Er liebt mich, er liebt mich nicht...

Autor: °~Anja~°
veröffentlicht am: 19.07.2008




Bis meine Mutter nach Hause kam und uns entdeckte. Dass ich nur meinen Bademantel anhatte, trug nicht gerade zu ihrer Besänftigung bei, doch sie sagte seltsamerweise nichts und schloss leise wieder die Tür zu meinem Zimmer. Verblüfft ließ ich von Dennis ab und starrte auf meine Tür. Auch er war einigermaßen verwirrt, doch das legte sich schnell: 'Sollen wir nicht runtergehen und mich vorstellen? Dann weiß sie vielleicht, dass ich kein töchterfressender Grobian bin.' Ich stimmte zu und zusammen liefen wir die Treppe runter und in die Küche, wo meine Mutter gerade die verkochten Nudeln und die angebrannte Sauce begutachtete. 'Darf ich mal fragen, was das ist?' - 'Naja, also das war mal unser Mittagessen', antwortete Dennis, bevor ich auch nur den Mund öffnen konnte. 'Und übrigens: Ich heiße Dennis und wollte fragen, ob Sie was dagegen hätten, wenn Ihre Tochter meine Freundin wäre!', fügte er schnell hinterher. Meine Mutter war so überrascht, dass sie nur antworten konnte: 'Meinetwegen.' Sie fasste sich aber schnell und fragte: 'Wie wär's wenn ihr mich mal aufklären könntet, wer du überhaupt bist?!'
Also setzten wir uns, wie die alten Tanten beim Kaffeekränzchen, ins Wohnzimmer und erzählten, wie wir uns kennen gelernt hatten. 'Wo soll ich anfangen? Also ich heiß Dennis, wie sie jetzt schon wissen und bin eine Klasse über Sandra an der gleichen Schule. Hm...und ich bin jetzt 17... was genau wollen Sie eigentlich wissen?' So zog sich das ganze Gespräch in die Länge. Irgendwann waren meine Mutter und Dennis dann beim 'Du' angelangt und verstanden sich prima. Ich hingegen verstand die Welt nicht mehr. Gestern noch rastete meine Mutter fast aus und heute plauderte sie mit meinem Freund! Ich zog mich in mein Zimmer zurück und wechselte meine Kleidung. Also von Bademantel zu Jeans und Pulli. Das wäre eigentlich nicht nötig gewesen, aber ich hatte irgendwie Lust dazu, noch etwas mit Dennis zu unternehmen. Ich blieb auf meinem Bett liegen und wartete. Die Zeit verstrich unglaublich langsam und ich langweilte mich fast zu Tode. Als dann um acht endlich meine Zimmertür aufschwang, seufzte ich erleichtert auf. Ich hatte schon gedacht, Dennis wäre nach Hause gegangen. 'Wollen wir noch was machen? Ich würde zu gern noch mal zu dem Teich gehen. Da war's so schön!', fragte ich, als ich sah wer mein Zimmer betrat. 'Worauf wartest du denn noch? Hopp, hopp, Schuhe und Jacke anziehen! Sonst wird es wieder so spät und wir müssen deine Mutter ja nicht gleich noch einmal aufregen!' Also packte ich meine ausgelatschten Turnschuhe und meine Jacke und zog mich im Rekordtempo an. Zusammen hasteten wir die Treppe runter und riefen meiner Mum im vorbeilaufen zu, wo wir hingehen würden. Gute fünfzehn Minuten später lief ich glücklich neben Dennis her und hielt Händchen mit ihm. Endlich hatte ich einen Jungen gefunden, der mich liebte. Ich hoffte allerdings, dass er nicht doch einer von denen war, die ihre Freundinnen wie die Unterhosen wechseln. Die kamen bekanntlich öfters vor, als man glaubte. Aber ich war mir sicher: Dennis würde mich nicht verlassen.
Am Teich angekommen, setzten wir uns wieder auf die großen Felsen und schwiegen uns - mal wieder - an. Dieses Schweigen dauerte aber nicht lange, denn Dennis begann, mich wieder zu küssen. Unsere Küsse wurden auffordernder und leidenschaftlicher, doch weiter ließ ich es nicht kommen. Ich fühlte mich einfach noch nicht bereit. Irgendwann würde der Zeitpunkt kommen, doch bis dahin musste sich Dennis eben noch gedulden.
Ich begann zu zittern, denn mittlerweile war es richtig kalt geworden und ich schmiegte mich noch dichter an Dennis. Er streichelte vorsichtig meine Wange und bedeckte mein komplettes Gesicht mit Küssen. Als er wieder bei meinem Mund angekommen war, war mir so kalt, dass ich ihn bat, mich nach Hause zu fahren. Er schien ein wenig enttäuscht zu sein, aber er fasste meine Hand und wir eilten zu seinem Roller. Schnell fuhr er mich nach Hause und wir verabschiedeten uns an der Haustür. Ich küsste ihn zärtlich auf den Mund und flüsterte: 'Bin ich froh, dass es dich gibt.' Er antwortete mit den schönsten drei Worten, die es für mich in diesem Moment gab: 'Ich liebe dich.' Ich küsste ihn noch einmal auf den Mund und lief ins Haus. Dort erwartete mich meine Mum mit einem wissenden Lächeln. 'Na, war's schön? Und jetzt ab ins Bett, du zitterst ja richtig!'
Also sprang ich die Treppe hoch und zog mich schnell um. Als ich mich in mein Bett kuschelte, erinnerte ich mich daran, wie ich vor ein paar Stunden noch hier mit Dennis gelegen hatte. Mit einem Lächeln auf den Lippen schlief ich ein.

Wenige Tage später schlenderte ich mit Dennis zusammen über den Schulhof. In ein paar Minuten würde es zur ersten Stunde klingeln, doch wir hatten ausgemacht, dass wir uns in der großen Pause das erste mal sozusagen der Öffentlichkeit zeigen würden. Die vorherigen Tage hatten wir unsere Beziehung geheim gehalten, denn abends sollte in der Turnhalle eine Disko für die Schüler sein und wir hatten beschlossen zusammen hinzugehen. Davor wollten wir aber noch klarstellen, dass Dennis schon vergeben ist. Denn ich wusste so gut wie er, dass Carmen und ihre Freundinnen sich sonst sicher an ihn ranmachen würden. Also hielten wir nicht Händchen und kamen uns auch sonst nicht zu nahe. Die ersten zwei Stunden verschlief ich total, denn in der Nacht zuvor hatte ich schlecht geschlafen. Außerdem hätte ich mich auch so nicht auf den Unterricht konzentrieren können, da ich total aufgeregt war wegen der großen Pause. Erleichtert atmete ich auf als die Schulglocke endlich läutete. Etwas nervös lief ich auf den Schulhof und suchte Dennis. Der wartete schon vor dem Getränkeautomaten und sah genau so aus, wie ich mich fühlte: übernächtigt, aufgeregt und seeehr nervös. Entschlossen ging ich auf ihn zu und drückte ihm demonstrativ einen Kuss auf den Mund. Dann ergriff ich seine Hand und zog ihn zu Mia und Markus, die eng umschlungen auf der erhöhten Plattform standen. Von dort aus würde uns die ganze Schule sehen. Mit Genugtuung stellte ich fest, dass Carmens Gesicht die Farbe ihrer weißen Tasche angenommen hatte und sie aufgeregt mit ihrer Freundin tuschelte. Wahrscheinlich mussten sie ausdiskutieren, was zwischen uns lief. Um ihnen die Antwort zu erleichtern, küssten wir uns kurz, als sie herschauten. Bald waren auch andere Mädchen auf uns aufmerksam geworden, aber keine nahm die Hautfarbe von Carmen an, die immer noch kalkweiß war. Als es wieder klingelte, mussten wir uns leider verabschieden, denn wir waren in unterschiedlichen Gebäuden untergebracht.
In den folgenden Stunden meinte ich zu spüren, wie Carmen mich von hinten wütend anstarrte. Als ich es riskierte und mich umdrehte, feuerte sie giftige Blicke auf mich ab. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich jetzt nur noch ein Häufchen Asche! Sie würde sich wohl damit abfinden müssen, dass sie Dennis nicht abbekommen würde. Ich zwang mich dazu, nicht noch einmal nach hinten zu schauen. So kurz vor Ende des Schuljahres sollte ich meine mündlichen Noten noch etwas aufpolieren. Deshalb meldete ich mich besonders oft und konzentrierte mich voll und ganz auf den Unterricht.

Aufgeregt stand ich vor meinem Spiegel und konnte mich einfach nicht entscheiden, was ich anziehen sollte. So schwierig wie dieses Jahr war die Kleiderfrage noch nie gewesen. Schließlich wollt ich Dennis ja auch gefallen. Da das Wetter mal wieder sehr heiß war und die Turnhalle fast keine Fenster zum Lüften hatte, beschloss ich, mein 'Kleines Schwarzes' anzuziehen. Alles andere wäre viel zu warm. Erleichtert atmete ich auf: Wenigstens DAS wäre aus dem Weg geräumt! Dumm nur, dass ich keine passenden Schuhe dazu hatte. In meinen ausgelatschten, mega-alten Immer-anhab-Schuhen lief es sich zwar sehr bequem, aber das würde dann doch ein bisschen sehr komisch aussehen. Also: Telefon geholt, Nummer gewählt und Mia angerufen. Wieder einmal war es sehr praktisch die gleiche Schuhgröße wie die beste Freundin zu haben, denn als ich mein Problem erläutert hatte, hörte ich nur noch Schranktürengeklapper und die Anweisung kurz zu warten: 'Ein Momentchen, ich hab doch irgendwo diese schwa... ah, sehr schön! So jetzt bin ich wieder dran! Meine Schwarzen mit den Absätzen hab ich zwar gefunden...aber ob du da reinpasst?' - 'Ach was, immer her damit! Notfalls muss ich meine Zehen eben abschneiden!', kicherte ich ins Telefon. Es war aber auch zu komisch, wenn man am anderen Ende der Leitung nur noch Gemurmel hörte und die Gesprächspartnerin meinte, niemand hört das Gebrabbel! 'Ich komm dann gleich mal bei dir vorbei und probier sie an!' Mit ein paar belanglosen Floskeln hängte ich sie ab und beschäftigte mich mit dem nächsten wichtigen Thema: meinen Haaren. Als auch dieses Problem aus der Welt geschafft war, packte ich mein Kleid ein und machte mich auf den Weg zu Mia, die schon fertig angezogen auf ihrem Bett saß und gemütlich ein Buch las. Wie konnte die nur so gelassen bleiben?









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