Rückkehr zum Herzen Teil 3

Autor: Any
veröffentlicht am: 24.05.2008




Warum musste sich das Unglück immer dieselben Opfer aussuchen? Nun waren schon drei lange Tage vergangen an denen sie die Anwesenheit Etainnes erdulden musste. Auch, wenn sie ihm gekonnt aus dem Weg ging und seine Gegenwart mied, vor den gemeinsamen Mählern konnte sie sich nicht drücken und um ihren Vater nicht unglücklich zu machen, zwang sie sich zu ein paar höfflichen Gesprächen mit ihm, mehr nicht.
Auch wenn Etainne versucht hatte, ihre Beziehung zu verbessern, gelungen war es ihm nicht. `Wozu auch?´, dachte sich Ivette. Er würde sowieso in ein paar Wochen wieder abreisen und es war nicht ihre Pflicht eine engere Beziehung mit ihm aufzubauen, auch wenn sie in den Augen ihres Vaters sah, dass dieser das sehr gut heißen würde.
Wieder einmal war es an der Zeit das Nachtmahl zu sich zu nehmen und Ivette bereitete sich, wie immer, vor dem Spiegel mental auf das drohende Gespräch mit Etainne vor.
Langsam schritt sie zum Speisesaal hinab und trat durch den großen Holzbogen in das Zimmer ein, als sie mit Schrecken zur Kenntnis nehmen musste, dass in dem Zimmer allein Etainne saß und ebenso verwundert dreinschaute, wie sie.
Sie sah auf die große Wanduhr um sicher zu sein, dass sie sich nicht in der Zeit geirrt hatte, musste jedoch feststellen, dass sie sich sogar schon verspätet hatte und das Mahl unter normalen Umständen schon begonnen hätte.
Mit langsamen Schritten kam sie auf die Tafel zu und ließ sich, so wie immer, neben Etainne nieder, der sie mit fragendem Blick ansah, wie als könnte sie erklären, wo ihr Vater und Noel geblieben waren.
„Guten Abend. Kannst du mir sagen, warum der Lord und sein Sohn noch nicht bei Tisch sitzen?“, fragte Etainne gekonnt höfflich.
Ivette schüttelte nur den Kopf. Wenn sie das wüsste.
Plötzlich eilte eine der jüngeren Zoffen herein und begann hastig zu sprechen. „Ich soll Ihnen beiden berichten, dass der Herr des Hauses und sein Sohn ihnen, wegen einer spontanen Geschäftsreise, zu der mir näher nichts vermittelt wurde, die etwas länger zu dauern vermag, Ihnen nicht Gesellschaft leisten können. Außerdem soll ich dem Herrn Montgomery eine Entschuldigung des Lords aussprechen, da er Euch so unhöfflich verlassen hat und ebenso unhöfflich um Entschuldigung bittet. Ihr könnt dennoch die Gastfreundschaft unseres Hauses weiterhin nutzen und Euren Angelegenheiten nachkommen. Keiner wird Euch daran hindern. Des Weiteren soll ich der Tochter des Lords ausdrücklich sagen, dass sie ihm keine Schande bereiten soll und sich ja sitthaft benimmt, da er ansonsten gezwungen sei, eine Strafe über euch zu verhängen.“, plapperte sie brav den eingeübten Text herunter, starrte dabei aber die ganze Zeit Etainne an und hatte ein Leuchten in den Augen.
Sprachlos hatten die Beiden ihr gelauscht und mussten die Informationen nun erst mal verarbeiten um darauf reagieren zu können.
Etainne hatte sich schneller wieder gefasst und deutete nun mit einer kleinen Handbewegung an, dass die Zoffe verschwinden sollte. Diese machte noch einen enttäuschten Knicks, da sie sich zumindest ein paar Worte des Dankes von ihm erwartet hatte und verschwand wieder.
Als sie um die Ecke war drehte sich Etainne zu Ivette und sah sie lange an.
„Wusstest du etwas darüber?“
Sie schüttelte nur den Kopf und begann wortlos ihr Mal zu sich zu nehmen. Nein, sie hatte nichts davon gewusst und umso härter hatte sie es getroffen. Nun war sie, abgesehen von den Bediensteten, ganz alleine mit Etainne unter einem Dach.
`Wie ein Ehepaar…´, dachte Ivette und erschrak selbst über ihre Gedanken. `Ein Ehepaar, das die Ehe bald beenden würde!´, verbesserte sie sich selbst.
„Das heißt dann wohl, dass wir hier ganz alleine sind.“, durchbrach Etainne die aufkommende Stille.„Das vermag es wohl zu heißen…“
„Wirst du mich weiterhin so distanziert behandeln, oder wird sich unsere Beziehung noch bessern?“, fragte er unvermittelt. Jetzt, wo der Lord und Noel nicht anwesend waren, konnte er die Frage ohne Bedenken aussprechen.
Verwirrt, so als ob sie ihn nicht verstanden hätte, sah sie ihm in die blauen Augen. „Wie bitte?“„Ich habe gefragt, ob du mich weiterhin so distanziert behandelst, oder ob sich unsere Beziehung noch bessern wird?“
Sie schüttelte den Kopf, was aber nicht als Antwort auf seine Frage gemeint war, sondern um diese drückende Benommenheit in ihrem Kopf zu vertreiben.
„Ich weiß es nicht.“, antwortete sie nun ehrlich. „Aber ich muss zugeben, dass ich nicht will, dass wir sie verbessern.“
„Warum nicht?“
„Weil ich dich nicht leiden kann.“, sagte sie, ohne über ihre Worte, oder die dadurch möglich entstandenen Konsequenzen nachzudenken. Sofort hielt sie sich die Hände vor den Mund, aber sie konnte es nun nicht mehr rückgängig machen, sondern konnte nur hoffen, dass Etainne sich das nicht zu Herzen nahm und als Beleidigung sah.
Doch zu ihrem Unglück nahm er es als Beleidigung und starrte nun verbissen auf sein Mahl. Sie sah die vielen Emotionen die sich auf seinen Zügen wiederspiegelten. Schließlich fragte er sie: „Was habe ich dir getan, dass du mich so behandeln musst, Ivette Mallington?“
„Ich-…“, sie stockte, als sie seinen traurigen Gesichtsausdruck sah. Was hatte sie nur angestellt?
„Warum?“, fragte er mit ein wenig Nachdruck in der Stimme.
„Ich wollte dich nicht beleidigen.“
„Das hast du aber! Und zwar auf eine sehr demütigende Weise!“, nun hatte er seine Stimme erhoben und sah sie boshaft an.
„Bitte entschuldige! Du hast mich einfach schockiert, indem du gesagt hast, dass du mich womöglich heiraten würdest!“, rief sie nun aufgebracht und auch ein bisschen verzweifelt.
Sie sah, dass er sich wieder ein wenig beruhigte. „Wäre es so schlimm gewesen, meine Ehefrau zu sein?“, aber er fragte es eher sich selbst, als Ivette, die ihn nun geschockt beobachtete. „Ich frage mich nur, Ivette, wieso du mich wie Abschaum behandelst, wenn doch du mir ebenso dreist gedroht hast?“
„Es hat mich eben geärgert, dass ich in deinen Augen noch die kleine Göre von früher bin, die du, wo es nur möglich war, geärgert hast!“
„Ich habe das nie mit Absicht gemacht, Ivette.“, sagte er nun entrüstet.
„Ach ja?“
„Ja!“
„Wieso hast du mich dann gedemütigt wo es nur ging, Etainne, wieso?“, fragte sie leise.
„Ich habe dich nie gedemütigt und das weißt du, Ivette!“, hielt er dagegen.
`Wieso hast du mich dann immer wie Dreck behandelt?´, dachte sie traurig.
„Ich denke, dass es doch keine so gute Idee von meinem Vater war, hierher zu kommen.“, murmelte er und Ivette horchte auf.
Sein Vater hatte ihn also geschickt! Es war gar nicht seine Idee gewesen, sie zu besuchen, sondern eher ein Auftrag eines alten Mannes, der gerade im Sterben lag!
„Ich habe dir von Anfang an nicht geglaubt!“, murmelte nun auch sie und stand ohne ein weiteres Wort auf und verließ den Raum.
Etainne sah ihr nur verwirrt hinterher. Was hatte das nun wieder zu bedeuten?
Er wurde aus diesem Mädchen einfach nicht schlau…

Am nächsten Tag wachte Ivette früh auf und freute sich insgemein, da sie nun das Frühstück vor Etainne einnehmen konnte und so vermied ihm zu begegnen. Nach dem gestrigen Gespräch war sie nicht gerade erpicht darauf ihn zu sehen.
Doch als sie in den Speisesaal trat, wurde sie bitter enttäuscht. Etainne saß bereits mit einem anderen, sehr gut aussehenden, Mann zu Tisch und unterhielt sich angeregt mit ihm. Erst, als sich Ivette räusperte, verstummte ihr Gespräch und die beiden Männer blickten zu ihr.
Ganz der Etikette gemäß stand der Fremde auf und ging auf sie zu, neigte seinen Kopf und ergriff ihre Hand um ihr einen Kuss darauf zu hauchen. Ivette hielt den Atem an. Der Blonde war wirklich ganz nach ihrem Geschmack.
„Darf ich mich Euch liebreizendem Wesen vorstellen? Ich bin Lord Ashford und Ihr seid?“
„Ivette Mallington.“, hauchte sie leise und machte einen Knicks. Sie benahm sich wie ein kleines Schulmädchen fand sie und errötete auch noch!
Lord Ashford schien von alldem jedoch nichts zu bemerken.
„Also wirklich, Etainne! Ich muss dich rügen! Wie konntest du mir nur eine solche Schönheit vorenthalten? Ist sie etwa deine Verlobte?“
Ivettes Gesichtsfarbe verdunkelte sich noch um einen Rot-Ton, wenn das überhaupt möglich war.„Nein! Nein ich bin nicht seine Verlobte!“, antwortete sie schnell und lächelte ihn zaghaft an.„Als erstes muss ich dir sagen, mein Freund, dass dieses liebreizende Wesen, so wie du sie nennst, nun wirklich nicht liebreizend ist, sondern eher kratzbürstig und stur und zweitens konnte ich sie dir bisher noch nicht vorstellen, da sie noch geschlafen hat, als du angekommen bist.“, meldete sich nun Etainne zu Wort, der sich zu ihnen gesellt hatte.
Verwundert sah Lord Ashford von seinem Freund zu Ivette. „Eine Schande, dass Ihr noch nicht verlobt seid! Bei Eurem Aussehen, und bestimmt auch nicht ganz so schlimmen Charakter, wie mein guter Freund behauptet, hättet ihr doch schon längst einen gewillten Ehemann finden müssen!“, er zwinkerte ihr mit seinen braunen Augen zu.
„Ach… Bisher hatte ich eben kein Glück mit der Männerwelt.“, antwortete sie kleinlaut.
„Aber das muss dann wohl daran liegen, dass keiner Ihrer Freier, von denen Ihr sicher genügend habt, Ihren Ansprüchen gerecht wurde.“
„So muss es wohl sein.“, antwortete sie ihm höfflich, machte dann einen Knicks und sagte: „Ich werde die Herren nun nicht weiter stören!“, dann verschwand sie aus dem großen Zimmer.Kopfschüttelnd sah Etainne ihr nach. Als die Männer wieder am Tisch saßen, fragte Lord Ashford frei heraus: „Stimmt es, dass ihr nicht mit dem jungen Fräulein verlobt seid und auch nicht an eine Verlobung zu denken wagt?“
„Ja, mein Guter, das stimmt allerdings. Sie hat nicht gelogen. Das würde sich für eine Frau ihres Standes nicht schicken.“
„Und du denkst nicht einmal daran?“
„Woran?“
„An eine Verlobung mit ihr? Dein Ansehen würde dadurch nicht sinken, sondern eher in die Höhe steigen… Und dann sieht sie auch noch so bezaubernd aus!“, der Blick seines Freundes wurde verträumt.
„Ich wüsste nicht, was an ihr so besonders wäre… Es gibt viele hübsche Mädchen auf dieser Welt.“, sagte Etainne fast schon trotzig.
„Ja, aber meist sind diese schon vergeben oder von niedrigem Stand. In Einer gleich beides, Adel und Schönheit, zu finden ist wahrlich eine Seltenheit. Um es so auszudrücken: Eine seltene Perle, die man, wenn man sie einmal gesichtet hat, ja nicht mehr loslassen sollte.“, sinnierte Lord Ashford vor sich hin.
Etainne musste zugeben, dass die Gedanken seines Freundes und Geschäftpartners ihn verwirrten, aber gleichzeitig auch misstrauisch machten.
„Was willst du damit sagen?“
„Gedenkt diese Schönheit sich mit einem anderen als dir zu vermählen?“
„Soweit ich weiß, nein, aber sie beharrt fest darauf, nur der wahren Liebe wegen zu heiraten. Fast keiner hat eine Chance bei ihr.“, meinte Etainne, dem langsam dämmerte, was sein Freund dachte. Aus irgendeinem Grund gefiel es ihm nicht, dass der Lord so hohes Interesse an Ivette zeigte und nun mischte sich der Beschützerinstinkt auch noch dazu, auch wenn er nicht genau wusste, wovor er sie zu beschützen versuchte.
„So? Nun, das macht das Ganze ja noch interessanter, wenn ein Mann erst ihr Herz gewinnen muss, bevor sie sich ihm hingibt.“
„Interessanter nenn ich das nicht gerade. Eher töricht, dass sie auf die wahre Liebe hofft. Wenn sie sie niemals findet, dann wird sie als alte Jungfer sterben.“
„Gut möglich, mein Freund.“, gab nun auch Lord Ashford zu.
„Nun lass uns wieder über das Geschäftliche und nicht über die verwirrende Welt der Frauen reden.“, lenkte Etainne geschickt das Thema ab.
„Du hast recht… Ich habe mich Treiben lassen.“, gab der Lord zu und widmete sich wieder dem eigentlichen Grund weswegen er an das Anwesen der Mallingtons gekommen war.

Der Fremde ging Ivette nicht mehr aus dem Kopf. Er hatte sie schon nach der ersten Minute fasziniert und schien nicht nur an ihrem Körper interessiert zu sein, zumindest glaubte sie das.
Aber dass der Lord dachte, dass sie mit einem wie Etainne verheiratet sein konnte, machte ihr schon zu schaffen.
Sie wusste nicht wieso, aber beinahe hätte sie darauf gewartet, dass Etainne es richtig stellte, weil sie es nicht sagen wollte, aus irgendeinem Grund. Deswegen, um eine solches Gespräch mit Etainne zu vermeiden, hatte sie es selbst noch schnell richtig gestellt, bevor ihr Gehirn sich anders entschieden hätte. Vielleicht wollte sie Lord Ashford eifersüchtig machen, dachte sie, aber das hatte doch keine Logik! Ein Mann seines Status´ würde es nie wagen, der Verlobten eines Anderen den Hof zu machen. Dennoch fand sie den Gedanken, ihn eifersüchtig zu machen, gar nicht so abwegig, sofern der Lord noch nicht vergeben war und sie ihm gefallen hatte.
Was dachte sie denn da schon wieder? Das konnte nicht gut gehen!
Da ihr langweilig wurde und sie nicht wusste, was sie noch machen könnte, ging sie wieder aus ihrem Zimmer und in die Bibliothek. Es roch angenehm nach Büchern und Ivette nahm sich gleich eines ihrer Lieblingsbücher und strich sanft über seinen Rücken, dann schlug sie die erste Seite auf und begann zu lesen. Wie es ihre Angewohnheit war stolzierte sie, während sie las, durch das große Anwesen der Mallingtons und verlor sich vollkommen in der Geschichte, in der es um ein armes Bauernmädchen und um einen reichen Adeligen ging, die sich ineinander verliebten, aber dennoch auf ewig unerreichbar füreinander bleiben würden, bis eine alte Lady Mitleid mit der jungen Liebe hatte und das Bauernmädchen zu sich auf ihr riesiges Anwesen holte um sie dort zu erziehen und für den Adel gerecht werden zu lassen. Vorher ließ sie es so aussehen, als wäre das Mädchen in einem Feuer gestorben. Der junge Adelige war verzweifelt, da er dachte, er hätte seine wahre auf ewig verloren. Er lehnte jede Frau, die sein Vater ihm vorstellte, ab und versank in tiefen Depressionen. Als er nur noch ein gefühlloses Wrack war, konnte sein Vater es nicht mehr ertragen und ließ einen Ball veranstalten, zu dem alle jungen Adelstöchter kommen sollten, damit er unter ihnen eine Braut auswählen konnte.
Nun, da schon ein Jahr seit ihrem Verschwinden vergangen war, durfte das Bauernmädchen endlich in die Gesellschaft eingeführt werden und kam auch zu dem Ball des Adeligen.
Als er sie wieder sah, sah er in ihr nichts anderes, als eine weitere Adelige, die um seine Hand buhlte. Das Mädchen konnte sich nicht erklären, warum ihr Geliebter sie wie Abschaum behandelte und sie zurückwies und war tief traurig, als sie hörte, dass sein Vater nun schon eine Verlobte für ihn ausgewählt hatte und sein Sohn sobald wie möglich heiraten sollte.
Nun war es aber so gekommen, dass das Bauernmädchen einen schweren Eindruck bei dem Vater hinterlassen hatte und er sie als die zukünftige Braut des jungen Adeligen ausgesucht hatte.Im geheimen freute sie sich, aber als sie das Gesicht ihres Geliebten sah, sah sie nichts anderes als Trauer und Wut.
Sie verstand die Welt nicht mehr und wurde immer unglücklicher. So sehr sie sich auch bemühte ihn auf sie aufmerksam zu machen, er ignorierte sie soweit es ging.
Nun war der Tag der großen Hochzeit gekommen das Mädchen, das nun eine Adelige war, wurde für das Fest hergerichtet. Aber richtig freuen konnte sie sich nicht.
„Wenn er mich nicht mehr liebt, dann hat es keinen Sinn ihn zu heiraten und somit nur noch unglücklicher zu machen…“, murmelte sie leise und schlich sich leise aus dem Haus zu den Ställen.Dort nahm sie sich ein Pferd und wollte davon reiten, in dem weißen Hochzeitskleid, das sie noch immer anhatte.
Aber als sie gerade durch die Tür reiten wollte, versperrte ihr Geliebter ihr den Weg. Verwundert sah sie ihm ins das wütende Gesicht.
„Wie kannst du es nur wagen, mich am Tag unserer Hochzeit zu verlassen, und mich somit vor allen anderen zu demütigen? Reicht es dir nicht, dass ich dich zur Frau nehmen muss, obwohl mein Herz noch immer für eine Andere schlägt?“, schrie er.
Verletzt und verzweifelt sah sie den Mann an und wusste nicht, was sie tun sollte. Er liebte also eine Andere, deswegen hatte er sie so schlecht behandelt.
„Und du? Du willst besser sein?!“, rief sie, woraufhin der Adelige sie nur verwirrt ansah.
„Was willst du mir damit andeuten?“, verlangte er zu wissen.
„Ich habe dich wirklich geliebt, liebe dich immer noch! Ein Jahr musste ich von dir getrennt sein um dir dann endlich so nahe zu sein können, wie man es uns vorher verboten hatte. Und als ich dich wieder sehe, endlich, behandelst du mich wie Dreck und stößt mich so unsanft von dir! Wenn du ein anderes Mädchen liebst, warum hast du es deinem Vater nicht gesagt und ließest stillschweigend für dich eine Braut aussuchen?!“
Fassungslos sah er die junge Adelige an und erkannte endlich wieder seine Geliebte in ihr. Sein Herz klopfte wie wild und seit langer Zeit konnte er zum ersten Mal wieder lächeln.
Das Mädchen beobachtete verwirrt das Schauspiel und wusste nicht, was das nun zu bedeuten hatte.Der junge Mann kam langsam auf sie zu, hob sie vom Ross herab und hielt sie so in seinen Armen, während er sie noch immer anlächelte. Als er wieder so glücklich aussah versiegten ihre Tränen. Er flüsterte ihr ins Ohr: „Wie konnte ich dich nur so lange nicht erkennen, Liebste? Bitte verzeih mir!“Sie lachte vor Glück. Nun endlich war es ihr gelungen ihm die Augen zu öffnen, auch wenn sie dadurch fast das zweite Mal verlassen hätte. „Nun hast du es ja doch bemerkt.“, sie küsste ihn sanft auf die Stirn und er lächelte weiterhin.
„Aber bitte sag mir, Liebste, warum hast du mich im Glauben gelassen, du wärest tot? Mein Herz hat geblutet, als ich erfahren habe, was sich auf deinem Bauernhof zugetragen hat.“, fragte er sie dann ernst.
„Eine Lady hat mich bei sich aufgenommen und mich für ein Jahr erzogen, bis ich bereit war in die Gesellschaft eingeführt zu werden. Wenn jemand dahinter gekommen wäre, dass ich doch nur eine Bauerntochter bin, dann hätte man mich gehängt und die arme alte Lady gleich mit dazu, deswegen mussten wir es so aussehen lassen, als wäre ich tot.“, erklärte sie ihm.
„Ich bitte dich, lasse mein Herz nie wieder so bluten, Liebste! Ich werde dich heute zur Frau nehmen und ich hoffe, dass du nie wieder so ein Spielchen mit mir treibst.“
Wieder lachte das Mädchen glockenhell. „Nein! Nein, ganz gewiss nicht!“
Völlig in die Geschichte vertieft trat Ivette um die Ecke und krachte gegen die Brust eines Mannes, der sie noch im letzten Moment festhielt, damit sie nicht niederfiel.
Leicht benommen schüttelte sie den Kopf und erkannte Etainnes sorgenvolles Gesicht vor sich, das ihrem gefährlich nahe gekommen war, da er sehen wollte, ob mit ihr alles in Ordnung war.
„Geht es dir gut?“, fragte er vorsichtig, als sich ihr Blick langsam wieder klärte.
„Ich war nie bei besserem Wohlbefinden.“, sagte sie und wollte ihm ihre Arme entziehen, die er noch immer in seinen großen Händen gefangen hatte. Ihr Buch hielt sie noch immer in der einen Hand und Etainne las nun den Titel des Romans. Fast schon verwundert sah er nun sie wieder an.
„Sag, zum wievielten Mal liest du diese schnöde Liebesgeschichte denn noch?“
Empört japste Ivette auf. „So oft ich will! Außerdem ist es nicht deine Angelegenheit, wie oft ich welches Buch lese, und nun lass mich los.“, verlangte sie.
Er schüttelte jedoch nur der Kopf. „Nein, ich werde dich erst loslassen, wenn du mir endlich erklärst, warum du mich so unfreundlich behandelst!“
Sie seufzte genervt auf. „Das habe ich dir doch schon einmal gesagt! Hör einfach besser auf die Worte, die ich sage, obwohl man das bei dir ja nicht zu erwarten hat. Du behandelst doch jede Frau wie Dreck.“
„Und schon wieder eine Beleidigung! Was habe ich dir eigentlich getan? Und was soll das bedeuten, dass ich jede Frau wie Dreck behandle?“, er hatte ihr Arme noch fester gepackt, dass sie sich ja nicht losreißen konnte.
Unwohl wandte sie sich unter seinem Griff. „Du hast mir meinen Bruder weggenommen!“, schrie sie nun. „Du weißt gar nicht, wie einsam ich damals war!“
„Ach komm! Das kann nicht dein Ernst sein! Dein Bruder ist freiwillig mit mir gekommen und eigentlich hättest du dich darüber freuen sollen, schließlich hat er dort sein Glück gefunden.“, sagte Etainne verächtlich.
„Du hast mir meinen ersten Kuss gestohlen!“, fauchte sie ihn an.
Überrascht ließ er sie einen Moment los, aber diesen Moment nutzte sie und befreite sich aus seinem Griff und rannte so schnell sie konnte in die andere Richtung, weg von ihm.
Was hatte sie nur getan? Er hatte sie zwar losgelassen, aber nun hatte sie ihn an den Kuss von damals erinnert!
Wie dumm konnte man nur sein? Vielleicht hatte er ihn ja schon vergessen, oder sah es als ein unwichtiges Ereignis in seinem Leben und jetzt hatte sie ihm eine Blöße gezeigt!







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