Die Stille, die uns umgibt

Autor: me (2)
veröffentlicht am: 30.01.2009




tut mir leid, dass es lange gedauert hat...Schreibblokaden kennen wohl alle ;)freue mich über Kommis :))))))) LG

Energisch schüttele ich den Kopf. Ich sollte endlich aufhören mich in irgendwelche Tagträume mitten auf der Straße zu versetzen, sonst würd ich eines Tages wirklich im Leichenschauhaus enden, wie Ma es mir immer wieder prophezeite, seit sie erfahren hatte, dass ich rauche.
Ich drehe mich um, in der Hoffnung den Blick des jungen Mannes noch einmal erhaschen zu können, doch er lächelte bereits freundlich und nichtssagend einer älteren Dame zu. Einem weiteren Gesicht unter vielen, das nicht länger als für den Bruchteil einer Sekunde in seinem Gedächtnis verweilen würde.
Jetzt fange ich schon wieder damit an.
Ohne mich weiter um die mich umgebenden Menschen zu kümmern steuere ich den Weg zu unserer Wohnung an.
Fünf mal die Woche und zweimal am Tag überquere ich diese laute und von Menschen überbevölkerte Straße, gehe in die Innenstadt, zu dem kleinen Italienischen Restaurant, über dem sich unsere Wohnung befindet.
Wie immer bei gutem Wetter ist es rappelvoll, überall sieht man hungrige und durstige Gesichter; Herren, die sich mit einer Serviette den Schweiß von der Stirn abwischen, Kinder, die kreischend um ein Eis betteln und junge Frauen, die sich kichernd über ihre Lovestorys von letzter Nacht unterhalten.
Im Prinzip verläuft alles so wie jeden Tag.
Vorsichtig, um nicht jemandem auf die Füße zu treten, gehe ich Richtung Küche um dem genervten Giovanni (Chefkoch und Besitzer in einem) ein fröhliches 'Hallo' zu sagen, und mir ganz nebenbei mein Mittagessen zu holen. So wie ich Ma kenne, steht zu Hause nichts auf dem Tisch, und im Kühlschrank höchstens ein paar abgelaufenen Joghurts.
'Kannst du schnell essen und dann hier ein bisschen helfen? Vita hat sich krank gemeldet und Carlo muss noch zur Werkstatt und du siehst ja, wie voll der Laden ist!', schreit mir Giovanni noch hinterher. 'Nur wenn du mir nach dem Feierabend deine leckeren Tortellini machst!', brüll ich zurück. 'Du bekommst auch einen Vanillepudding mit heißen Kirschen hausgemacht, aber beeil dich!'
Grinsend steige ich die Treppe zu unserer Wohnung hoch. Giovanni ist echt der beste. Sein hausgemachter Vanillepudding ist das leckerste Gericht, was ich je probiert habe, das dumme ist, Giovanni will mir einfach nicht das Rezept verraten. Ich denke an den Tag zurück, an dem Ma und ich hier eingezogen sind. Aus einem großen Haus auf dem Land in eine 3 Zimmerwohnung in der Innenstadt, ihr könnt euch sicherlich vorstellen, was für ein krasser Gegensatz das war, zu dem auch noch über einem Restaurant, es hat ein ganzes Jahr gedauert, bis ich mich an den ständigen Lärm gewöhnt habe.
Ma war kaum zu Hause anzutreffen, sie war auf Arbeitssuche Non-Stop, und somit war es mir überlassen die Wohnung auch nur im entferntesten heimisch zu machen. Di e Wände waren kahl und die Atmosphäre entsprach einem ausgestorbenen Platz. Mit meinen 13 Jahren machte ich schnell Bekanntschaft mit Giovanni. Er zieht mich immer noch gerne damit, wie ich mich vor ihm in seinem Restaurant aufgebaut hatte um einen Deal vorzuschlagen. Er sollte mir beim Möbeln aufstellen und -transportieren helfen, als Gegenleistung wäre ich seine kostenfreie Aushilfskraft.
Und irgendwie ist er dann praktisch zum Familienmitglied geworden, der Ma und mich ständig mit Essen versorgt.
Wie ich es erwartet hatte, steht im Kühlschrank nur eine leere Milchpackung und eine langsam vor sich hin faulende Banane. Wie immer sind wir beide zu faul, um einkaufen zu gehen und die abgelaufenen Lebensmittel wegzuschmeißen. Muss wohl an den Genen liegen.Hastig schlinge ich die Makkaroni runter, die übrigens ausgezeichnet schmecken, und bin auf dem Weg nach unten.
Pablo, Giovannis Neffe(ich weiß, der reinste Familienbetrieb hier), reicht mir eine Schürze rüber, die ausnahmsweise keine Kaffeeflecken aufweist und schubst mich in Richtung des Tisches, an dem der Herr mit der schweiß-Stirn und der schweiß-Serviette sitzt. Bei meinem Anblick ist der arme Kerl glatt am Hyperventilieren, weitere Schweißtropfen entspringen den arbeitsfreudigen Schweißdrüsen auf der Glatze und laufen ihm den Niagarafällen ähnlich über die rot glühenden Backen.
Also grundsätzlich bin nicht so gehässig, vor allen Dingen, wenn es um Leute geht, die ich gar nicht kenne, der Blick dieses Mannes jedoch löst ihn mir großen Eckel aus. Auf seiner Stirn scheint dick und fett zu stehen 'Frischfleisch, ich komme!'. Wobei man das nun auch auf vielerlei Weisen deuten kann. Trotzdem muss ich freundlich lächeln und ihn höflich fragen, was er denn gerne hätte (zum Beispiel Ei am Spieß). Wie nicht anders zu erwarten, bestellt er bloß ein weiteres Glas Bier.
Nach dem Ben, der Bartyp, mir das Glas gefüllt und gegeben hat, schnappe ich mir Pablo, der mit einer hübschen kleinen Blondine von dem Love-Story-Tisch flirtet. Ohne auf sein protestierendes Aufstöhnen zu achten drücke ich ihm das Tablett in die Hand. Heute ist mal ein Tag an der Reihe, an dem ich mal nicht alle Bäh-Kunden abbekomme.
So schweift mein Blick im Cafe umher, als mir plötzlich eine bekannte Gestalt ins Auge sticht.
Es ist der hübsche junge Mann, der vorhin bei der Ampel….was solls, wen interessiert es noch, wer erinnert sich schon an den? Genau, ich. Okay, kommen wir noch einmal zu diesem Mann. Im Sitzen kann man seine Größe nicht erkennen, aber ich hab ihn so ca. 1,80 in der Erinnerung, kann aber auch kleiner oder größer sein, das ist schon so eine Sache mit dem Schätzen… , und sein Alter, irgendwas zwischen 20 und 30…auch sehr
aufschlussreich…Naja, dies sind aber auch Dinge, die man Später, wenn man sich denn näher kennen gelernt hat, durch Fragen, Messen oder sonstiges, herausfinden kann, wenn man sich denn überhaupt Näher kennen lernt. Auf jeden Fall sieht er sehr, wenn man jetzt männlich sagen würde, würde man überhaupt nichts sagen, weil es für jeden eine andere Definition für 'männlich' gibt, aus. Also, er sieht reif aus, kein Milchbubi, der grade den Kinderschuhen entwachsen ist und meint er müsste den coolen Boy markieren. Obwohl ihm seine schwarzen kurzen Haare, die ihm wirr vom Kopf stehen, etwas unglaublich jugendliches verleihen.In einem Mittelalter-Roman würde jetzt stehen 'sein Körper war für die pure Sünde geschaffen'.
Stimmt auch, er trägt, naja, was er unten trägt kann ich wegen dem Tisch nicht erkennen, aber das weiße Hemd, das bis zur Brust aufgeknöpft ist, steht ihm ausgezeichnet. Bei jeder Bewegung schmiegt sich das Hemd an andere Stellen seines Körpers, an denen man deutlich die Umrisse seiner Muskeln sehen kann. Wenn ich ihn weiter so anstarre, kann ich mich gleich an den Tisch der jungen Mütter setzen und die Tischdecke nasssabbern, in der Hoffnung, dass auch mein nächstes Kind sein Ebenbild ist. Okay, ich hab ja gar kein Kind, will ich auch jetzt nicht unbedingt haben, aber der Ausdruck 'ich bin die Deine' ist in vielen Gesichtern mehr als nur andeutungsweise lesbar.
In dem Augenblick wo meine Augen zu seinem Gesicht wandern, blickt er auf und guckt mir in die Augen. Es sind schöne Augen, nette Augen, funkelnde Augen, grüne Augen. Augen , die bis hinab in die Seele eines Menschen blicken können, was sie bei mir aber leider nicht taten. Schade.
Er lächelte mir ebenso freundlich wie nichtssagend. (Wobei man bemerken muss, dass er volle, schöne Lippen hat, so für Ferrero Küsschen-Werbung gedacht:'Guten Kellnerinnen gibt man gern ein Küsschen…oder 2, oder 3??')
Leide erkennt er mich nicht, die Menschen müssten sich einem langsameren Lebensrhythmus anpassen, sie verpassen einfach zu viel.
Eigentlich würde ich gerne diesen jungen Mann gerne bedienen. Aber Pablo kommt mir zuvor, hat man eben davon, wenn man mit offenem Mund rumsteht und Löcher in einen heißen Typen starrt.
Seufzend beuge ich mich zu einem etwa 10-, okay, solche Pickel können nur Teenager haben, 13-jährigem Mädchen und schreibeihre Bestellung auf. Wie es aussieht möchte sie ihren Vater, zumindest nehme ich an, dass dieser schuldbewusst dreinblickende Herr ihr Vater ist, ruinieren. Falsche Taktik Kindchen, wenn du ihn erstmal ruiniert hast, dann ist nix mehr mit Bananensplit und Eisschokolade und heißer Schokolade und zehntausend weiteren Eissorten.Nachdem der Vater den Hunger seines Eisliebhabers gestillt hat und sie endlich gegangen sind, schweift mein Blick wieder zu dem jungen Mann rüber, doch dieser ist mittlerweile nicht mehr da.
Enttäuscht fahre ich mit meiner Arbeit fort. Nach ca. 3 Stunden hat sich der Raum gelichtet und Carlo war auch wieder aus der Werkstatt zurück, so entließ mich Giovanni mit dem Versprechen nach Ladenschluss vorbeizukommen.
Froh endlich diesen Gesichtern zu entfliehen, die mich heute alle gleichermaßen reizten, stellte ich mich unter die kühle Dusche. Das Wasser bringt den Körper dazu sich zu entspannen, und eine wohlige Ruhe breitet sich überall aus.
Bei Ruhe fällt mir sofort Davina ein, und dass wir abends ausgehen wollten. Mist, das wars dann wohl mit Giovannis leckerem Essen…obwohl.
Mein Handy liegt, oh Wunder, tatsächlich mal auf dem Schreibtisch, ein paar Sekunden später hört man auch schon das Piepen und dann eine freundliche Stimme am anderen Ende. 'Hallo?'
'Wie wäre es, wenn du zu mir kommst und Giovanni uns ein leckeres Abendessen macht und wir dann irgendwohin gehen?', falle ich sofort mit der Tür ins Haus.
'Hallo Li! Wie wäre es wenn du mal zuerst dein Handy die Funktion 'Nummer unterdrücken' abschalten würdest und zur Abwechslung selber versuchst zu Kochen?''Wozu? Giovanni würde eh alles wegschmeißen in der Annahme die verwendeten Lebensmittel hätten das Verfallsdatum überschritten! Und du weißt ja selber auch, dass wenn Unbekannt anruft, es nur ich sein kann!'
Dav kann sich ein Lachen nicht verkneifen. 'Diese Sorge hätt ich an Giovannis stelle auch, wenn er kocht, muss sich wenigstens keiner Sorgen darum machen, in der Notaufnahme zu landen.'
Sie wird mir das noch vorhalten bis ich alt und grau und kleinkariert bin. Vor einem halben Jahr wollte ich sie zum Geburtstag mit einem selbstgebackenen Kuchen überraschen...leider konnten sich nicht alle Zutaten ihrer ersten Lebensfrische erfreuen, somit landete Davina in der Notaufnahme und ich schwor mir, dass es mein erstes und allerletzes Mal am Herd war.'Also, was ist? Obwohl….heute ist Freitag…da hat Giovanni bis 24 Uhr auf…Wie wärs mit einem gemütlichen Abend vor dem Fernseher, leckeren Tortellini und als Nachtisch Vanillepudding mit heißen Kirschen?' Selbst mir lief dabei das Wasser im Mund zusammen.'Aber denk bloß nicht, dass es an deinen Überredungskünsten liegt!'







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