Nachtgedanken Teil 5

Autor: roses of mackintosh
veröffentlicht am: 11.07.2008




Weitere 8 Jahre später (unsere Ina ist mittlerweile 54, Violetta ist 23)

Ein Grab, ich stand davor. Violetta war neben mir, ich hatte einen Arm um sie geschlungen. Ich wusste, was auf dem Stein stand 'Hier ruht Philipp Schmidt geboren am 14.8.1961 gestorben am 12.1.2010', trotzdem konnte ich den Blick nicht von ihm wenden. Plötzlich veränderten sich die Buchstaben, die goldene Schrift zerfloss und es baute sich ein neuer Schriftzug auf: 'Hier ruht Christian Wentzel geboren am 25.3.1960 gestorben am 13.6.2018'.Meiner Kehle entwich ein Schrei, Violetta sprach beruhigend auf mich ein. Ich zitterte 'Nein, nein, bitte komm zurüüüüüüück!'

'Ina, was ist? Wach auf!' Mit tränenverschmiertem Gesicht lasse ich den Albtraum hinter mir. Ich drehe mich zur Seite und blicke in ein Meer aus Eis.
'Du hast schlecht geträumt, oder? Ach, meine Kleine, es wird schon alles gut!', beruhigend zieht Christian mich in seine Arme. Ich kann und will nicht über den Traum reden, bloß vergessen, und schmiege mich an seinen Körper. Morgen wäre der 13.6.2018...
Ich höre wie Christian wieder einschlummert und lausche seinem Atem. Ich bin so froh, dass er da ist, dass es ihn gibt, dass wir zueinander gefunden haben.
Lächelnd erinnere ich mich an den Tag zurück:

Es war mein 50. Geburtstag und Violetta wollte mich unbedingt in ein Restaurant ausführen. Nach Philipps Tod übernahmen wir sein Haus, Violetta absolvierte ihr Abitur mit Bravour und arbeitete in den Sommerferien als Verkäuferin bei einem Chocolatier. Anstatt sich selbst etwas zu gönnen, sparte sie ihr Geld, um mich an meinem Geburtstag zu verwöhnen, dachte ich.
Wir betraten 'La cicada', einen Italiener mit extremen Chic. Ich war vorangegangen, als mir Violetta plötzlich die Augen von hinten zuhielt und mich zu einem Tisch brachte. Jemand sang 'Happy Birthday' und obwohl mir die Stimme bekannt vorkam, konnte ich sie nicht zuordnen. Erst als die Hände zurückgezogen wurden, erkannte ich den Mann, der mich immer verfolgt hatte: Christian. Ich war so geschockt, dass ich kein Wort herausbrachte. Seit Philipps Beerdigung und seiner Bitte, ihn doch anzurufen, hatte ich nichts mehr von ihm gesehen oder gehört.
'Möchtest du mich nicht begrüßen, Ina?', fragte er etwas spitzbübisch. Verwirrt blickte ich zu Violetta, eine Antwort, eine Erklärung erwartend. Doch meine Tochter grinste nur wissend. Etwas ungelenk gab ich ihm die Hand und meinte leise: 'Welch Zufall, was machst du denn hier?'

Lächelnd blicke ich Christian an. Er muss sich an dem besagten Tag wohl sehr
zusammengerissen haben, nicht laut zu lachen, nach meiner peinlichen Vorstellung. Aber mir fiel in dem Moment nichts Besseres ein, als ihm die Hand zu reichen und diese blödsinnige Frage zu stellen.

'Deine Tochter hat mich gebeten, mit euch deinen Geburtstag zu feiern', antwortete er.Perplex schaute ich auf meine Tochter, die bloß mit den Schultern zuckte. Nach ein paar Sekunden wich die Verwirrung bloßer Wut: Wie konnte sie nur?
'Nun, das ist ja nett', meinte ich bloß säuerlich, rückte den Stuhl so weit wie möglich von ihm weg und nahm Platz, meine Tochter würdigte ich keines Blickes.
Die Stille an unserem Tisch war unerträglich, aber ich war nicht gewillt, etwas dagegen zu unternehmen, schließlich hatten die beiden sich das selbst eingebrockt.
Christian erlöste uns schließlich: 'Violetta hat mich angerufen, vor zwei Wochen in etwa. Wir haben uns getroffen und ich habe ihr alles erzählt von uns beiden. Schließlich bat sie mich gestern doch mitzukommen. Wenn ich gewusst hätte, dass du das nicht willst, wäre ich nicht gekommen, Ina...' Seine Stimme klang melancholisch, verzweifelt. Ich blickte Violetta an, diese errötete und verschwand auf Toilette. Danke, mein Kind, dachte ich sarkastisch und versuchte Christian anzulächeln.
'Du darfst nicht böse auf sie sein, Ina, sie will nur dein Bestes.' Ich erwiderte nichts. 'Wirklich, sie hat deine Tagebücher gefunden...'
Ich schnappte nach Luft: 'Sie hat WAS?! Woher weißt du denn davon?'
'Naja', er errötete (in anderen Augenblicken hätte ich das absolut süß gefunden, aber damals), 'sie hat mir von deinen Träumen berichtet!'
Die Empörung und Wut übermannten mich und ich sprang auf, um aus dem Lokal zu stürmen.
'INA, nein, warte!', er hielt mich fest. Diese Berührung veränderte alles. Ich fühlte mich sofort wieder wie das kleine Mädchen, das diesen Menschen abgöttisch liebt. Er wusste on meinen Träumen, oh Gott! Beschämt blickte ich zu Boden. Und dann folgte eine Szene, die ich schon kannte:
Sanft hob er mein Kinn und seine Lippen trafen meine. Es war, als blühte eine Pflanze in mir auf, meine Hände vergruben sich in seinen Haaren, mein Mund verschlang seinen. Ein Seufzer entwich meiner Kehle. 'Du bist so wunderschön...', wisperte er. Ich war unfähig mich zu rühren, mein Atem ging stoßweise und ich spürte wie meine Haut seine Berührung ersehnte und gleichzeitig unter ihr litt. Ich schaute zu ihm auf, in seine eisblauen Augen. Leicht schüttelte er den Kopf, fast ungläubig, mich wahrhaftig vor sich zu haben. Dann drückte er mich an sich, so fest, als hätte er Angst mich loszulassen. Obwohl ich kaum Luft bekam, war ich glücklich und presste mein Gesicht an seine Brust. Es tat so gut seine Wärme zu spüren, seine Arme, die mich festhielten.
' So etwas darf nie wieder passieren...', wisperte er an meinem Ohr, 'du bist doch mein ein und alles, ich habe doch nur dich!' Er drückte seine Lippen auf meine Stirn, vergrub seine Hände in meinen Haaren. Ich zitterte immer noch.
'Meine Kleine, ich liebe dich doch...', seine Stimme klang so verzweifelt, so mutlos. Verwirrt schaute ich zu ihm auf. 'Aber, aber, wieso?', stotterte ich.' Weil du der wunderbarste und faszinierendste Mensch bist, den ich jemals getroffen habe', liebevoll blickte er mich an, 'und jetzt guck nicht wie ein Eichhörnchen, es ist so, seit wir uns kennen.'

Ich hatte es geträumt, jede einzelne verdammte Nacht ohne ihn, hatte ich davon geträumt...Aus dem Augenwinkel bemerkte ich Violetta, an eine Wand gelehnt, sie lächelte. Ich lächelte zurück.

Grinsend schließe ich die Augen. Diese dumme Nuss, wie konnte sie ihm damals nur von meinen Traumtagebüchern erzählen?! Ich presse mein Gesicht an Christians Brust, inhaliere seinen Duft und schlafe selig lächelnd ein.

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Es hat mal wieder ewig gedauert, es tut mir Leid. Eigentlich endet die Geschichte hier, ich habe nämlich kaum noch Ideen. Sollten eure Proteste jedoch überhand nehmen, werde ich über eine Fortsetzung nachdenken.
Also, erst einmal, danke fürs Lesen, ihr seid die Besten!! Küsschen
Und ein kleiner Tipp: Die beschriebene Kuss-Szene besteht nur aus ihren Träumen, sind also in den früheren Nachtgedanken-Teilen zu finden.
Liebe Grüße
Roses of mackintosh







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