Stürmisch

Autor: Mietze
veröffentlicht am: 19.10.2008




Der Motor schnurrte und das Auto setzte sich ruckartig in Bewegung. Ich zuckte leicht zusammen, als es ein wenig zu nah an den Abhang kam. Plötzlich spürte ich etwas Warmes an meiner vom Wind kalten Hand.
Thomas hatte sie ergriffen und fragte flüsternd, während er seinen Arm um meine Schulter legte: 'Ist dir kalt?'
'Schon ein bisschen', antwortete ich, 'Aber wir können ja jetzt eh hinein gehen'.
Ich streifte seinen Arm ab und lächelte ihn an um nicht unhöflich zu wirken und ging wieder ins innere der Hütte. Auch die übrigen Schüler folgten mir.
'Und? Was machen wir jetzt?', fragte Lisa als niemand etwas bestimmtes tat.
'Wir können ja was spielen', schlug ich begeistert vor.
'Was willst du denn spielen?', fragte Markus garstig.
'Also ich wüsste da schon etwas', sagte Emanuel und blickte vielsagend zu Carmen und Martina.
Markus murmelte etwas Unverständliches und starrte dabei erbost auf den Holzfußboden.'Wieso spielen wir nicht 'Wahrheit oder Pflicht'?', schlug Thomas vor.
Besonders gern möchte ich dieses Spiel nicht, es endete nie gut. Entweder jemand musste etwas so schreckliches tun, das danach keiner mehr weiterspielen wollte, weil er Angst hatte etwas ähnlich Schlimmes tun zu müssen, oder es wurde wahnsinnig langweilig. Ich hatte dieses Spiel jedoch noch nie mit meinen Klassenkameraden gespielt und stimmte zu, da ich doch dachte es würde interessant werden. Auch alle anderen Stimmten zu und wir setzten uns im Kreis auf den größten Teppich.
Ich saß zwischen Tamara und Thomas. Rechts neben Thomas saß Lisa, neben ihr Markus, dann Carmen. Links von Tamara saß Martina, neben ihr Emanuel und daneben wieder Carmen.
'Eine Flasche brauchen wir noch', sagte Thomas als sich alle gesetzt hatten.
Martina erhob sich, ging zu ihrem Rucksack, holte eine Flasche heraus und setzte sich wieder in den Kreis. Sie schraubte den Deckel der noch vollen Bacardiflasche ab und trank einen großen Schluck.
'Ich habe eigentlich eine Leere gemeint', bemerkte Thomas.
'Dann machen wir sie halt leer', meinte Martina und reichte sie ihm. Auch er nahm einen ausgiebigen Schluck und reichte sie dann mir. Ich setzte meine Lippen an den Flaschenhals und tat so als ob ich trank. Ich wollte nicht betrunken von unsrer Lehrerin aufgefunden werden. Niemand merkte was ich getan hatte, außer Tamara und sie tat es mir gleich. Die Flasche ging durch die Runde und als sie schließlich bei Lisa angelangt war, war sie leer. Lisa regte sich natürlich wahnsinnig darüber auf, doch wir lächelten sie nur alle, mehr oder weniger beschwipst an.
'Dann können wir jetzt ja anfangen', sagte ich.
'Gleich, ich hol nur noch die Zweite', sagte Martina und ging erneut zu ihrem Rucksack.Ich verdrehte die Augen und blickte zu Tamara. Sie aber lächelte nur ein Das-wird-sicher-ein-lustiger-Abend Lächeln.
Als Martina zurück war gab sie die Flasche sofort Lisa, die sie nachdem sie getrunken hatte nicht sofort weiter reichte.
Ich nahm die leere Bacardiflasche und legte sie in die Mitte des Kreises.
'Wer fängt an?', fragte ich.
'Immer der der fragt!', sagte Carmen grinsend.
Also drehte ich die Flasche. Sie hielt bei Martina.
'Wahrheit oder Pflicht?', fragte ich.
'Wahrheit', antwortete sie und sah mich eindringlich an.
'Wie hast du es geschafft zwei Flaschen Bacardi an der Rucksackkontrolle von der Wachter vorbei zu schummeln?', war schließlich meine Frage.
'Vier', meinte sie, 'Vier Flaschen Bacardi. Die anderen sind in Emanuels Rucksack. War eigentlich einfach. Emanuel hat ein Fach ganz unten im Rucksack, da hat er die Klamotten drüber gehabt und ich hab gesagt die Tüte mit den Flaschen, wären Binden, Tampons und Wegwerftüten, weil ich meine Tage so stark habe'. Sie lächelte und griff nach der Bacardiflasche, die sich jetzt in Thomas Hand befand.
'Du hattest deine Tage, doch letzte Woche, als wir in Bodenturnen gemacht haben', warf Lisa, naiv wie sie war, ein.
'Mmh…Ja', meinte Martina und drehte die leere Flasche auf dem Boden.
Sie blieb bei Markus stehen.
'Wahrheit oder Pflicht?', fragte sie interessiert.
Markus seufzte und sagte: 'Pflicht, aber nur wenn es nichts zu blödes ist'.
'Ja, ok', sagte sie widerwillig, 'Du musst deinen Pulli ausziehen und so bleiben, damit wir deinen Luxuskörper bewundern können. Ist das in Ordnung?'
'Ich werde es überleben', sagte er und zog den Pullover über den Kopf. Plötzlich begannen Martina, Carmen und Lisa zu pfeifen.
'Ich hab ja gar nicht gewusst was für tolle Brustmuskeln du hast', meinte Carmen bewundernd. Ich bemerkte wie ihm das Blut in den Kopf schoss.
Bei dem bloßen Anblick von nackter Haut wurde mir kalt. Es war so schnell kalt geworden, dass mir erst jetzt auffiel wie sehr ich fror.
Markus beugte sich vor und drehte die Flasche.
Sie blieb bei Emanuel stehen.
'Wahrheit oder Pflicht?', fragte Markus und er wirkte enttäuscht.
'Wahrheit', antwortete Emanuel selbstbewusst.
'Bist du noch Jungfrau?', war seine Frage.
'Nein', sagte Emanuel lachend, 'Du etwa?'
Markus antwortet nicht und es entstand eine unangenehme Stille.
'Er ist nicht derjenige der gefragt wird', sagte ich, 'Aber du könntest jetzt einen auswählen'.Er drehte die Flasche.
Sie blieb bei Carmen stehen.
'Wahrheit oder Pflicht?', fragte er grinsend.
'Wahrheit', sagte sie ein wenig bedrückt.
'Bist du noch Jungfrau?', fragte Emanuel und warf einen auffordernden Blick zu Markus hinüber. Dieser richtete sich auf und wollte ihn gerade angreifen, als plötzlich ein lauter Donner die Hütte erschauern ließ.







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