Tränen der Liebe

Autor: Nati
veröffentlicht am: 08.02.2009




Soo, und weiter gehts. :) Entschuldigt die etwas längere Pause, aber dafür ist das hier länger und (hoffe ich) auch besser als die anderen. :) Kommentare wären nett :)

Als ich am nächsten Tag aufwachte, wusste ich sofort, dass dieser Tag genauso werden würde wie sein Vorgänger.
Miserabel.
Alles, was gestern passiert war, erschien mir heute so unwirklich. Einmal die Tatsache, dass ich Christian meine Liebe gestanden habe, und dann noch dieser verrückte Nachmittag, über den ich erst gar nicht nachdenken wollte.
Frustriert erhob ich mich, um aufzustehen, blieb jedoch mitten im Zimmer stehen, um mich umzusehen. Irgendwas schien anders zu sein. Es stand doch alles noch an der richtigen Stelle, oder?
Ich blickte zum Fenster, neben dem wie immer mein Schreibtisch stand, dann zu meinem Bett, die Bettwäsche war durcheinandergeworfen, doch sonst war auch das wie üblich, zu meinem Kleiderschrank, der so wie sonst auch direkt neben der Tür stand.
Ich schüttelte den Kopf. Das bildete ich mir alles nur ein. Das einzige, was sich verändert hatte, war, das dieser Raum dunkler wirkte als sonst, und das lag nur an meiner betrübten Stimmung.
Gähnend lief ich zum Badezimmer und begann, mich frisch zu machen. Ich putzte meine Zähne, ging duschen, kämmte meine Karamellfarbenden Haare und zog mir Sachen an.Ein Blick in den Spiegel genügte mir, denn ich wusste, dass ich schrecklich aussah. Ungesund und traurig. Es war schon fast absurd, wie sehr mich die Sache mit Christian mitnahm. Ob ich mich so vor meiner Mutter zeigen konnte?
Ich runzelte die Stirn und merkte, dass ich sowieso nichts mehr zu verlieren hatte. Ich hatte schon alles verloren - schlimmer konnte es nicht mehr kommen.
Es war ein langer Morgen. Länger als die Anderen, so kam es mir zumindest vor. Es grenzte schon beinahe an ein Wunder, das die Uhr irgendwann 7.30 Uhr anzeigte. Ich wollte so schnell wie möglich aus dem Haus, nur um vor meiner Mutter zu fliehen. Denn ich wusste, dass ich ihr nicht mehr so lange was vormachen konnte.
Ich lief zum Bus und versuchte, an irgendwas schönes zu denken. Zum Beispiel daran, jetzt einfach wegzufahren. Weit weg. An einen schönen Ort mit himmelblauem Meer und einen Strand wo es keine Muscheln gibt, in die man hineintreten und sich verletzten könnte. An einen Ort mit Palmen und schon beinahe unerträglicher Hitze.
Oh ja, genau sowas bräuchte ich jetzt eigentlich. Aber stattdessen saß ich hier in diesem Kaff fest und es regnete in Strömen.
Seufzend stieg ich in den Bus.

Nach der, wie es mir erschien, stundenlangen Busfahrt, waren wir endlich an der Schule angekommen. Mein Herz pochte laut vor Schmerz. Und ich wusste, dass das noch nicht alles war. Ich wusste, es konnte noch schlimmer kommen.
Es würde noch schlimmer kommen.
Ich stieg aus dem Bus aus und sah mich vorsichtshalber um, ob ich in Ruhe den Weg zur Schule fortsetzen konnte oder nicht. Christian war nirgends zu sehen und ich atmete auf. Sonst war er morgens immer da gewesen und hatte auf mich gewartet, damit wir gemeinsam dorthin laufen konnten.
Bei dem Gedanken daran riss es mir das Herz heraus.
Ich atmete noch einmal tief durch, dann fuhr ich meinen Weg fort.
In der Schule angekommen, zog sich mein Magen erneut zusammen. Was würde gleich auf mich warten? Ein glückliches Paar? Ein zurückhaltender Christian, der seine Freundin nur nicht berührt, weil ich da bin? Hatten sie vielleicht Streit weil er nichts für sich behalten konnte? War Nina deshalb noch anhänglicher als vorher, weil sie beweisen will, dass er zu ihr gehört?
Mir schossen so viele Fragen durch den Kopf, jedoch keine, die mich glücklich machen würde und zumindest halbwegs realistisch wäre.
Ich meinte zu hören, wie das Blut mein Herz verließ, als ich an dem Treffpunkt unserer Klasse angekommen war. Natürlich war er schon da, genauso wie Nina. Sie saßen dort auf einer Bank und Christians Arm lag auf ihrer Schulter. Als er mich sah, lockerte er seinen Griff um sie, doch Nina hinderte ihn daran, sie loszulassen. Sie kuschelte sich eng an ihn.
Ich atmete zittrig aus und legte meine Tasche auf den Boden. Es wäre ein Wunder, wenn ich diesen Schultag überstehen würde.
Doch irgendwie schaffte ich es. Genauso wie am nächsten und übernächsten Tag. Es war zwar jedes Mal ein Stich ins Herz, wenn Christian Nina berührte, oder sogar küsste, doch mittlerweile hatte ich eine Strategie entwickelt.
Einfach immer wegsehen, wenn es zu viel für mich wird.
Jedes Mal, wenn ich mich abends ins Bett legte, dachte ich darüber nach, ob wir denn an diesem Tag miteinander gesprochen hatten. Ich konnte mich an nichts erinnern.
Nein, wir hatten definitiv seit diesem einem Nachmittag, über den ich immer noch nicht nachdenken wollte, kein Wort mehr miteinander geredet.
Ich wusste nicht, ob ich das gut oder schlecht finden sollte. Es war beides.
Einerseits war es gut, weil es somit vielleicht leichter für mich wäre, ihn zu vergessen.Aber andererseits war es schlecht, weil unsere beste Freundschaft nur wegen meiner dummen Gefühle für ihn zugrunde gehen musste.
In diesen Tagen wurde mir mal wieder bewusst, wie erbärmlich mein Leben eigentlich war.Nach drei Tagen ohne irgendeinen Wortwechsel ging ich, wie immer, frustriert zum Bus und fuhr nach Hause.
Zuhause ging diese gähnende Leere weiter, denn meine Eltern waren heute beide arbeiten. Ich war alleine und musste mich irgendwie beschäftigen, um nicht wieder in Tränen auszubrechen und mich selbst zu bemitleiden.
Erst machte ich mir ein schnelles Essen, danach begann ich mit den Hausaufgaben.
Doch irgendwann hatte auch ich nichts mehr auf. Seufzend lehnte ich mich auf meinem Stuhl zurück und sah minutenlang aus dem Fenster. Ich beobachtete die Bäume vor unserem Haus, deren Blätter nach und nach abfielen. Ein klares Zeichen von Herbst. Wieder geht ein Jahr zu Ende, wieder ist die schöne, fröhliche Zeit des Jahres vorbei.
Plötzlich klingelte es an der Tür. Ich zuckte zusammen vor diesem unerwarteten Geräusch, das die Stille durchbrach und brauchte ein paar Sekunden, um mich wieder zu fangen. Dann stand ich langsam auf und ging zur Tür.
Als ich sie aufriss setzte mein Herz aus.
Christian.
Was wollte er hier? Warum jetzt, wo ich gerade im Begriff war damit klarzukommen, dass er mich nicht liebt?
Ich wollte etwas sagen, doch als ich ihn sah, mit seinen verstrubbelten braunen Haaren und seinen bernsteinfarbenden Augen, stockte mir der Atem.
Wortlos trat er in den Flur und ich gewann plötzlich meine Stimme wieder.
'Was willst du hier?' fragte ich vorsichtig und darauf bedacht, nicht in seine Richtung zu sehen.
Er seufzte. 'Darf ich dich nicht mehr besuchen?'
Ich dachte darüber nach. 'Äh … doch.'
Ein paar Sekunden standen wir beide reglos da, bis mir einfiel, dass ich die Tür immer noch aufhielt, obwohl er schon längst im Flur stand. Zögernd schloss ich sie.
'Darf ich mir die Jacke ausziehen?' fragte er.
'Ja, klar.' Antwortete ich schon fast mechanisch und ging in die Küche. Dort angekommen, zappelte ich hysterisch herum, um mich abzuregen und ging danach zum Wasserkocher.'Willst du was trinken?' rief ich in den Flur und fing an, mir einen Cappuccino zu machen.'Nein danke.' Sagte er hinter mir; ich fuhr zusammen. Ich hatte gedacht, er wäre noch immer im Flur.
Ich schüttete das heiße Wasser in eine Tasse und rührte sinnlos darin herum. Nach einer Weile hielt ich es nicht mehr aus - ich drehte mich abrupt um. 'Ganz ehrlich, was ist los?''Ich will nicht, dass du denkst, dass du mir völlig egal bist.' beteuerte er und stieß sich von der Wand ab, gegen die er sich bis gerade noch gelehnt hatte.
'Glaub mir, du bist mir wichtiger als jeder andere Mensch den ich kenne.'
'Nein.' Fuhr ich flüsternd dazwischen.
'Du hast ja keine Ahnung.' murmelte er und lächelte. Sein Gesicht war schmerzverzerrt.Ich wollte gerade noch etwas fragen, doch dann fing er plötzlich an zu erklären. 'Ich habe dir ja schon erzählt, dass ich mich nicht so einfach von Nina trennen kann und möchte dir jetzt die naheliegenden Gründe dafür nennen … Also, Nina wohnt in einer Familie, in der sich die Eltern sehr oft und heftig streiten und das dann auch an ihren Kindern auslassen. Nina hat einfach zu wenig Aufmerksamkeit von ihnen bekommen und ist deshalb jetzt so 'zickig', wie ihr es nennt, und kann es nicht ertragen, von jemandem abgewiesen zu werden. Verstehst du, sie … fügt sich selbst Schmerzen zu, wenn es ihr schlecht geht und ich wüsste nicht, was sie machen würde, wenn ich mich von ihr trennen sollte.'
Er trat näher heran und sah mir in die Augen. 'Ich habe angst, schuld an etwas zu sein, wo ich Einfluss drauf habe.'
Jetzt war es wieder so weit. Meine Augen füllten sich mit Tränen, die langsam meine Wangen hinab glitten.
'Tut mir leid.' Murmelte ich und wendete. 'Gib mir nur einen Moment um mich zu beruhigen.'
Er tat es nicht. Schneller als vorher kam er wieder auf mich zu und drehte mich um, damit er mich umarmen konnte.
Jetzt stand ich dort, in seinen Armen und weinte. Mittlerweile gab ich mir keine Mühe mehr, es zurückzuhalten. Ich konnte es sowieso nicht.
Ich schluchzte an seiner Brust. Er ließ seine Hand beruhigend über meinen Rücken wandern und drückte sein Gesicht an mein Haar.
So unsinnig es auch war, aber plötzlich kam mir ein Gedanke. Mir war ganz egal, ob er danach wutentbrannt hinausrennen würde, ich wollte es einfach nur tun. Noch ein letztes Mal.Langsam hob ich meinen Kopf und sah ihn an. Seine Augen sahen traurig aus. Ich atmete einmal durch und legte dann sanft meine Lippen auf seine.
Er löste sich sofort von mir.
'Vanessa …' murmelte er, doch ich meinte zu hören, dass es unentschlossen klang.'Nein, warte.' Flehte ich und küsste ihn nochmal. Meine Hände legte ich an seine Haare. Diesmal dauerte es etwas länger, bis er den Kuss beendete.Vorsichtig ließ er mich los. 'Ich denke, ich sollte jetzt gehen.' Bestimmte er und machte sich bereits auf den Weg, seine Jacke zu holen, doch mein Geist war auf einmal so klar, dass ich ihm hinterherrannte und ihn aufhielt.
'Liebst du mich?' fragte ich entschlossen, und stellte mich vor ihn.
'Wir dürfen das nicht, Vanessa. Dafür habe ich dir gerade genug Gründe genannt.'
'Das beantwortet meine Frage nicht.' Bohrte ich weiter.
Keine Antwort.
'Bitte Christian, sag mir doch einfach, ob Gefühle für mich da sind oder nicht. Mehr will ich doch gar nicht wissen. Und selbst wenn es nur ein kleiner Funken von Zuneigung ist, damit wäre ich auch zufrieden.' redete ich schnell. Er drehte sich um, sodass ich sein Gesicht nicht mehr sehen konnte. Dann seufzte er schwer und wendete plötzlich wieder. Nicht mal zwei Sekunden später lag sein Mund auf meinem.
Erst war ich etwas verwirrt, doch später wusste ich, das ich nicht lange Zeit haben würde, diesen Moment auszukosten und drückte mich näher an ihn. Mein Blut kochte und fuhr schneller als je zuvor durch meinem Körper. Ich wühlte ihm durch seine Haare während er mich vorsichtig anhob. Wie selbstverständlich schlang ich meine Beine um seine Hüfte. Er trug mich die Treppe hinauf und lief dann weiter, bis wir in meinem Zimmer angekommen waren. Unsere Lippen lösten sich nicht einmal voneinander.
Zaghaft legte er mich aufs Bett und verweilte über mir. Er stützte sich links und rechts von mir ab, damit ich sein Gewicht nicht spürte. Ich wusste nicht, ob ich die Andeutung richtig verstanden hatte, denn mein Gehirn war zu benebelt um das zu verstehen. Doch ich versuchte, das Beste aus dieser Situation zu machen und ließ meine Hände langsam seinen Hals hinunter wandern, dann seine muskulöse Brust hinab, bis ich endlich an dem Saum seines T-Shirts angekommen war und schob es vorsichtig hoch.
Plötzlich legte sich eine warme Hand um meine Handgelenke. Er löste seine Lippen von den meinen.
'Warte' flüsterte er.
'Hab ich was falsch gemacht?' fragte ich verwirrt.
Er schwieg einen Moment, doch dann legte er seine Lippen beruhigend auf meinen Hals. 'Nein, hast du nicht.'
'Was ist es dann?'
Er sah wieder auf und blickte in meine grünen Augen. 'Lass es uns langsam angehen, ja?'
Mit einem Mal wurde mir klar, was ich gerade versucht hatte zu tun.
'Tut mir leid.' Murmelte ich beschämt.
Er gluckste. 'Das muss dir nicht leid tun. Es hätte nicht viel gefehlt, dann hätte ich dasselbe getan.'
Ich zog verwirrt die Augenbrauen zusammen.
Er seufzte und fuhr mit seinen Fingern über mein Gesicht.
'Auch wenn ich mich anders verhalten habe, musst du mir glauben, dass du der einzige Mensch bist, den ich liebe. Aber ich weiß nicht, wie ich mich von Nina trennen soll. Verstehst du, egal wie schonend ich es ihr auch beibringen würde, es bestünde immer die Gefahr, dass sie sich was antut.'Mein Herz begann wieder zu rasen. Liebte er mich wirklich genauso sehr wie ich ihn? Doch eigentlich war es egal, denn wir konnten so oder so nicht zusammen sein. Die Gründe dafür waren klar.
Der Siegestaumel, der in meinem Körper verweilt hatte, mischte sich nun mit Trauer.'Genau aus dem Grund wollte ich nicht jetzt mit dir darüber reden.' Murmelte er und küsste eine Träne weg, die mir über die Wange lief.
'Boah' grummelte ich vor Wut und blinzelte die restlichen Tränen weg. 'Das ich immer sofort heule. Ich bin so schwach.'
Er sah mich eindringlich an. 'Du bist nicht schwach.'
'Doch.'
'Guck dir doch an, was du schon alles die letzten Wochen durchgemacht hast ohne auch nur irgendein Anzeichen von Schwäche zu zeigen. Du bist jeden Tag tapfer zur Schule gekommen, auch wenn es jedes Mal wie ein Schlag ins Gesicht war, wenn du mich und Nina gesehen hast. Du hast versucht, nie zu zeigen, wie sehr es dich mitnimmt, mich mit einer Anderen zu sehen. Findest du das schwach?'
Ich verdrehte die Augen.
Vorsichtig legte er seine Lippen auf meine und strich mir über die Wange.
'Ich werde mich von ihr trennen.' Bestimmte er. 'Aber es wird noch einige Zeit dauern, bis es passiert, okay? Ich muss mir irgendwas einfallen lassen, damit es sie nicht zu schwer trifft.'
Ich nickte und sah in seine Augen. Würde morgen alles wieder von vorne anfangen? Würde ich wieder genauso mitgenommen sein, wenn ich die beiden sah? Bei dem Gedanken an die letzten Wochen zog sich mein Magen vor angst zusammen.
Er schien zu erraten, an was ich dachte und legte seinen Mund an mein Ohr.
'Du musst mir glauben, dass ich nicht annähernd dasselbe fühle wie bei dir, wenn ich sie küsse. Denk immer daran: Ich liebe dich.'
'Ich liebe dich auch.' Flüsterte ich und drückte meine Lippen an seine Wange.
Langsam richtete er sich auf und zog mich mit, um mich dann zu umarmen.
'Es tut mir so leid, dass ich dich verletzt habe.' Murmelte er und küsste sanft mein Schlüsselbein. Mein Verstand verabschiedete sich wieder.
'Es ist egal.' War das einzige, was ich mühevoll herausbringen konnte.
Er hob seinen Kopf. 'In den letzten Tagen ist mir auf einmal klar geworden, wie sehr ich dich liebe … und brauche. Ich hätte nicht gedacht, dass ich diese Gefühle noch einmal für dich entwickeln könnte, doch als ich dich gesehen hab, wie du versucht hast deine Trauer zu unterdrücken …' er schüttelte den Kopf. 'Da ist auf einmal alles wieder hochgekommen. Ich konnte nicht einfach zusehen, wie du innerlich kaputt gehst.'
Ich war gerührt von seinem Geständnis und hatte auf einmal das starke Bedürfnis, ihn zu berühren. Ich hob meine vor Aufregung zitternden Finger und zeichnete mit ihnen sanft seine Lippen nach.
'Jetzt geht es mir gut.' Munterte ich ihn auf und es stimmte. Wenn ich nicht daran dachte, dass er eigentlich noch vergeben war, war alles okay.
'Ich werde versuchen, es so schnell wie möglich hinter mich zu bringen, ja?' versprach er und küsste meine Wange.
'Ja.' Murmelte ich und drehte sein Gesicht so, dass ich seine Lippen berühren konnte.







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