Mondfinsternis Teil 13

Autor: Jiyu no Kotoba
veröffentlicht am: 13.12.2008




Kapitel 13 - Die Sch?ne und der Bettelm?nch

Langsam ging die T?r auf.
'Ja? Was willst du?'
Verdutzt sah ich das M?dchen an, das mir mit total genervtem Tonfall die T?r ?ffnete. Sie hatte dieselben Gesichtsz?ge, wie Darren, jedoch war ihr Haar lang und glatt und ihre Augen hatten eine stechende, eisblaue Farbe. Mit durchdringendem Blick musterte sie mich, von den kurzen, rot-schwarzen Haaren, ?ber meine gew?hnungsbed?rftigen schwarzen Klamotten, bis zu meinen ausgelatschten Chucks. Und ihr gefiel eindeutig nicht, was sie sah. In diesem kurzen Blick sah ich, dass sie mich nicht leiden konnte.
'Ich m?chte zu Darren' entgegnete ich daher schnippisch.
'Ach, ein kleiner Darren-Fan?'
B?se funkelte ich sie an und wollte gerade etwas nicht allzu artiges sagen, als von drinnen eine Stimme erklang, die mein Herz zum flattern brachte.
'Yukiko, lass den Bl?dsinn.' Hinter dem M?dchen tauchte Darren auf und schob sie zur Seite. 'Komm rein, Elo. Ich will ja nicht, dass meine kleine Schwester dich vergrault.' Er grinste mich an, w?hrend seine Schwester verschwand.
Neugierig trat ich ein. Im Gegensatz zum ?u?eren Erscheinungsbild des Hauses, war die Inneneinrichtung recht deutsch gehalten, wenn man von einigen kleinen Asiatischen Details absah.
'?hm, kann ich deinen Eltern Hallo sagen?'
'Mein Vater ist noch nicht da, aber meine Mutter m?sste hier irgendwo herumgeistern. MAMA?!' rief er pl?tzlich. Erschrocken zuckte ich zusammen.
'Oh, tut mir leid, ich habe vergessen, dass du neben mir-'
'Ja?' Aus einer der T?ren trat eine relativ gro?e Frau mit blonden, kinnlangen Haaren, die bereits von einigen grauen Str?hnen durchzogen waren heraus.
'Mein Besuch ist da.'
Ich trat l?chelnd auf sie zu und reichte ihr die Hand. 'Hallo, ich bin Eleonora.'
Sie l?chelte zur?ck und ergriff meine Hand. 'Sch?n dich endlich kennen zu lernen. Ich bin Petra. Ich war schon ziemlich neugierig auf dich. Darren erz?hlt st?ndig von dir.''Er - was?' Verdutzt schaute ich erst sie und dann ihn an.
'Gar nichts!' Er griff nach meinem Handgelenk und zog mich in Richtung Treppe. 'Wir gehen hoch.'
Ich stolperte hinter ihm die Stufen hoch und genoss das Gef?hl seiner Hand auf meiner Haut.'Das, ' Darren blieb vor einer der T?ren stehen und grinste mich an, 'ist mein Reich.' Schwungvoll ?ffnete er sie und es ert?nte ein Knall, als w?re die T?r irgendwo gegen geschlagen. 'Ups? ach, egal. Komm rein.'
Z?gernd trat ich n?her. Einerseits wollte ich verdammt gerne sehen, wie sein Zimmer aussah? Aber andererseits wollte ich nicht eintreten. Es war, als w?rde jemand versuchen, mich in den Raum zu ziehen, und jemand anderes hinter mir stehen und mich festhalten. Letzten Endes siegte jedoch Darrens einladendes Grinsen und ich ?berschritt die Schwelle. Ich hatte das Gef?hl, in eine andere Welt einzutauchen.
Darrens Zimmer war etwa halb so gro?, wie meines und L-f?rmig gebaut. Die lange Seite ging nach links weg. Links von der T?r stand ein kleiner Schreibtisch und dahinter das Bett. An der gegen?berliegenden Wand war ein niedriges Regal, auf dem ein Fernseher stand. In den Regalb?den befanden sich ein Receiver, ein DVD-Player und eine Playstation. Ein Fach weiter standen DVDs und Playstationspiele bunt durcheinander. Hinter der T?r war ein Kleiderschrank, in den vermutlich nicht einmal die H?lfte meiner Sachen gepasst h?tte. Gegen ihn war wohl eben die T?r geschlagen.
Was einem jedoch hier im Zimmer am meisten ins Auge stach, war nicht die zusammen gew?rfelte Einrichtung, oder das Papierchaos auf dem Schreibtisch. Wenn man eintrat sah man direkt in die 'kurze Seite des L's'. Im Gegensatz zum Rest des Raumes war die Wand hier nicht blassgelb, sondern dunkelrot gestrichen. Dort, an der Wand der T?r gegen?ber, stand eine Holztruhe aus dunklem Holz, auf der Per?cken in allen m?glichen Variationen - lang, blond, punkig, lockig - standen. Auch daneben auf dem Boden waren einige. Ein brauner ?rmel hing aus der Truhe heraus. Rechts von ihr hing eine Fotowand. Die wild durcheinander h?ngenden Bilder zeigten die verschiedensten B?hnen und bunt gekleidete Schauspieler. An der linken Wand hing ebenfall seine Fotowand, die vermutlich ?hnliche Szenen zeigte. An der rechten Wand stand ein schmales B?cherregal und davor ein Schr?nkchen, wor?ber ein Spiegel hing.
'Na, gef?llt es dir?'
'Ich, ?h' langsam erwachte ich aus meiner Erstarrung. 'Es ist - wow!'
'Echt?' Er klang verdutzt.
'Ja klar! Warum denn nicht?'
Er grinste verlegen. Das m?sste er ?fters machen, es sah n?mlich verdammt s?? aus. 'Na ja, ich hab deine Zimmereinrichtung gesehen... Und nach der habe ich eigentlich nicht erwartet, dass dir so etwas gef?llt.'
Mein Blick wanderte immer wieder zwischen ihm und der ?Theaterecke' hin und her. 'Doch?' sch?chtern sah ich ihn an. 'Darf ich mal gucken?' Normalerweise war ich nicht so neugierig. Es interessierte mich zwar schon, was wohl so in den uneinsehbaren Schr?nken war, aber ich w?rde niemals fragen, ob ich reinschauen d?rfte. Aber jetzt war das irgendwie anders. Erstens war es Darrens Zimmer, und ich wollte wissen, wie es hier aussah - auch unter der Oberfl?che. Und zweitens zog mich diese Ecke magisch an. Sie verband zwei dinge, die mir etwas bedeuteten. Theater und Darren.
'Klar, schau dich ruhig um. Du darfst ?berall reinschauen.' Er grinste schief. 'Nur die untere Schublade vom Kleiderschrank? Da willst du wahrscheinlich gar nicht erst rein sehen.''Nee, wahrscheinlich eher nicht.' Wahrscheinlich eher doch. Aber das konnte ich ihm ja schlecht sagen.
Neugierig ging ich auf die Truhe zu und strich vorsichtig ?ber die Haare der Per?cken. Sie f?hlten sich total echt an.
'Die m?ssen ja ein Verm?gen gekostet haben!'
'Naja, billig waren sie nicht, aber ich arbeite ja. Und zwar genau f?r solche Sachen.'
'Wow?' murmelte ich vor mich hin. Dann fragte ich lauter: 'Darf ich auch in die Truhe schauen?'
'Wie gesagt, schau da rein, wo du reinschauen willst.'
'Was soll ich denn mit den Per?cken machen?'
'Warte, ich mach das schon.'
Er stellte sich neben mich und mir stockte der Atem. Seine rechte Schulter lehnte leicht gegen mich. Als er sich vorbeugte, um die Per?cken wegzustellen, streifte er mich und ich hatte das Gef?hl, als w?rde ich unter Strom stehen. Ich beobachtete seine H?nde, wie sie sich bewegten, und ertappte mich dabei, dass ich mir vorstellte, was er mit ihnen alles machen konnte. Schnell sah ich weg und richtete meine Aufmerksamkeit auf sein Gesicht. Eindeutig weniger gef?hrlich. Aber nicht minder attraktiv. Eine Str?hne hatte sich aus seinem dicken Zopf gel?st und hing ihm ins Gesicht. Vertr?umt betrachtete ich seine Lippen und seine Augen. Er sah einfach verdammt gut aus.
'Soo,' er richtete sich auf 'jetzt darfst du w?hlen.'
'Eh, ja. Danke.' Ich l?chelte ihn unsicher an. Hoffentlich hatte er nichts bemerkt. Ich musste ihn wie bescheuert angestarrt haben. Um das zu ?berspielen griff ich nach dem Deckel der Truhe und ?ffnete sie.
'Wahnsinn?' Die Kiste war bis obenhin voll mit Kost?men. 'Sind das deine? Also, hast du die getragen?' Erstaunt sah ich ihn an und registrierte zum ersten Mal, was f?r Bilder an der Fotowand hingen. Es waren keine Fotos von irgendwelchen Theaterst?cken, wie ich zuerst angenommen hatte. Auf vielen war Darren zu sehen und die anderen Bilder waren auch eindeutig von denselben St?cken. Nur wenige dieser Auff?hrungen spielten sich auf der B?hne der Schule ab.
Pl?tzlich entdeckte ich in der Truhe etwas, und musste breit grinsen.
'Zieh das mal an!' Ich hielt ihm ein himmelblaues Kleid hin, das wohl aus dem 18. Jahrhundert stammt. Zumindest sah es vom Schnitt und allem so aus.
'Nur, wenn du auch was anziehst.'
'Hm? Okay.' Um ihn in dem Kleid zu sehen machte ich auch so was mit. Au?erdem machte verkleiden ja auch immer Spa?.
Darren w?hlte kurz in der Kiste herum und zog dann ein braunes Etwas hervor. Eine M?nchskutte.
'Das kannst du einfach ?berziehen, dann brauchst du dich nicht komplett umziehen.' 'Oh, Dankesch?n.' Wie s??. Ich l?chelte. Er dachte sogar daran, was mir vielleicht unangenehm war.
Ich zog mir die Kutte ?ber den Kopf. Beziehungsweise, ich versuchte sie mir ?berzuziehen. Leider verhakte sich ein Faden an einem meiner Nietenb?nder und war nicht mehr loszul?sen. Hastig versuchte ich, ihn abzukriegen, da die Luft in der Kutte doch recht muffig war. Und scheinbar hatte Darren sie nicht viel getragen, oder sie war direkt gewaschen worden. Auf jeden Fall roch sie nichteinmal nach ihm. Letzten Endes bekam ich es jedoch ab und zog sie mir richtig an.
Als ich meinen Kopf durch die ?ffnung schob, atmete ich die weitaus angenehmere Luft tief ein - und musste prompt husten. Knallrot werdend drehte ich mich von Darren weg, der obenohne da stand, und dabei war, sich auch von seiner Hose zu befreien. Aber ganz wegsehen konnte ich nicht. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich, wie er nach dem Kleid griff, einen Moment mit dem Verschluss k?mpfte und es sich dann ?berzog. Ich musste ein Seufzen unterdr?cken, als sein durchtrainierter K?rper mit den markanten Narben unter dem blauen Stoff verschwand.
'Hey, Elo, k?nntest du mir eventuell mal kurz hinten beim Verschluss helfen?'
'Was?' Verdammt, ich wurde schon wieder rot!
Er grinste schief. Hatte er etwas bemerkt? 'Kannst du mir kurz bei dem Verschluss helfen?''Achso. Ja, klar.'
Ich trat hinter Darren und besah mir den Verschluss. Er bestand aus ziemlich vielen H?kchen. Alleine in dieses Kleid zu kommen, war geradezu ein Ding der Unm?glichkeit. Z?gernd griff ich nach dem Kleid. Meine H?nde waren noch k?lter als sonst - sie zitterten, weswegen ich eine ganze Weile brauchte, um das erste H?kchen zu verschlie?en. Aber? ich stand direkt hinter ihm, atmete mit jedem Atemzug seinen Duft ein. Und jedes Mal, wenn ich nach einem neuen Verschlussteil griff, ber?hrte ich seine Haut. Ich h?tte ewig so weitermachen k?nnen. Doch irgendwann war ich fertig.
'Dankesch?n.' Er drehte sich zu mir um und grinste mich an. Er stand dicht vor mir? so dicht? 'Jetzt sind wir die Sch?ne und der Bettelm?nch.' Als er mein verdutztes Gesicht sah, lachte er. 'Keine Sorge so eitel bin ich nicht. Au?erdem w?rst wenn dann du die Sch?ne.' Er lachte wieder. H?tte er das nicht sein lassen k?nnen? Jetzt wusste ich nicht, wie er das meinte.'Eh?'
'Aber du hast was vergessen.'
'Ich hab? was?' Seine N?he vernebelte mir noch immer das Hirn.
'Na, die Kordel. Du hast die Kordel nicht zugeknotet.'
Er griff nach dem Band und ich hatte das Gef?hl, als w?rde die Welt ein sich ein wenig verdrehen und in die Ferne r?cken. Mein Verstand schaltete sich augenblicklich v?llig ab und ich bekam nichts mehr mit, au?er ihm und seinen H?nden... meinem K?rper so nahe?'So, das h?tten wir.'
Viel zu schnell entfernten sich seine H?nde wieder von mir.
Wir standen etwas unschl?ssig herum, da wir nicht so ganz wussten, was wir tun sollten. Auf einmal lie? Darren sich auf sein Bett plumpsen und grinste mich an.
'Erz?hl mal was.'
'Was soll ich denn erz?hlen?' Verwundert sah ich ihn an.
Er zuckte mit den Schultern. 'Wei? nicht. Von dir, der Schule, deinem Haustier, deinem Freund? sei kreativ!'
'Ich habe weder Haustier, noch Freund.'
'Dann Schule.'
'Ist langweilig.'
'Tja, dann wirst du wohl oder ?bel, etwas ?ber dich erz?hlen m?ssen.'
Ich zog eine Augenbraue hoch. 'Was soll ich denn bitte ?ber mich erz?hlen?'
'Naja, zum Beispiel? keine Ahnung.' Ratlos hob er die Schultern.
'Wie w?re es denn,' schlug ich vor und setzte mich vor ihm im Schneidersitz auf den Boden, 'wenn du etwas von dir erz?hlst?'
'Da wei? ich genauso wenig, was ich erz?hlen soll.' Er setzte sich um, was sein Kleid zum Rascheln brachte.
'Hm.' Ich dachte nach. Mir schoss einiges durch den Kopf, was ich ihn jedoch alles nicht fragen wollte. Doch dann viel mir eine Frage ein, die - das nahm ich zumindest an - unverf?nglich war. 'Als was arbeitest du eigentlich?'
'Ich jobbe im Tattoo-Studio.'
'Du jobbst im?' Meine Kinnladen klappten herunter. 'Jetzt echt?!'
'Ja, warum denn nicht?'
'Hast du schon mal ein Tattoo gestochen?'
'Nein.' Er grinste schief. 'Wie gesagt, ich arbeite nur im Tattoo-Studio und nicht als T?towierer.'
'Oh? schade? Was machst du denn da?'
'So? alles was sonst so anf?llt. Sauber machen, Essen holen? Und vor allem zuschauen und lernen.'
Nachdem wir erst einmal ins Gespr?ch gefunden hatten, fiel uns ein Thema nach dem anderen ein, ?ber das wir uns unterhielten. Die Zeit flog nur so dahin, ohne dass wir es bemerkten. So waren wir total ?berrascht, als es an der T?r klopfte und Yukikos Kopf herein schob. 'Ihr sollt essen kommen.' Sie verschwand wieder.
Darren und ich sahen uns an, sahen am anderen runter und fingen an zu lachen.
'So k?nnen wir aber nicht zum Essen.'
'Nein' grinste ich. 'Nicht so wirklich.' Ich stand auf um mich umzuziehen, beziehungsweise die Kutte auszuziehen. Danach drehte ich Darren brav den R?cken zu, als er sich umzog. Es gab ja zum Gl?ck noch Spiegel, zum beobachten.







Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7 Teil 8 Teil 9 Teil 10 Teil 11 Teil 12 Teil 13 Teil 14 Teil 15 Teil 16 Teil 17 Teil 18 Teil 19 Teil 20


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz