Sven und Marie Teil 7

Autor: adamina
veröffentlicht am: 15.11.2008




Drei Wochen vergingen wie ein langer Alptraum, doch obwohl ich diesen Ort hasse, erfüllt es mich mit Trauer ihn zu verlassen. Drei Wochen lang ließ ich Tests über mich ergehen, ich sprach mit Psychologen und wartete ungeduldig auf irgendein Ergebnis. Man sollte mich hier heilen, man tat es nicht, und man wird es wohl niemals. Die Heilung hängt anscheinend von mir ab, sagte man mir. Klar doch, leicht gesagt, ich muss es nur wollen. Mein Augenlicht ist noch nicht zurück. Zu früh, heißt es, ich sei zu ungeduldig. Zu spät, denke ich dabei nur. Ich habe Angst, und mir ist ständig kalt.
Ich bleibe den ganzen Tag in meinem Zimmer eingesperrt, es gibt keinen Tag mehr für mich. Du solltest raus gehen, das Wetter ist wundervoll, der Schnee fast geschmolzen, die Sonne scheint und die Blumen werden bestimmt bald blühen!? meint Cathy gezwungen heiter. Ich murmele nur Danke ich ziehe die Heizung in meinem Zimmer vor.? Die Sonne die ich so liebte, ist nun zu einer Wärmequelle wie jede andere geworden, ein Kamin, eine Heizung nichts anderes. Ich habe die Geräusche und Düfte meines Zimmers lieber als Schneematsch und Wind. Der Duft des gewachsenen Schreibtisches und meiner alten Bücher, tröstete mich und hielt mich von meinen eigenen Ängsten fern. Ich kenne meinen Schrank, mein Bett, meine kleine Kommode und meine Bücherregale. Bücherregale! Was bringen alle Bücher dieser Welt, mit ihren Ideen, ihren Gefühlen, ohne Augenlicht? Jetzt sind es für mich leere Gegenstände, tote Reliquien und ... blind, für die Realität.
Soll ich dir etwas vorlesen? Verlaine? Nerval?? schlägt Cathy vor. Sie kennt meine Lieblingsautoren, aber aus ihrem Mund klingen Liebesgedichte schamlos oder unbedeutend. Ich selber liebe es bei jedem Vers anzuhalten und dessen Eindruck auf mich einwirken zu lassen.
Sein Blick gleicht dem der Statuen
Seine Stimme klingt als wäre sie weit, ruhig und tief
Sie hat den feinen Ton vergangener Lieben, die nun nicht mehr sprechen.?
Danke Cathy, ich höre lieber Musik.? Ich setze die Hörer auf und höre stundenlang die Cranberries, Walter O?Connor oder Dirk Campbell. So verbringe ich meine Tage, getrennt von jeder Realität, von allen Illusionen.Ich glaube Cathy nicht mehr, mein Fall ist doch ganz offensichtlich, ich bin blind. Hoffnungslos! Papa, ist wieder einmal verschwunden. Er ist wieder das geworden , was er immer war: ein Schatten in unserem Leben. Er ist ein Informatikgenie und bereist die Welt um zukünftige Sklavengenerationen auszubilden. Seine besten Schüler werden später mit einer Maschine verkabelt und bemühen sich den menschlichen Geist, dessen Fantasie und Kreativität entweder zu erklären oder zu kopieren.
Sobald er da ist, ist er ein zärtlicher Mann, ruhig, großzügig, Cathys Temperament erstickt ihn und lässt ihn unscheinbar und langweilig wirken. Er vermeidet es mit ihr zu streiten, gibt ihr systematisch recht, er schafft es immer einen Bildschirm zwischen sich und die Welt zu stellen. Für mich ist die Welt und ein leerer Bildschirm inzwischen das selbe.
Ich wage es nicht an Sven zu denken. Er ist immer da, tief in mir ist er immer irgendwie präsent, doch die Erinnerung an sein wunderbares Gesicht schmerzen mehr als die gelegentlichen Migräneschübe die ich noch immer ertragen muss.
Der Einzige der mich noch aufbauen kann ist Yves, der einzig Ehrliche. Er weiß dass ich mich auf ihn verlassen muss, egal was passiert. Mit Cathy ist das unmöglich, sie bemitleidet mich, sie will meine Augen ersetzen, aber nicht helfen ohne sie klar zu kommen. Mit ihr bin ich sehbehindert. Behindert... mit Yves habe ich einen Verbündeten, er versteht mich ,oder versucht es zumindest.
Ich habe ihn die Bodenleiste aufmachen lassen, darunter befinden sich meine Tagebücher, selbstgeschriebene Gedichte, Briefe, die ich nie abschicken werde. Briefe für Sven. Ich bitte Yves sie zu verbrennen. Bist du sicher?? fragt er Natürlich!? meine Hand sucht seine, Aber bitte lies sie nicht.? Er murrt beleidigt dass ich das nicht extra hätte betonen müssen. Seine Hand streicht meine Wange und verschwindet. Er steht auf und erst als er an der Tür ankommt sagt er noch. Ich habe die Proben für die Schwarze Königin gesehen, soll ich dir erzählen wie?s so läuft.? Ich wünschte es zu wissen. Wie kommt mein Stück voran, wie schaffen sie es mit acht Schauspielern, haben sie noch jemanden gefunden der die schwarze Königin spielt? Aber in diesem Fall müsste Yves mir auch zwangsläufig von Sven erzählen. Ich seufze Ein anderes Mal vielleicht.? Ich setze meine Kopfhörer auf, und, wie jeden Tag, versinke ich durch die irische Musik in meiner eigenen Verzweiflung.
Diese Musik hat etwas reißendes, etwas zerreißendes, das mich langsam wiegt und mich schliesslich beruhigt. Ich versinke in meiner eigenen Nacht, die immer anhält, ohne jemals Tag zu werden. Immer tiefer versinke ich in ihr.







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