Familienverhältnisse Teil 1

Autor: Lollita
veröffentlicht am: 18.04.2008




Hallo Leute,
das ist meine neue Geschichte. Viel Spaß beim lesen. LG Lollita

Vorwort

Die Dunkelheit der Nacht verbarg ihre kleine magere Gestalt, die sich durch den Wind und den Regen kämpfte. Das Tuch, was sie sich über den Kopf geworfen hatte, um nicht vollständig nass zu werden, riss sich los und flatterte davon. Sie machte aber keine Anstalten es wieder einzufangen. Der Regen war inzwischen so stark, dass sie den Asphalt unter ihren Füßen nicht sah. Der Wind plätscherte ihr unbarmherzig das Regenwasser ins Gesicht. Doch auch darum scherte sie sich nicht, ihr war nur wichtig, dass das kleine Bündel, was sie mit beiden Armen umklammerte nicht nass wurde. Sie schaute auf ihren Sohn herab. Er war kein halbes Jahr alt, doch hielt sich tapfer, weinte nicht und schaute sie nur mit ängstlich großen Augen an. - Alles in Ordnung. - redete sie dem Kleinen ein und diese Worte trieben ihr Tränen in die Augen. Nichts war in Ordnung, heute nicht. Gestern war es noch in Ordnung gewesen. Doch gestern war schon länger her. Sie lächelte durch die Tränen ihrem Sohn zu. Er konnte doch nichts dafür, dass das Blatt sich so schnell gewendet hatte, dass gestern noch die Sonne schien und heute die Wolken den Himmel verdunkeln, dass gestern Jack noch lebte und heute … .Sie fing an zu weinen, als sie an Jack dachte. -Nimm ihn und lauf weg - waren seine letz-ten Worte gewesen. Was danach geschah, erfuhr sie am nächsten Tag in den 6-Uhr-Nachrichten. Hausbrand in der Lackerstreet 13, männliche Leiche Anfang zwanzig bis zur Unkenntlichkeit verbrand mit einer Schussverletzung im Schädel. Der zuständige Polizeiermittler teilte mit, dass die Leiche noch nicht identifiziert worden sei und dass zu dem Tathergang noch nichts Genaues gesagt werden kann. Doch sie wusste ganz genau, wessen Leiche in diesem Haus gefunden wurde. Gestern war Lackerstreet 13 noch ihr Zuhause gewesen. Der Regen ließ langsam nach und sie richtete sich wieder auf. Ihre Situation war so hoffnungslos, dass sie langsam Selbstmordgedanken entwickelte. Sie hatte keinen Menschen auf der Welt, der ihr helfen konnte, der ihr Trost spenden konnte. Sie hatte nicht mal eine Bleibe für diese Nacht.
Ihr Sohn war inzwischen eingeschlafen. Sie spürte die Kälte ihr den Rücken hochkriechen. Es war sehr kalt und die Decke, in der das Baby eingewickelt war, war schon fast durchnässt gewesen. Jetzt bekam sie Angst, sie wollte sterben, aber sie wollte ihren kleinen Sohn nicht sterben lassen. Sie überlegte scharf. Als sie mit 15 Jahre schwanger wurde, verwies die die Frau vom Jugendamt an eine Kinderkrippe, falls sie es in Erwägung ziehen würde, ihr Kind zur Adoption freizugeben. Sie hatte ihr doch noch eine Karte gegeben, wo die genaue Adresse stand. Aber damals dachte sie nicht daran, sie und Jack freuten sich auf das Baby, also zerriss sie die Karte leichtsinnig und warf sie in den Papierkorb. Doch sie hatte sie sich noch durchgelesen. Welche Straße war das denn noch mal?- fragte sie sich. Mittlerweile hatte es ganz aufgehört zu regnen, der der Wind ließ nicht nach. Wie ein Geistesblitz -Georgiastreet 15. Sie blickte auf. Ja, das war Georgiastreet 15. Sie schaute auf ein Straßenschild, das auf der anderen Straßenseite stand. Mockenraystreet, las sie. Die Georgiastreet war nur zwei Blocks von dieser Straße entfernt. Sie machte sich auf dem Weg.
Die Kirchglocken schlugen bereits Mitternacht. Keine Menschenseele befand sich auf der Straße und nach und nach gingen auch die Lichter in den Fenstern aus. Das stand sie vor dem Haus Nummer 15 in der Georgiastreet. Es war ein aus Backstein errichtetes altes Gebäude, auch hier brannte kein Licht mehr. Langsam und sich andauernd umschauend ging sie zu der Eingangstür. Es war Zeit Abschied zu nehmen, Abschied für immer. Tränen flossen über ihr Gesicht, doch sie bemühte sich nicht, diese wegzuwischen. Sie gab ihrem Sohn einen letzten Kuss auf die Stirn, strick im über sein blondes Haas. Er schlief gang friedlich, ohne zu wissen, was ihm bevorstand. Schuldgefühle überkamen sie und für einen Augenblick wollte sie ihren Sohn mitnehmen und weglaufen. Doch dann dachte sie daran, wie ausweglos ihre derzeitige Situation war. Sie wusste noch gar nicht, wie es für sie weitergeht und diese Ungewissheit wollte sie ihrem Sohn nicht antun. Sicherlich werden sich für ihn großartige Eltern finden, die ihm finanzielle Absicherung und liebevolles Zuhause geben werden. Ganz vorsichtig legte sie ihn auf die Treppe vor dem Haus auf einen, wie sie fand, trockenen Platz. - Ich liebe dich - sagte sie zu ihm und klingelte an der Tür. Hinter der Tür blieb es ruhig und ihr Herz schlug schneller. Tausende Gedanken schossen durch ihren Kopf. Sie drückte noch einmal auf die Klingel. Diesmal hörte sie schritte hinter der Tür und ein Licht ging im Flur auf. Sie schnellte über die Straße und verstreckte sich im Busch. Von da konnte sie beobachten, wie eine ältere Frau mit einem über die Schulte geworfenem Tuch die Tür aufmachte. Der Kleine fing an zu weinen und die Frau hob ihn hoch. Sie drückte das Kind an sich und ging zur Straße, wo sie sich umschaute. Doch die Straße war leer. Die alte Frau ging etwas vor sich her murmelnd wieder in das Haus rein. Noch einen Moment blieb sie hinter dem Busch sitzen und versuchte ihren Kummer und Schmerz zu unterdrücken. War ihre Entscheidung richtig gewesen? Sie wusste es nicht. Sie hatte nicht und sie konnte ihm nicht bieten. Sie wusch ihre Tränen weg und richtete sich auf, sie wollte so schnell wie möglich die Georgiastreet verlassen und ihren Sohn verlassen.
Sie ging die leeren und dunklen Straßen entlang und die Kälte, die Einsamkeit und der Kum-mer machten ihre Seele schwer. Sie kuschelte sich noch mehr in ihren Mantel ein. Als sie die Blacklakestraße überquerte, war sie so in ihre Gedanken versunken, dass sie nicht mitbekam, wie die Fußgängerampel auf Rot umsprang und ein rasendes Auto um die Ecke bog. Der rote BMW, Modell 2 schleifte sie mit und blieb stehen. Sie wurde drei Meter weit geschleudert und blieb liegen. Sie spürte starke Schmerzen in den Kniegelenken und in der Magendgegend. - Sind Sie ok?- ein besorgtes Gesicht eines alten Mannes erschien über ihr. Er kniete sich zu ihr. - Sind Sie verletzt? - fragte er sie, doch sie konnte nicht antworten. Sie versuchte sich aufzurichten, doch es gelang ihr nicht. - Wie heißen Sie? - fragte sie der Mann. - Kirsten. - konnte sie ihm nur antworten, vor ihren Augen drehte sich alles und sie fiel in ein tiefes Loch ohne Boden. Sie wünschte sich, es wäre gestern und alles in Ordnung.







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