Familienverhältnisse Teil 11

Autor: Lollita
veröffentlicht am: 24.05.2008




Der Verlust

Die Zeit verflog wie im Flug. Ashleys Bauch war auch gewachsen. Maja traf sich weiterhin mit Dan und glaubte, ohne ihm nicht mehr leben zu können. Immer und immer wieder kam Chris betrunken nach Hause und fing Streit mit Ashley an. Auch an diesem Tag kam es dazu. Er war auf der Couch eingeschlafen. Ashley kam nach unter und berührte sanft seine Schulter. Erschrocken fuhr er aus dem Schlaf und schaute sie mit blutunterlaufenen Augen zornig an. –Was willst du von mir? – meinte er und sprang auf. Er wackelte gefährlich auf den Beinen. – Chris, komm ins Bett.- meinte sie leise.- Nein. – meinte er und trat einpaar Schritte von ihr zurück. – ich bin einmal mit dir ins Bett gegangen und schwupstiwups war mein Leben zerstört. Also lass mich in Ruhe. – schrie er sie an und Tränen liefen über ihr Gesicht.- Hast du gehört, las mich in Ruhe. – wiederholte er und Ashley hielt sich die Ohren mit den Händen zu. Chris stürmte auf sie zu, riss die Hände von ihren Ohren weg und schrie ihr direkt ins Gesicht. – Ich hasse dich, ich hasse dich. – er konnte nicht mehr damit aufhören. Er ließ sie los und ging von ihr weg. Ashley fiel auf die Knie und weinte. Ihre Hoffnung, dass Chris sich in sie verlieben würde, war zerstört. Sie lebte in der Hölle, ohne Ausweg. – Ich hasse dich. – hörte sie Chris sagen und dann wurde die Tür aufgerissen und fiel einige Sekunden später ins Schloss. Er war weg, wie auch jedes Mal, wenn sie sich gestritten hatten. Ashley stand auf und wusch ihre Tränen weg. Ihr war leicht übel und schwindelig gewesen und sie beschloss ins Bett zu gehen. Sie stieg gerade die Treppen hoch, als ein neuer Anfall von Schwindeligkeit sie überfiel. Sie versuchte sich am Geländer festzuhalten, doch konnte es nicht mehr. Sie stürzte die Treppen runter und blieb reglos liegen.
Chris konnte diese ganzen Streitigkeiten nicht mehr ertragen. Aber er wusste nicht, wie er seinen Frust anders rauslassen konnte. Jetzt wo er in einem benachbarten Hotel eincheckte, hatte er Schuldgefühle. Ashley hatte es nicht verdient so von ihm behandelt zu werden. Er war mehr wütend auf sich als auf sie. Er hatte sich ja auch wahnsinnig gefreut, als Ashley vom Gynäkologen nach Hause kam und ihm verkündete, dass sie einen Jungen erwartete. Bloß hat er sich nichts anmerken lassen. Sie hatte schon das Gästezimmer, blau streichen lassen und das Kinderbettchen, den Wickeltisch und Babykleider in blau gekauft. In dem Hotelzimmer Nr. 16 fiel er aufs Bett. Er beschloss sofort morgen früh nach Hause zu gehen und sich bei Ashley zu entschuldigen, aber heute war er einfach zu müde dafür. Ohne sich auszuziehen, schlief er ein.
Ashleys und Chris` Wohnung lag auf Majas Schulweg. Als hielt sie an, wie sie es auch jeden Tag vor der Schule tat, vor der Wohnung an und ging hoch, um gemeinsam mit Ashley zu frühstücken, wie sie es auch jeden Tag tat. Sie klingelte an der Wohnungstür, doch keiner machte ihr die Tür auf. Maja wunderte sich, weil Ashley doch wusste, dass sie jetzt vor der Tür stehen würde. Sie schaute auf die Uhr. Es war halb sieben, wie auch jeden Tag. – Na gut. – meinte Maja schulterzuckend und nahm den Ersatzschlüssel, der unter dem Blumentopf im Hausflur lag. –Ashley. – rief sie nach ihrer Freundin, als sie die Wohnung betrat. Sie sah sofort Ashley am Treppenansatz liegen und stürzte sich zu ihr. – Ashley. – rief sie nach ihr, doch bekam keine Reaktion. Sie griff nach dem Telefon und rief den Rettungsdienst. Nach 5 Minuten waren die Sanitäter da. Sie nahmen Ashley auf die Trage und fuhren sie ins Krankenhaus. Maja fuhr mit ihr mit und hielt immer ihre Hand. – Wie geht es ihr? Wie geht es dem Baby? - fragte sie den junger Sanitäter. – Ihr Puls ist schwach, aber sie lebt. Aber der Herzschlag des Kindes ist nicht mehr zu hören. – meinte er besorgt. Maja traten Tränen in die Augen. Ashley wurde im Krankenhaus sofort in den Operationssaal gefahren. Maja blieb im Flur und rief ihre Eltern und Ashleys Eltern an. Chris ging nicht an sein Handy, also hinterließ sie ihm eine Nachricht auf der Mailbox. –Chris, ich bin`s Maja. Also Ashley ist im St. Joseph Krankenhaus. Komm sofort hierhin. – sagte sie und legte auf.
Chris war währenddessen gerade um 10 Uhr aufgewacht. Er duschte und zog seine Klamotten wieder an. Er beschloss, dass ab heute an neues Leben beginnt. Er, Ashley und das Baby, sie waren eine Familie. Bevor er nach Hause ging, ging er in einen Kinderbekleidungsgeschäft vorbei und kaufte einen Strampleranzug. Es sollte so was wie eine Entschuldigung sein. Damit wollte er Ashley auch beweisen, dass er es ernst meinte. Vor sich her pfeifend ging er die Straßen entlang und fühlte sich beflügelt. Er lief hoch zu ihrer Wohnung. – Ashley. – rief er nach ihr, doch sie antwortete nicht. Er suchte die ganzen Zimmer nach ihr ab, doch sie war nirgendwo zu entdecken und Maja war auch nicht hier, obwohl er ihren Wagen vor der Tür hat stehen sehen. Ein schrecklicher Gedanke kam ihm, hat Ashley ihn etwa verlassen. Chris` Herz bebte wie verrückt. Er lief, noch immer mit der Tüte mit den Kinderklamotten in der Hand, hoch in ihr Schlafzimmer und riss den Kleiderschrank auf. Doch Ashleys Kleider waren noch da, auch das Foto von ihren Eltern stand auf ihrem Nachttisch, das hätte sie doch sicherlich mitgenommen. Sein Handy piepte in seiner Hosentasche und er griff danach. Das Display zeigte einen unbeantworteten Anruf. Chris legte das Handy ans Ohr und hörte Majas Nachricht ab. Eine schreckliche Angst überkam ihm. Er ließ die Tüte mit den Kinderklamotten fallen und verließ die Wohnung. Er setzte sich in sein Auto und fuhr los. Er übersah rote Ampeln und Fußgänger, die verärgert ihm Beschimpfungen hinterher warfen. Mit über 100 km/h raste er durch die Straßen und konnte an nichts anderes, als an Ashley und das Baby denken. Wie konnte das nur passieren? Das war alles seine Schuld gewesen. Er hat Ashley schlecht behandelt, hat sie beschuldigt, sein Leben ruiniert zu haben. Er dachte nur an sich selbst, hat nie gedacht, dass auch ihr Leben nicht einfach war. Sie wurde in der Schule aus dem Augenwinkel angeschaut, hinter ihrem Rücken wurde getuschelt und getratscht, das erfuhr er immer von Maja. Ashley hatte sich nie beschwert. Er hat sie mies behandelt, sie verletzt und zum Weinen gebracht, auch das behielt Ashley für sich. Sie wollte nicht, dass seine oder ihre Eltern schlechter Meinung von ihm waren. Er war ein Schwein. Er würde es sich nie verziehen, wenn Ashley oder dem Baby etwas passieren würde. Nach fünf Minuten stand er auf dem Besucherparkplatz. An der Annahmestelle fragte er nach Ashley. Er nahm die Treppe. Im Flur der dritten Etage sah er schon Maja, die hin und her spazierte. Ashleys Mutter, die in den Armen ihres Mannes weinte. Kirsten stand an der Wand und knabberte nervös an ihren Fingernägeln.
-Hey Chris. – meinte Maja und er schaute in ihre verweinten Augen. – Was ist passiert? – fragte er leise. – Ich weiß es nicht. – sagte Maja und ihre Unterlippe zitterte. – Ich vermute, dass sie die Treppe runter gefallen ist. Sie hat viel Blut verloren und wird jetzt operiert. – sagte sie und weinte. Er drückte sie an sich. – Dad erkundigt sich gerade, wie lange die OP noch dauert. – meinte sie und wusch die Tränen weg. Da kam auch schon Peter und alle Blicke wandten sich hoffnungsvoll an ihm. – Die OP ist gut verlaufen. – meinte er und eine Erleichterung machte sich in dem Raum breit. – Ashley geht es soweit gut, sie liegt jetzt in der Wachstation. – meinte er. – Wie geht es dem Baby? – fragte Chris unsicher. Peter ließ die Augen auf den Boden gleiten und schüttelte bloß kaum bemerkbar mit dem Kopf. Ashleys Mutter bracht in Tränen aus. – Nein! – schrie Chris wie ein verletztes Tier. – Nein! – schrie er. Maja versuchte ihren Bruder in den Arm zu nehmen und ihm zu beruhigen. Doch er schlug ihre Arme bei Seite und lief weg. – Chris. – schrie Maja ihm hinterher. Sie konnte ihn in dieser Situation nicht alleine lassen. Er war so verzweifelt, dass er sich etwas antun könnte. Doch als Maja draußen ankam, sah sie nur noch Chris Wagen um die Ecke biegen. Sie wusste, wo er hinwollte.
Vor seiner und Ashleys Wohnung blieb er stehen. Er ließ das Auto auf der Straße stehen und lief hoch in die Wohnung. Er lief hoch zu dem Kinderzimmer. Mit Tränen in den Augen blieb er in der Tür stehen. Seine Verzweiflung und sein Schmerz ließ ihn das Kindergelächter hören. – Nein. – schrie er und trat gegen das Schaukelpferd, sodass der Kopf des Pferdes auf den Boden fiel. Er nahm den Schaukelstuhl, wo Ashley in letzter Zeit so gerne saß, und warf es gegen die Wand. Der Stuhl prallte ab und zerbracht in zweit. Aus dem Kinderbett nahm er die ganzen Kissen und die Matratze und verstreute sie in dem Zimmer. Das Kinderbett kippte er um. Das ganze Spielzeug warf er um sich herum. Als Maja die Wohnung betrat, hörte sie einen Höllenlärm. Sie lief die Treppe hoch und blieb in der Türschwelle des Kinderzimmers stehen. Ihr entsetzter Blick wanderte durch das verwüstete Zimmer. Die Tapeten wurden von den Wänden gerissen, überall lagen Kinderspielzeug und Kinderklamotten. Chris stand mitten im Zimmer und atmete schwer. Er wollte gerade nach dem Wickeltisch greifen als Maja auf ihn zustürmte und ihm mit ihren Armen umschlug. – Chris. – meinte sie leise.- Beruhige dich. – redete sie ihm ein. Sie zog ihn zurück. – Es ist alles meine Schuld. – wiederholte er immer wieder unter Tränen. – Ich habe es verschuldet, dass mein Sohn nicht mehr lebt.- sagte er und weinte. Maja lehnte sich an die Wand und setzte sich auf den Boden, Chris zog sie mit. Er legte sich auf den Boden und legte seinen Kopf in Majas Schoß. – Es ist alles meine Schuld. – sagte Chris leise. – Es wird alles wieder gut. – beruhigte Maja ihn und streichelte durch sein blondes Haar. Ihren Bruder kannte Maja als arrogant und immer gefasst. Jetzt war er ein Wrack.







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