Internat, Chaos und Jungs Teil 11

Autor: Yana
veröffentlicht am: 05.06.2008




JANNIK:
Julia und ich waren nicht zum Unterricht gegangen, da wir uns eh nicht hätten konzentrieren können. Wir hatten die Nacht nicht geschlafen und waren bei jedem leisesten Geräusch ans Fenster gerannt, in der Hoffnung, es könnte Luk und Cathrin sein. Doch nichts war geschehen.
Und jetzt, um 1O Uhr morgens, wurde endlich die Tür aufgerissen. Luk trug Cathrin in seinen Armen herein. Aufgebracht sprang ich auf. 'Was hast du mir ihr gemacht?', schrie ich ihn an.'Nichts habe ich ihr getan. Sie wurde plötzlich ohnmächtig. Ich glaube, das heute Nacht war etwas viel für sie.' Luk legte sie auf ihr Bett und deckte sie zu.
'Und von was wurde sie ohnmächtig? Einfach so?'
'Nein.' Luk begann zu erzählen.

CATHRIN:
Als ich aufwachte, wusste ich zunächst nicht, wo ich mich befand und was letzte Nacht geschehen war, doch dann traf es mich wie ein Blitz. Sven… ich fing an zu zittern.'Sssscht. Ich bin da, Cathrin.' Julia strich mir beruhigend durchs Haar. Ich richtete mich auf. Sie saß neben mir auf meinem Bett. Aber sie konnte mich doch gar nicht beschützen, wenn Sven plötzlich auftauchte! Er würde ganz leicht mit ihr fertig werden!
'Luk und Jannik kommen gleich. Sie sind beim Direx undregeln alles. Sie werden gleich da sein.' Sie summte eine beruhigende Melodie.
Nach etwa einer viertel Stunde öffnete sich unsere Zimmertür und Luk und Jannik traten ein. Luk schloss vorsichtig die Tür hinter sich, während Jannik besorgt auf mich zu stürzte.'Wie geht es dir, Cathrin?' Julia stand auf, um Jannik Platz zu machen. Er setzte sich auch sogleich undschloss mich in seine Arme.
'Mir geht's gut, Jannik.', murmelte ich.
'Du siehst aber ganz schlecht aus.' Verärgert runzelte ich die Stirn. 'Wenn du's eh besser weißt, warum fragst du dann?' Ich befreite mich aus seiner Umarmung. Er lachte auf. 'Na, streiten kannst du wenigstens noch.'
'Arroganter Schnösel.', brummte ich unverständlich. Jannik und Julia verstand es nicht, doch Luk anscheinend schon, denn er fing leise an zu kichern.
Ich ließ mich zurück ins Kissen plumpsen. 'Wie lange habe ich geschlafen?', wollte ich wissen. Ich fühlte mich, als hätte ich seit Jahren nimmer geschlafen.
'So gut wie gar nicht, Cathrin. Es ist 1O.3O Uhr morgens.'
'Kein Wunder, dass ich noch so müde bin.'
Jannik lächelte. 'Ja, kein Wunder.' Er beobachte mich zärtlich. Unbehaglich setzte ich mich wieder auf. 'Was hat eigentlich der Direx gesagt?'
'Er will später noch mal mit dir reden - wegen deinen Eltern.', antwortete Luk schnell.
'Wieso? Ich weiß doch auch nicht mehr als ihr, wo sie sich befinden.'
'Er möchte trotzdem mit dir reden.'
'Hm!', brummte ich. 'Ich will jetzt erst einmal duschen.'
'Willst du nicht erst schlafen?', fragte Julia überrascht.
'Nein!' Wenn ich schlief, kamen sie am Ende noch auf die Idee, mich alleine zu lassen. Ich sprang schnell auf, musste mich jedoch erstmal festhalten, denn mir wurde sofort wieder schwarz vor den Augen.
'Alles okay, Cathrin?', fragte Luk besorgt.
'Jaja.' Ich öffnete meinen Kleiderschrank, zog Hose und Pulli raus und ging ins Bad. Ich schloss die Tür ab und entledigte mich meiner Klammotten, die ich gleich in den Wäschekorb stopfte. Dann schlüpfte ich unter die Dusche und ließ kaltes Wasser an.
Nachdem ich geduscht hatte, wickelte ich wie immer ein Handtuch um meine Haare und eines um meinen Körper, dann zog ich mich an und kämmte und Föhnte meine Haare.
Schließlich schloss ich die Tür wieder auf und schlüpfte zu den drei Wartenden ins Zimmer.'Jannik? Kannst du Cathrin etwas zum Essen besorgen?', fragte Luk höflich. Ich sah, wie Jannik sich eine bissige Bemerkung verkniff und auf die Tür zu stapfte. 'Warte, ich komm mit!', schloss sich Julia ihm an. Luk sah ihnen nach und als wir - endlich? - alleine waren, drehte er sich wieder zu mir um. 'Geht es dir besser?'
'Ein wenig.'
'Das war wohl etwas viel, gestern Nacht.'
'Hm… das kann mal wohl sagen.'
'Es tut mir leid. Es war alles meine Schuld!'
Ich stritt es nicht ab. 'Lass uns über etwas anderes reden. Ich bin nicht in der Stimmung über das nachzudenken, was gestern Nacht/heute Morgen passiert ist.'
Luk lächelte unsicher. 'Wie du willst.'
'Spürst du jetzt gerade Verlangen?', brach es urplötzlich aus mir heraus.
'Es kommt drauf an, nach was.'
'Nach meinem Blut.' Er kam auf mich zu und nahm meine Hand. Er drehte sie mit der Handfläche nach oben und drückte seine Nase an mein Handgelenk. Dann lächelte er wieder. 'Nein.'
'Wonach dann?'
'Kannst du es dir nicht denken?' Liebevoll schaute er mich an. Ich musterte mit schräk gelegten Kopf sein Gesicht. 'Nach mir?', fragte ich, ohne langes umschweifen.
'Wonach sonst?' Als ich nicht antwortete, redete er weiter. 'Ich begehre dich, Cathrin. Schon vom ersten Tag an, als ich dich hier sah. Und ich kann nicht aufhören, mich nach dir zu zehren.' Verwirrt über sein Geständnis machte ich einen Schritt zurück.
'Oh tut mir leid.' Niedergeschlagen ließ er meine Hand los und trat ebenfalls einen Schritt zurück. 'Ich mache dir Angst.'
'Nein, nein. Das ist es nicht.', antwortete ich schnell.
'Sondern?'
'Ich…', ich stockte.
'Ja?', erwartungsvoll schaute er mich an.
'Ich kenne dieses Gefühl nicht… begehrt zu werden. Es ist so…so überraschend, verstehst du? Ich weiß nicht, wie ich reagieren soll….'
'Ja ich verstehe.' Er lächelte sein engelslächeln. 'Du brauchst nichts zu sagen. Ich wollte nur, dass du weißt, was ich für dich empfinde.'
'Was verstehst du unter 'begehren'?', fragte ich ihn wie immer direkt.
'Was ich darunter verstehe?' Er überlegte kurz, dann hellte sich sein Gesicht auf. 'Damit meine ich, dass ich dich so sehr Liebe, dass ich am liebsten sofort über dich herfallen würde.' Dieses Geständnis jagte mir zu meinem eigenen Wunder keinen Schrecken ein. Im Gegenteil, ein warmes - Glücksgefühl? - durchströmte meinen Körper. Ich kicherte.
'Warum tust du's nicht?'
'Weil jeden Moment Jannik und Julia oder ein anderer Mitschüler ins Zimmer platzen könnte.'
'Stört dich das?'
'Um ehrlich zu sein, hätte ich lieber dabei meine Ruhe.' Er lächelte und kam auf mich zu. 'Aber um dich zu küssen, ist es mir egal, ob Jannik und Julia jederzeit ins Zimmer platzen könnten oder nicht.' Er wickelte eine Haarlocke, die auf meiner Brust lag, um den Finger und strich mir über die dunklen Ringe unter meinen Augen. 'Du bist müde.'
'Schlafen kann warten.'
'Meinst du?'
'Ja, sicher!' Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und legte meine Arme um Luks Hals. Er senkte seinen Kopf und drückte seine Mund zärtlich auf meinen. Weich schmiegten sich unsere Lippen aufeinander und verschmolzen. Liebevoll schlang er seine Arme um meine Hüfte, hob mich hoch und setzte mich auf den Tisch, ohne seine Lippen von den meinen zu lösen. Ich schmeckte seinen warmen Atem in meinem Mund, als ich ihn mit einem leisen Seufzer öffnete. Er ließ meine Hüfte los und packte meine Beine, um sie sich um den Bauch zu schlingen. Bereitwillig klammerte ich mich an ihn und zog ihn mit meinen Armen noch weiter zu mir herunter.
Lachend löste er sich aus meinem Klammergriff und trat einen Schritt zurück. 'Sie kommen.''Ich dachte, dir würde es nichts ausmachen, wenn sie uns beim Küssen erwischen.'
'Das eben sah wohl nicht nach einem Kuss aus.' Er lächelte mich an.
Da hatte er wohl recht. Ich leckte mir über die Lippen und sehnte mich nach einem weiteren Kuss von ihm.
Die Tür öffnete sich und Jannik und Julia traten jeweils mit einem großen Tablett voll mit Essen ins Zimmer. Sie stellten sie auf den Boden.
'Wir haben gleich für uns alle was mitgebracht. Schließlich haben wir auch noch nichts gegessen.', entschuldigte sich Jannik für die Unmengen von Brote und Äpfel. Wir setzten uns zu viert auf den Boden und ließen es uns schmecken. Herzhaft biss ich in ein Wurstbrot, als sich unsere Zimmertür wieder öffnete. Es war der Direx.
'Cathrin, ich muss mit dir reden.' Luk wollte etwas erwidern, doch der Direx unterbrach ihn. 'So-fort.' Seufzend stand ich auf und folgte ihm gehorsam in sein Büro. Mein Magen knurrte.'Tut mir leid, dass ich dich beim Frühstück störe, doch es ist wichtig. Es ist wegen ihrem Ex-freund Sven. Ihre zwei Freunde, Jannik und Luk, haben mir von ihrer nächtlichen Begegnung erzählt. Auch die Drohung, die er zum Abschied aussprach, ist mir bekannt.'
'Und? Was sollen sie noch wissen?'
'Kleine Details. Zum Beispiel muss ich wissen, wie er aussieht und wie Alt er ist.'
'Groß, normaler Körperbau, dunkelblond, braune Augen, kurze, abstehende Haare, 20 Jahre, auffälliger Ohrring am rechten Ohr.'
'Ist das die Beschreibung von vor 4 Jahren?'
'Nein, so sah er gestern aus.'
'Du hattest wohl viel Zeit, ihn zu mustern?'
'Sein Aussehen hat sich wohl in mein Gedächtnis gebrannt. Warum wollen Sie das alles wissen?'
'Ich nehme seine Drohung sehr ernst.'
Mir stockte der Atem. 'Sie meinen, er wir hier auftauchen?'
'Das nehme ich an.'
'Warum sind Sie besorgt um mich? Kann das ihnen nicht völlig egal sein?''Da irrst du dich, Cathrin. Du bist einer meiner Schülerin. Daher bin ich auch für deine Sicherheit verantwortlich. Außerdem weiß ich, was DAMALS passiert ist. Ich will verhindern, dass sich so etwas wiederholt.'
Mir wurde kalt. 'War's das?'
'Noch nicht ganz. Ich habe versucht, deine Eltern zu erreichen, aber sie sind unter der angegebenen Nummer nicht erreichbar. Die Frau, die ans Telefon ging behauptete, die neue Nummer deine Eltern nicht zu haben. Wie ungerne ich das zu dir sage, aber ich befürchte, dass sich deine Eltern aus dem Staub gemacht haben.'
'Keine Sorge. Sie bestätigen eh nur meinen Verdacht.'
'Das tut mir alles sehr leid, was du durchmachen musst. Es ist sicherlich nicht leicht für dich.'
'Nein ist es nicht. Aber danke, ich brauche kein Mitleid.', behauptete ich.
'Natürlich nicht. Du kannst gehen.'
'Gut.' Ich stand auf und schlüpfte aus dem Büro des Direx. Ich beeilte mich wieder zurück zu Luk, Jannik und Julia zu kommen.
Als ich im Zimmer ankam, hatte ich keinen Appetit mehr und schmiss mich aufs Bett.
'Was hat er gesagt?', wollte Julia wissen.
'Nichts Neues.'
'Er wollte doch irgendetwas von dir wissen, oder?', bohrte sie weiter.
'Er fragte nach Sven's Aussehen und seinem Alter.'
'Ach so. Und sonst nichts?'
'Nein.'
'Na denn.' Sie widmete sich wieder ihrem Nutellabrot zu.
'Willst du nichts mehr essen?', fragte mich Jannik.
'Nein, hab kein hunger mehr.' Verzweifelt durchkämmte ich mein Hirn nach einer Idee, wie ich meine Eltern finden könnte. Ich wollte endlich wissen, was das sollte.
'Keine Sorge, Cathrin. Morgen setzen wir uns zusammen und machen einen Plan, wie wir deine Eltern finden können.' Kann Luk zufälligerweise Gedanken lesen?
'Ich mach mir aber Sorgen.'
'Brauchst du nicht.', mischte sich Jannik wieder ein. 'Wir werden dir helfen. Und wir werden sie finden. Verlass dich auf uns.'
'Hm.'
'Du wirst schon sehen, Cathrin.' Luk lächelte mir vom Schreibtisch aus, aufmunternd zu.

Als der Unterricht durch eine laute Klingel beendet wurde, verließ Jannik und Luk Julias und mein Zimmer. Wir blieben alleine zurück und schmissen uns, nachdem wir Türen und Fenster verschlossen hatten, ins Bett, um ne Runde zu schlafen.
Vier Stunden später klopfte es an der Tür. Erschrocken fuhren wir auf.
'Wer ist da?', fragte ich vorsichtig und schlüpfte in meine Jeans.
'Wir sind's!', antwortete Jannik. Ein wenig erleichtert schloss ich auf und ließ die Jungs ein. 'Was gibt's?', fragte Julia verschlafen. Sie gähnte herzhaft.
'Es gibt Abendessen.', teilte Jannik mit und strich sich über den Bauch. 'Ich habe tierischen Hunger, ihr nicht auch?'
Wir murmelten etwas Unverständliches.
Ich schnappte mir eine Bürste und kämmte mir meine langen Haare. Dann zog ich mir einen Pulli und Schuhe an. Währenddessen duschte Julia und die Jungs schauten gelangweilt Fern. Als ich fertig angezogen war, aber Julia noch das Bad blockierte, setzte ich mich zwischen Jannik und Luk.
Nach langen zehn Minuten öffnete sich die Badezimmertür und Julia schlüpfte frisch 'gestylt' heraus. 'Ihr Mädels braucht aber ziemlich lang. Hätte ich das gewusst, hätte ich euch früher geweckt. Jetzt ist bestimmt schon das Beste weggegessen.', brummte Jannik.'Na hör mal! Das war Rekordzeit!', schnaubte Julia.
'Rekordzeit?'
'Klar! Sonst brauchen wir doppelt so lang, nicht wahr, Cathrin?'
'Mööööglich.', sagte ich gedehnt.
Nebeneinander verließen wir das Hauptgebäude und eilten über den Hof in die Esskantine. Wir suchten uns einen leeren Vierertisch und setzten uns hin.
'Holt ihr euch ruhig schon was. Ich verteidige unseren Platz.' Ich hatte eh keinen Hunger.'Wenn es dir nichts ausmacht, leiste ich dir Gesellschaft.', sagte Luk, der rechts von mir saß.'Nö, hab ich nicht.'
'Na dann. Komm Julia.' Jannik und Julia machten sich auf die Jagd, nach dem letzten guten Essen. 'Du musst was essen, Cathrin.'
'Ich hab keinen hunger.'
Prüfend betrachtete er mich. 'Sicher, dass du nicht unter die Magersüchtigen gehst?'
Ich lachte auf. 'Sicher! Und was ist mit dir?'
'Ich verspüre so etwas wie Hunger nicht.'
'Stimmt. Du ernährst dich ja anders.'
'Klar.'
Jannik und Julia kamen mit vollbeladenen Tellern zurück zu unserem Tisch.
'Was ist das?', fragte ich und deutete auf die braune Soße, die auf Julia's Nudeln verteilt war.'Nutella!'
'Nutella mit Nudeln?'
'Klar, schmeckt super. Willst du mal?'
'Nee danke!' Ich hob abwehrend die Hände. Dieses Mädchen hatte wirklich einen außergewöhnli-chen Geschmack. 'Ich glaub ich geh wieder schlafen. Ich bekomm jetzt eh keinen Bissen runter.' 'Ich komm mit.' Luk schob seinen Stuhl zurück und nahm meine Hand. Zusammen gingen wir raus auf den Hof. 'Willst du wirklich schlafen gehen?' 'Kommt drauf an, was du vor hast?!' 'Ich kenne eine grüne Stelle im Wald.'
'Wo soll hier denn Wald sein?'
'Weiter hinten.'
'Ich weiß nicht so recht.'
'Der Direx wird uns nicht erwischen. Und wenn doch, sagte ich, dass ich dich entführt habe.' Ich lachte auf. 'Okay!'
Heimlich schlichen wir uns vom Internatsgelände und gingen die Mauer entlang. Und plötzlich stan-den wir vor einem Wald.
'Wow, ein Wald.'
'Kaum zu glauben, nicht?'
Ich nickte.
'Komm.' Er nahm mich an der Hand und führte mich in den Wald.
'Findest du dann überhaupt noch zurück?'
'Vertrau mir.' Und das tat ich. 1O Minuten folgte ich ihm durch das Unterholz, bis wir auf einer klei-nen Lichtung ankamen. Sie war nicht besonders schön, aber auf jeden fall einsam.Ich schmiss mich auf den moosigen Boden, neben Luk.
'Schön ruhig hier, nicht?'
'Ja.', antwortete ich schläfrig.
'Hey, nicht einschlafen.' Ich hörte ein leises rascheln und dann spürte ich für einen kurzen Moment Luks Gewicht auf mir. Sogleich stützte er sich jedoch so ab, dass ich nur noch seine wärme auf meiner Haut spürte. Seine Hände waren jeweils links und rechts neben meinem Kopf auf den Boden gestemmt. Ich spürte seinen Atem in meinem Gesicht. Seufzend schloss ich die Augen. 'Hm.' Seine Lippen strichen über meine Wange, hinab zu meinem Hals, wieder hinauf zu meinem Mund, wo sie für eine Weile verweilten. Erst als er sich zurück auf den Boden rollte und mich vorsichtig auf sich zog, lösten sich unsere Lippen voneinander.'Kannst du mir eins verraten?'
'Was denn?', fragte ich müde. Mein Kopf sank auf seine Brust.
'Was fandest du an Sven so toll?'
'Du wirst es nicht verstehen.'
'Versuch es.'
'Hm… naja. Bevor ES passierte, benutzte ich mein Aussehen, um jeden Jungen, der mir gefiel zu bekommen. Sven war mein vierter Freund. Und es war das erste mal, dass ich mich richtig verliebte. Er war älter als meine vorigen Freunde und somit auch viel reifer. Ich fand es cool, mit ihm zusammen zu sein. Er war witzig, immer cool angezogen, reich, gutaussehend und beliebt.'
'Wie ist ES passiert?' Ich antwortete nicht gleich. 'Wenn du nicht darüber reden willst, sag es.'
'Nein, es ist schon okay. Dadurch, dass er reifer war als die Anderen, wollte er irgendwann mehr als küssen. Doch ich sagte ihm, dass ich dazu noch nicht bereit wäre. Am Anfang verstand er es doch von mal zu mal, wenn er mich fragte, ob wir… ob wir miteinander schlafen wollen, wurde er drängender. Einmal stritten wir uns so sehr, dass ich Schluss machte. Wenn er Sex wollte, machte er mir Angst. Und das merkte er auch. Es… als ich abends von einer Freundin nach Hause kam, fing er mich ab. Den Rest kennst, du glaube ich.'Er hielt mein Kinn fest und drehte mein Gesicht zu sich. 'Hast du Angst, dass dir noch einmal jemand so etwas antun könnte?'
'Ja.', sagte ich ehrlich
'Warum vertraust du mir?'
'Es ist nicht jeder wie er.'
'Wie willst du wissen, dass ich nicht so bin?'
'Ich weiß es nicht.'
Er ließ mein Kinn nicht los und schaute mir nachdenklich in die Augen. 'Aber trotzdem liegst du hier mit mir.'
'Ja.'
'Warum?'
'Weil ich meine Gefühle zu dir nicht ändern kann.'
'Welche Gefühle?'
Ich seufzte. 'Die sind schwer zu beschreiben.'
'Versuch es.', sagte er, wie all so oft.
'Wenn du nicht bei mir bist, dann fühle ich eine Art Leere in mir, die erst wieder erfüllt ist, wenn du bei mir bist und mich berührst.' Ich dachte kurz nach, dann fuhr ich fort. 'Außerdem fühle ich mich bei dir sicher, beschützt. Du gibst mir Mut.' Ich spürte, wie mir die Röte in die Wange schoss. Ich war nicht gut in solchen Geständnissen. Lachend strich er mir über die Wange, dann seufzte er.
'Lass uns zurück gehen, bevor jemand unsere Abwesenheit bemerkt.' Er ließ mich los und wir standen auf. Hand in Hand gingen wie zurück zum Internat.

'Wo warst du denn? Ich hab mir schon Sorgen gemacht!' Julia empfing mich schon an der Zimmer-tür.
'Ich war nur noch kurz mit Luk draußen.'
'Was machen?', fragte sie mich misstrauisch.
'Reden.' Das war nicht einmal gelogen.
'Seid ihr wieder zusammen?'
'Wir waren nie getrennt. Es war eher ein Missverständnis.', behauptete ich.
'Er ist mir immer noch nicht geheuer. Er starrt dich immer so gierig an…'
'Ich weiß, dass ihr euch Sorgen um mich macht. Aber das braucht ihr nicht - jedenfalls was Luk an-geht. Er hat mir letzte Nacht 'das Leben gerettet'. Wäre er nicht bei mir gewesen, hätte mich Sven verschleppt.'
'Hätte Luk dich nicht angeschrien und hätte er dir nicht so miese Dinge an den Kopf geworfen, dann wärst du erst gar nicht abgehauen.'
'Er konnte ja nicht wissen, dass ich so reagiere.', nahm ich ihn in Schutz.
'Er hätte es sich denken können. Wegen ihm bist du Sven begegnet. Hätte er dich nicht beleidigt, wäre jetzt noch alles beim Alten und Sven würde nicht nach dir suchen.'
'Sven wusste, dass meine Eltern mich in ein Internat gesteckt hatten. Er hätte also so oder so nach mir gesucht. Nun sind wir gewarnt.'
Schmollend setzte sie sich auf ihr Bett. Dann seufzte sie. 'Da hast du recht. Trotzdem finde ich…'
'Thema beendet.', unterbrach ich sie und zog meine Hose aus. 'Lass uns schlafen. Es war eine lange Nacht.' Gesagt, getan.

Am nächsten Morgen klingelte der Wecker um 6 Uhr. Julia und ich zogen uns an und aßen Frühstück. Dann gingen wir zum Unterricht. In der ersten Stunde hatten wir Deutsch bei unserer Klassenlehrerin.
In der zweiten Mathe bei Herr Olaf und in der Dritten Französisch bei Madame Monsieur (ja, ein sehr komischer Name. Im deutschen heißt sie Frau Herr). Verschlafen wie ich war, quälte ich mich durch den Unterricht und konnte es kaum erwarten, endlich in die Pause gehen zu dürfen.
So ging es eine Woche lang. - Eine friedlich, lange Woche.
Am 1. Juli, genau eine Woche nach der Begegnung mit Sven, und eine Woche vor meinem 18ten Geburtstag, erwartete mich der Direktor nach dem Unterricht vor dem Klassenzimmer. Mit erstem Gesicht, teilte er mir mit, dass er dringend mit mir reden müsste.
Aufgewühlt folgte ich ihm. Ich wusste, dass er keine gute Nachricht für mich hatte.
In seinem Büro befahl er mir, mich zu setzen und nahm mir gegenüber Platz. Dann starrte er mich eine Weile an.
'Was?', fragte ich unbehaglich.
'Ich überlege gerade, wie ich es dir beibringen soll.'
'Seien Sie einfach direkt.'







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