitig machte.
'Alles Gute zum Valentinstag Mummy. Daddy hat dich nicht vergessen.'









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