Kribbeln unter der Haut Teil 9

Autor: Yana
veröffentlicht am: 07.09.2008




Kapitel 8
'Lass es dir schmecken.' Jerker stellte das vollbeladene Tablett auf meinen zugedeckten Schoß. Gierig schnappte ich mir ein trockenes Brot und biss hinein. Die Mühen, es mit Butter zu beschmieren und Wurst darauf zu legen, sparte ich mir. Stattdessen aß ich alles einzeln.'Wenn du noch mehr willst, brauchst du es nur zu sagen. Ich kann noch holen.'
Ich schüttelte den Kopf und biss in den Apfel. 'Nein danke. Ich glaube das reicht. - Vorerst.''Hat deine Mutter vor,, dich ewig hier einzusperren?'
'Ich will's nicht hoffen.'
'Was hast du eigentlich zu ihr gesagt, dass sie so wütend wurde?'
Ich legte den angebissenen Apfel weg und rührte im Kaffee. 'Ich habe ihr meine Meinung über sie mitgeteilt. Jedenfalls zum Teil.'
'Oh.' Jerker ließ sich auf das Bettende sinken. 'Das war sicher nicht gerade erfreulich für sie.'
'Nein, im Gegenteil. Aber sie ist doch selbst Schuld…'
'Sie ist auch nur ein Mensch, Catherine.', unterbrach mich Jerker und sah mich
durchdringend an. 'Auch wenn es dir vielleicht noch nicht aufgefallen ist. Aber sie hat auch Gefühle, die verletzt werden können.'
'Hältst du jetzt zu meiner Mutter, oder wie?', fragte ich verärgert und trank einen Schluck von dem heißen Getränk.
'Nein tue ich nicht, Catherine. Ich sagte nur, dass deine Worte sehr wahrscheinlich verletzend für deine Mutter waren. Schließlich wollte und will sie immer nur das Beste für dich.''Sie hat mich verdammtes Miststück genannt. Und gemeint, ich solle mich zum Teufel scheren. Das klang nicht so, als hätte ich sie verletzt. Jedenfalls nicht ihre Gefühle. Eher ihren STOLZ.'
'Sie ist nun mal kein Mensch, der Gefühle der Schwäche ans Licht lassen.'
'So? Und du kennst meine Mutter so gut, dass du das behaupten kannst?'
'Nein, das nicht, aber…'
'Hör zu Jerker. Ich kenne meine Mutter schon mein ganzes Leben lang. Ich kann dir sagen, warum sie keine Gefühle zeigt. Weil sie nämlich keine mehr hat!'
'Und du bist dir sicher, dass du sie kennst?'
'Natürlich.', grunzte ich weiter ärgerlich und aß den restlichen Apfel. 'Oder willst du jetzt behaup-ten, dass ich sie gar nicht kenne, sondern nur glaube sie zu kennen?' Jerker öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch ich wischte seine Worte mit einer lässigen
Handbewegung fort. 'Spar dir deine Worte in der Richtung, Jerker. Ich kenne meine Mutter.'
'Wenn du dir so sicher bist, will ich dir nicht wiedersprechen.' Jerkers Miene war unergründlich.
'Hm.' Ich aß die restliche Wurst auf und seufzte. 'Das war gut. Ich glaub noch ein paar Stunden länger ohne Essen, und ich wäre verhungert.'
Mit nachdenklicher Miene erhob sich Jerker und nahm das Tablett von meinem Schoß. 'Ich bring es mal runter.'
Leise schloss sich die Tür, als Jerker mein Zimmer verließ.
Entschlossen sprang ich auf und zerrte wahllos irgendwelche Kleider aus meinem Schrank und zog sie an. Doch dann überlegte ich es mir anders, zog mich wieder aus, streifte meinen Bikini über und zog meine Reitsachen an. Anschließend öffnete ich leise meine Zimmertür und lugte hinaus. Alles frei. Auf leisen Sohlen schlich ich auf den Flur, schloss die Tür hinter mir zwei Mal ab und schlüpfte die knarrende Treppe hinunter.
'Jerker?', flüsterte ich und lugte in die Küche. Er stand an der Theke gelehnt und starrte aus dem Fenster. Er schien gedankenverloren zu sein. An was er wohl dachte?
Entschlossen, Jerker nicht ewig anzustarren, räusperte ich mich. Keine Reaktion. 'Jerker?' Diesmal klang meine Stimme etwas lauter. Jedoch rührte er sich immer noch nicht.Ich ging zu ihm und tippte ihm auf die Schulter. Doch statt erschrocken zu mir herumzufahren, drehte er sich nur langsam zu mir um und starrte mich verwirrt an. Seine Augen schienen leer.
'Jerker? Alles klar mit dir? Jerker???' Ich wurde unruhig. 'JERKER???'
Er schüttelte den Kopf und als er mir anschließend wieder ins Gesicht schaute, waren seine smaragdgrünen Augen wieder klarer. 'Äh… jaja alles klar.'
'Sicher?'
'Klar.' Er grinste mich schief an. Jedenfalls versuchte er es. Doch stattdessen wirkte sein sonst so fröhliches und freches Grinsen wie eine Grimasse.
'Ich wollte dich nur fragen, ob wir schwimmen gehen wollen? Ich dachte, dass heute der geeignete Tag dafür wäre…'
'Hast du nicht Zimmerarrest?'
'Schon. Aber ich habe nicht vor, zu versauern.' Unsicher zuckten meine Mundwinkel nach oben. 'Also was ist? Hast du Lust?'
'Okay, ich geh mich umziehen. Wir treffen uns dann am Stall, ja?'
Ich nickte.

'Kannst du Stern absatteln und den Sattel dann über einen Ast hängen, bitte?'
'Kein Problem.'
Ich selbst machte mich daran, Satan abzusatteln.
Nach fünf Minuten waren die Pferde versorgt und die Handtücher auf dem Gras ausgebreit.Ohne zu zögern streifte sich Jerker sein Shirt und seine Hose vom Körper.
'Was ist? Willst du dich nicht auch ausziehen?' Grinsend setzte er sich auf sein Handtuch. Er schien wieder normal.
'Äh doch…' Innerlich ärgerte ich mich über mich selbst. Was war an Jerkers Körper schon so toll, dass ich ihn dauernd anstarren musste?
Rasch zog ich mich aus. (Den Bikini ließ ich natürlich an!!!).
Ich spürte Jerkers Blick auf mir. Er pfiff durch die Zähne. 'Sexy, sexy.'
'Ach spar dir deine Kommentare, Jerker.' Ich holte die Sonnencreme aus der Satteltasche und setzte mich neben Jerker.
'Ich wollte dir nur ein nettes Kompliment machen.' Er klang gekränkt. Ich warf ihm einen prüfenden Blick zu.
'Damit machst du mich aber verlegen.', antwortete ich ehrlich.
'Das stört mich nicht.' Gut gelaunt legte er sich hin.
‚Mich aber', dachte ich und fing an, meine Beine einzucremen.
'Soll ich dir den Rücken einschmieren?', fragte Jerker.
Nachdenklich starrte ich auf die Verpackung der Sonnencreme. 'Meinetwegen.' Ich drückte sie ihm in die Hand. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass er aufstand und sich hinter mich setzte, sodass seine Beine jeweils rechts und links neben mir waren.
Unbehaglich kaute ich auf meine Lippen. ‚Ihr seid Freunde, Catherine.' Ich spürte, wie Jerker die kalte Milch auf meinen Rücken laufen ließ. Dann seine warme Hand, die in gleichmäßigen Bewegungen anfing, sie zu verteilen. (Da ich ein Bikini hatte, den man oben um den Nacken festband, war er nicht im Weg).
Ich hörte Jerker leise auflachen. Er verübte mehr Druck auf meinen Rücken aus und fing an meine Schultern zu massieren. 'Du bist total verkrampft.', erklärte er.
'Bin ich gar nicht.', wiedersprach ich und wollte aufspringen. Doch er war schneller und zog mich zurück auf den Boden. 'Doch bist du. Kommt wahrscheinlich vom Stress mit deinen Eltern.' Er klang belustigt. 'Versuch die zu entspannen und sei einfach ruhig, okay?''Meinetwegen.', murmelte ich.
Seine Finger bewegten sich in einem gleichmäßigen, immer stärker werdenden Strom von Kraft. Der starke, jedoch sanfte Druck auf meine Muskeln löste ein wohliges Gefühl in mir aus. Ich merkte, wie ich mich entspannte. Meine Augen schlossen sich, langsam döste ich ein.Ein Lachen drang von weither in mein Bewusstsein, dann eine Stimme. 'Hey, nicht einschlafen.' Die warmen, kreisenden Bewegungen auf meinem Rücken und Nacken verschwanden.
Unzufrieden öffnete ich die Augen und setzte mich wieder aufrecht auf. 'Hättest du nicht noch ein wenig weiter machen können?'
'Schätzt du so meine Nähe?'
Ich schüttelte den Kopf. 'Du kannst einfach gut massieren.'
'Du bist nicht die Erste, die das sagt.'
Ich warf ihm über meine Schultern einen belustigten Blick zu und stand auf, bevor er noch etwas erwidern konnte. 'Ich geh jetzt schwimmen.'
Mit federnden Schritten ging ich zu dem türkisfarbenen Wasser. Es sah herrlich verlockend aus. Die Bäume, die sich am Rand des Sees säumten, spiegelten sich leicht auf der Wasseroberfläche. Die Sonne stand direkt über dem See, strich mit ihren warmen Strahlen über die Spiegelung der Bäume und spiegelte sich als einen hellgelben, fast weißen Feuerball mitten im See wieder.
Langsam machte ich einige Schritte in das kühle, erfrischende Wasser. Da das Ufer Steil abfiel, stand ich schon nach einigen Zentimeter bis zur Hüfte in dem See. Mit einer geschmeidigen Bewegung tauchte ich unter und schwamm hinaus. ‚Hinaus ins Weite.'Schon nach einigen Metern schrie meine untrainierte Lunge nach Luft. Doch ich schwamm weiter. Erst, als ich mir fast sicher war, zu ersticken, tauchte ich auf. Schnaufend strampelte ich mit den Beinen, um an der Wasseroberfläche zu bleiben. Ich schaute in die Richtung, aus der ich gekommen war und entdeckte Jerker, der bis zur Hüfte im Wasser stand und zu mir rüber schaute. Seine schwarzen Haare fielen ihm ins Gesicht. Er machte eine ruckartige Kopfbewegung, um freie Sicht zu bekommen. Dann machte er einen Satz nach vorne und das Wasser verschlang seinen Körper.
Ich wusste nicht wie viel Zeit verstrich. Ich wusste nicht, wie lange ich mich umschaute und nach Jerker Ausschau hielt. Jedoch kam es mir vor, wie eine Ewigkeit. Jerker tauchte eine lange Zeit nicht auf. Und plötzlich spürte ich, wie ich unter Wasser gezogen wurde. Alles ging so schnell.
Es waren keine Hände, die mich immer weiter von der Sonne weg zerrten, die mich nach unten zogen. Das Wasser schloss sich über mich. Ich schaute nach Unten und starrte ins Nichts. Es war alles schwarz. Rabenschwarz. Undurchdringliche Sicht.
Ein fürchterlicher Druck machte sich auf meiner Brust bemerkbar. Ich brauchte Luft. Mühsam ver-suchte ich mich mit strampelnden Arm und Beinbewegungen an die Wasseroberfläche zu befördern. Doch es schien, als würde ich mich nicht von der Stelle bewegen.
Vielleicht tat ich das auch nicht.
Verdammt was ging hier vor?
Panik breitete sich in mir aus, und doch schien mir alles so unrealistisch, so FALSCH.In der verzweifelten Versuchung nach Luft zu schnappen, drang Wasser in meine Lunge. Ich versuchte zu Husten, doch ich hatte keine Luft mehr. Um mich wurde es schwarz…

'Catherine? Catherine???'
Erschrocken riss ich die Augen auf und blickte in Jerkers verwirrtes Gesicht. 'Catherine?' Doch ich war nicht weniger verwirrt.
Meine Hände tasteten über das, auf dem ich lag: Ein Handtuch. Besser gesagt, mein Handtuch.
'Jerker?'
'Schön, dass du wieder wach bist.' Nun wisch die Verwirrung von seinen Gesichtszügen und er grinste.
Ich war nicht ertrunken.
Ich war eingeschlafen.
'Oh, tut mir leid.' Mühsam rappelte ich mich auf und starrte hinaus auf den See. Ich hatte geträumt. Es war ein Traum gewesen. Wie hatte ich einschlafen können?
Ich wusste nicht, wo der Traum begonnen und die Realität aufgehört hatte. Es war alles so seltsam.
'Wann bin ich eingeschlafen?', fragte ich Jerker
'Als ich dich eingecremt hatte. Irgendwann bist du dann weggeklappt und hast geschnarcht wie ein Nilpferd.' Er lachte über seine Bemerkung. Ich erwiderte nichts darauf.'Du hast mich nicht massiert?'
Erst sah er mich verwirrt, dann verlegen und anschließend lachend an. 'Nein. Ich glaube, du hast schon Wunschträume.'
'Ich finde das nicht witzig, Jerker.', fauchte ich. Konnte er nicht mal ernst bleiben?
'Ach komm schon, Catherine. Das war doch nicht ernst gemeint.'
Der Traum war so merkwürdig gewesen.
Vor allem, weil ich nicht einmal gemerkt hatte, wann ich eingeschlafen war.
Beziehungsweiße, dass ich ÜBERHAUPT eingeschlafen war.
Der Übergang von Realität und Träumerei war so… Real gewesen. Als ob ich etwas gesehen hatte, was passieren WÜRDE.
'Lass uns schwimmen gehen, ja?' Jerker erhob sich und half mir auf. Ich öffnete den Mund, um zu sagen, dass es besser wäre, wenn wir es lassen würden, doch dann kam ich mir selbst bescheuert vor.
Es war ein Traum gewesen. Nicht mehr und nicht weniger.
'Okay.'
Als ich im Wasser stand, tauchte ich unter und schwamm - wie in meinem Traum - hinaus, in die Mitte des Sees. Ich wollte mir selbst beweisen, dass nichts passieren würde.
Als ich mich strampelnd über Wasser hielt, sah ich Jerker am Uferstehen und dann im Wasser ver-schwinden.
Eine Weile passierte nichts.
Doch dann wurde ich unter Wasser gezogen. Mit einem Schrei tauchte ich unter.
Diesmal waren es menschliche Hände, dich mich an den Fesseln hielten.
Jerker.
Erleichterung machte sich in mir breit. Nichts passiert.
Es war eben nur ein ganz normaler Traum gewesen.
Strampelnd machte ich mich von Jerker los und tauchte schnaufend auf. Als er ebenfalls an der Wasseroberfläche kam, stürzte ich mich auf ihn, um mich zu rächen.

Lachend schmiss ich mich ins Gras, um Jerkers Händen zu entkommen, die schon im Wasser ange-fangen hatten, mich zu kitzeln. Und da Jerker hinter mir her gerannt war, stolperte er nun über mich und fiel mit einem dumpfen Laut neben mir ins Gras.
Japsend kroch ich zu ihm, um zu schauen, ob er sich eventuell verletzt hatte, obwohl ich mir sehr sicher war, dass das nicht der Fall gewesen war.
Er lag mit geschlossenen Augen auf dem Boden. 'Jerker?' Kichernd piekte ich ihn in die Seite. Als er sich immer noch nicht bewegte, fing ich an, ihn richtig zu kitzeln. So wie er es bei MIR gemacht hatte. Und endlich zeigte er eine Regung. Er fing an zu zucken und versuchte seine Ellenboden an seine Bauchseiten zu drücken, um meine Hände keine freie Stelle zu bieten.
Doch irgendwie gelang es mir, ihn weiter zu quälen, bis er schließlich meine Hände mit einer Hand festhielt und mir in die Seiten pikste.
Verzweifelt versuchte ich mich loszureißen, doch er war erbarmungslos. Japsend, kreischend und lachend zerrte und strampelte ich.
'Frieden! Jerkeeer!!!', krisch ich und versuchte nach ihm zu treten. Er machte weiter. 'Jerker!!!' ich wälzte mich auf den Boden und plötzlich lag ich auf ihm. 'FRIEDEN!', keuchte ich und presste mit letzter Kraft meine Arme an meinen Körper.
Lachend hielt er inne. 'Okay, okay. Eine kleine Pause kann ja nichts schaden.' Erschöpft sank mein Kopf auf seine Schulter. Er ließ meine Hände los, die zwischen unseren Körpern eingeklemmt waren und legte seine Arme um meinen Körper.
Es kam mir so natürlich vor, dass ich mich nicht dagegen wehrte. Schließlich waren wir Freunde.
'Mhm.', seufzend schloss ich die Augen. Da die Sonne schon fast im Westen stand, war es ziemlich kühl. Doch Jerkers Körperwärme hielt mich warm.
'Wir müssen langsam zurück, Catherine.' Ich spürte seinen Finger an meiner Wange. Als ich meinen Kopf drehte, sah ich direkt in seine smaragdgrünen Augen.
Wie konnte Mann so wunderschöne Augen haben?
'Du hast recht.' Ich rollte mich von ihm und stand auf. Grinsend hielt ich ihm eine Hand hin, um ihm aufzuhelfen.
'Aber wir können uns ruhig Zeit lassen. Eine Stunde früher oder später wird für meine Mutter wohl kaum noch eine Rolle spielen.'
Lachend strich er sich die Haare aus dem Gesicht. 'Wahrscheinlich nicht. Aber wir sollten uns trotz-dem beeilen. Sonst verhunger ich noch.' Er packte meine Hand. Zusammen gingen wir zurück zu den Pferden.
Es war das normalste der Welt, dass er meine Hand hielt.

Die Dämmerung hatte eingesetzt, als wir endlich bei meinem zu Hause ankamen. Zum Glück war der Stallbursche noch da. Ich gab ihm die Aufgabe, Stern zu versorgen. Satan würde ich selbst versorgen, denn nur von meinem Vater - und natürlich mir - ließ er sich berühren und somit versorgen.
'Geh du schon mal vor, Jerker. Wenn ich mich nicht irre, sind meine und deine Eltern gerade dabei, zu essen. Vielleicht bekommst du noch etwas ab.'
'Und was ist mit dir? Hast du keinen Hunger?'
'Ich muss mich erst um Satan kümmern. Ich komm dann nach.'
Er überlegte kurz. Dann antwortete er: 'Okay, bis später. Ich heb dir noch etwas Fleisch auf - vorausgesetzt es gibt heute Fleisch.', fügte er hinzu und zwinkerte mir zu. 'Bis gleich.'Er verschwand hinter der Stallecke.

Nachdem ich Satan versorgt hatte, machte ich mich langsam auf den Weg zum Haus. Ich hatte es nicht besonders eilig meiner Mutter zu begegnen.
Mir war klar, dass sie mir die Hölle heiß machen würde, weil ich ihr Hausarrest ignoriert hatte. Am liebsten wäre ich heimlich in mein Zimmer geschlichen, doch mein knurrender Magen erinnerte mich daran, dass ich etwas essen musste. Schließlich hatte ich heute nur ein Brot und Apfel gegessen…
Der Weg bis zu den zwei speisenden Familien war viel zu kurz. All zu rasch stand ich in der Haustür, die zum Garten führte, wo Jerkers und meine Eltern immer noch speisten.
Als ich mich mit einem leisen, jedoch vernehmlichen Räuspern bemerkbar machte, wandten alle ihre Köpfe zu mir um.
Meine Mutter starrte mich nieder.
Mein Vater musterte mich betroffen.
Jerkers Mutter schaute ausdruckslos.
Jerker verkniff sich ein Kichern. Haha, wie verdammt witzig!
Mein Blick huschte zu Fett-Bierbauch. Sein Blick ähnelte einem Hunderüden, der eine läufige Hündin erblickt hatte.
Und in diesem Moment war wohl ich die LÄUFIGE Hündin.
Angeekelt von dem Gedanken, schaute ich zu meinem Vater. 'Ist vielleicht noch etwas zu Essen übrig?'
Mein Dad öffnete den Mund, um etwas zu antworten. Doch meine Mutter fuhr dazwischen. 'Wenn du etwas essen willst, CATHERINE, dann geh in die Küche und schau… frag die Küchenmagd.' Ich war mir sicher, dass sie hatte sagen wollen: ‚Wenn du etwas essen willst, dann geh in die Küche und schau im Mülleimer nach…'
'Okay, Mum.' Ich begegnete dem eiskalten, abstoßenden Blick meiner Mutter und machte hastig einen Knicks. 'Gute Nacht die Herrschaften,. Und noch einen wundervollen Abend!'Ich drehte mich um.
'Reizend, reizend, die Kleine!' Ich wusste sofort wer das gesagt hatte.
'Reizend, reizend, die Kleine!, äffte ich Fett-Bierbauch nach und suche die Küche auf.

Gegen dreiundzwanzig Uhr klopfte es an meiner Zimmertür. Ich war gerade dabei, mich umzuziehen. Deshalb war ich nackt.
'Moment!', rief ich. Doch statt auf mich zu hören, riss der Jemand, der an meiner Tür geklopft hatte, die Klinke nach unten und trat ein.
Es war meine Mutter.
Ärgerlich hielt ich mir mein Schlafhemd vor die Brust. 'Habe ich dich hereingebeten?', zickte ich sie an.
'Es ist mein Haus, Catherine. Ich muss nirgends hereingebeten werden!' Ihre Stimme klang beherrscht. Und genau das war es, was mir Sorgen bereitete. Wenn meine Mutter ruhig war, dann hieß es, dass sie mit mir ausführlich reden wollte, beziehungsweise musste.
Und ich hatte keine Lust, JETZT mit meiner Mutter zu diskutieren. Schließlich war es schon spät und ich war müde.
'Ich habe jetzt keine Lust mit dir über unseren Streit zu reden.'
'Ob du Lust hast oder nicht! Das ist mir vollkommen egal. Ich will dir nur klar machen, dass das so nicht weiter gehen kann!'
'Das hast du schon zischtausendmal zu mir gesagt, Mum! Kannst du nicht auch mal etwas anderes sagen?'
Sie starrte mich zum zweiten Mal an diesem Abend nieder. 'Pass auf, was du sagst, Fräulein!'
'Sind wir jetzt fertig?' Ich wusste, dass es falsch war, sie zu provozieren. Doch die innere Wut und Genervtheit übertönte meine Vernunft.
'Warum hast du mein Zimmerarrest missachtet?', fauchte meine Mutter und knirschte hörbar mit den Zähnen. 'Weil ich es überhaupt nicht einsehe die ganzen Ferien in meinem Zimmer zu verbringen.' Ich starrte auf meine Nägel.
'Das ist kein Grund, Catherine!' Ihre Worte waren wie Peitschenschläge. Schnell, grob. Jedoch nicht schmerz-haft. Nicht schmerzhaft für MICH.
'Ich zuckte mit den Schultern. 'Was sollte denn sonst mein Grund gewesen sein?'
'Vielleicht, dass du dich bei mir entschuldigen wolltest?!'
Entgeistert sah ich auf. Hatte sie wirklich erwartet, dass ich zu ihr kommen würde, um mich zu entschuldigen? War sie wirklich SO naiv?
'Schau nicht so entgeistert, Catherine! Die Hoffnung war eben da! Schließlich bist du meine eigene Tochter und was du mir gestern an den Kopf geworfen hast, war nicht gerade nett! Du hast mich verletzt!'
'Vorgestern, Mum. Ich habe dir vorgestern meine Meinung gesagt.'
'Das ist doch zum Mäuse melden mit dir!'m krisch meine Mutter und raufte sich die Haare.'Mäuse MELKEN.', verbesserte ich sie ausdruckslos. Wenn man Sprichwörter falsch sagte, sollte man es lassen. Oder?
'Mäuse melden, Mäuse melken! Das ist doch so egal wie… wie wenn ich einen Euro verliere!' Klasse Beispiel. 'Es hat wirklich kein Sinn, mit dir zu diskutieren, Catherine!''Heißt das, dass du jetzt endlich gehst?' Meine Stimme klang sehr, sehr Hoffnungsvoll.Ihre Augen glitzerten vor Wut. Es schien mir, als hätte sich ihr ganzes Gesicht verdunkelt. 'Ja ich gehe. Aber lass dir gesagt sein, Catherine: Nach den Ferien kommst du auf ein Mädcheninternat. Und du brauchst nicht angek-rochen kommen um noch einmal darüber zu VERHANDELN. Es ist eine beschlossene Sache!'
Plötzlich hatte ich einen Einfall. 'Nach der zehnten Klasse habe ich eh die mittlere Reife. Dann kann ich mit der Schule aufhören. Und das wäre dann ganz allein MEINE Entscheidung, weil es MEIN Leben ist.'
'Oh nein, Catherine. So leicht wird das alles nicht! Du wirst das Abitur absolvieren und danach studieren ge-hen!'
'Ihr könnt mich nicht zwingen.', sagte ich mit gedämpfter Stimme.
'Oh doch. Du wirst gar keine andere Wahl haben!' Mit diesen Worten verließ sie mein Zimmer.
Endlich.







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