Internat, Chaos und Jungs Teil 3

Autor: Yana
veröffentlicht am: 17.04.2008




CATHRIN:
Es tat gut, einfach nur da zu liegen, die Gedanken ausschließen zu können. Ich dachte einfach nicht nach. Nicht über die Welt, nicht über Jungs und schon gar nicht über mich - mich und meinem Le-ben. Die Augen geschlossen, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, verdrängte ich all meine Erinnerungen, die mich von Tag zu Tag, mein ganzes Leben lang schon begleiteten.
Vielleicht war 'ganzes Leben' etwas übertrieben. Es waren erst fünf Jahre her, als ES passiert war, als ER gekommen war und... innerlich schüttelte ich den Kopf. Es lohnte sich nicht, mir Tag für Tag den Kopf darüber zu zerbrechen, warum ER das getan hatte.
Nach einigen Stunden - draußen war es schon dunkel - schlug ich wieder die Augen auf und war vollkommen entspannt. Meine Schultern waren nicht weiter verkrampft und die Müdigkeit war wie weggewischt.
Unentschlossen, was ich nun machen sollte, stand ich auf und starrte aus dem Fenster. Der Mond hatte sich hinter einer Wolke verzogen. Es war finster draußen. Stockfinster. Und still. Genau der richtige Ort, um einen Spaziergang zu unternehmen.

JANNIK:
Als ich aus dem Fenster starrte, sah ich sie. Sie lief alleine über den Hof, unbeirrt und zielstrebig. Es war ungewöhnlich nachts um 0.00 Uhr spazieren zu gehen. Doch war nicht auch sie ungewöhnlich?

CATHRIN:
Der Spaziergang in der frischen Luft tat mir gut. Der Wind zerrte an meinen Haaren und wirbelte sie umher. Alles war Still. Kein Kauz schrie, keine kleineren Tiere huschten durchs Unterholz. Nicht ungewöhnlich, denn hier gab es keine Natur; Der Boden war gepflastert, die Bäume gefällt und das Gelände von einer riesigen Steinmauer umrundet.Ich wäre gern in ein schöneres Internat mit mehr Natur gegangen. Doch das hier war das Billigste gewesen. Und insgesamt war es auch ganz okay - jedenfalls von der Sauberkeit her.Ich erblickte eine kleine Bank, auf die ich mich auch gleich setzte. Meine Arme schlang ich mir um den Körper. Hätte ich gewusst, wie kalt es nachts hier draußen war, hätte ich mir eine Jacke über das dünne T-Shirt gezogen.
Plötzlich hörte ich Schritte. Sie waren noch weit entfernt, doch ich konnte sie trotzdem hören. Seit-dem ES passiert war, war ich aufmerksamer geworden und meine Sinne hatten sich geschärft. Wie das passieren konnte, konnte ich jedoch nicht verstehen. Vielleicht lag es an meiner andauernden Angst, die mich von Tag zu Tag und Nacht zu Nacht begleitete.Auch meine Augen waren schärfer geworden. In der Dunkelheit konnte ich fast so gut sehen, wie am Tag, und als plötzlich ein Umriss weiter vor mir auftauchte, wusste ich, dass es Jannik war.
Ich kniff meine Lippen zusammen, sprang auf. Leise wollte ich weglaufen. 'Hey, warte doch mal!', rief mir Jannik zu. Zögernd blieb ich stehen.

JANNIK:
Trotz der Dunkelheit sah ich ihre Angst, ihre aufflammende Panik. Sie schaute sich um, als würde sie einen Fluchtweg suchen. Vielleicht tat sie das auch?
'Hey, ich will nur mit ihr reden.', sagte ich vorsichtig. Einige Meter vor ihr, blieb ich stehen. 'Was willst du?' Das Misstrauen in ihrer Stimme war kaum zu überhören. 'Ich habe dich durch das Fenster gesehen und wollte fragen, was du hier alleine machst?' 'Was geht dich das an?', fauchte sie. Ich machte einen Schritt auf sie zu, sie einen zurück. Seufzend behielt ich den Abstand zu ihr bei.

CATHRIN:
LOS, MACH DAS DU VERSCHWINDEST! WER WEISS WAS FÜR GEDANKEN DER IM MOMENT HAT! ‚Hey, nicht alle Jungs sind so, wie ER. Versuch das mal zu verstehen! Jannik ist in Ordnung, nett und freundlich! Kapier es!' Natürlich, meine innere Stimme hatte recht. Nur weil ER mir so etwas Schreckliches angetan hatte, mussten nicht alle Jungs genau so sein. Aber von wo wusste ich, dass sie nicht dasselbe im Kopf hatten, wie ER? Von wo wusste ich, wem ich vertrauen durfte? Meinem Herz konnte ich nicht mehr vertrauen, es hatte mich schon einmal fast in den Tod geführt. ‚Damals warst du jung und unerfahren. Nun nicht mehr. Du musst vorsichtig sein, aber nicht jeden Jungen mit IHM vergleichen! Du musst dein Leben endlich einmal weiter führen! In der Zukunft leben und aus der Vergangenheit lernen, aber nicht in der Vergangenheit leben und im Selbstmitleid ertrinken!' Ja, wie oft hatte ich mir diese Sätze angehört? Wie oft hat mir der Psychiater erklärt, dass nicht alle SO waren? Vierzig oder Fünfzig mal? Oder spielte das überhaupt eine Rolle? ‚Jannik hat eine Chance verdient, wenigstens mit dir befreundet zu sein, falls er das möchte. Schließlich bist du mit Franzesko auch befreundet und er ist ein männliches Wesen!' Ja, ja. Ich seufzte.'Ich konnte nicht schlafen.' Mit einem Schulterzucken setzte ich mich auf die Bank. 'Darf ich?', fragte Jannik und deutete auf den Platz neben mir. Kurzentschlossen nickte ich. ‚Wenn er dir etwas tut, schrei einfach!' Ja, das würde ich.

JANNIK:
Als ich mich neben sie setzte, rutschte sie unruhig hin und her. Ich wusste, dass sie es lieber gehabt hätte, wenn Tausendkilometer Abstand zwischen uns gewesen wäre. Jedoch hatte ich das dringende Bedürfnis, ihr zu zeigen, dass ich ihr nichts Tat. Irgendwie ließ sie etwas in mir erwachen, etwas, was sich wünschte ihr unter die Armen zu greifen und ihr zu helfen, das zu vergessen, was man ihr angetan hatte, was sie erlebt hatte. Und sie zu beschützen, nie wieder alleine zu lassen.
Ich schüttelte über mich selbst den Kopf. So hatte ich noch niemals Gedacht,
beziehungsweiße gefühlt. Und irgendwie waren meine Gefühle auch verrückt. Ich kannte sie gerade mal ein paar Stunden, wusste nichts, nichts über sie! War es möglich, trotzdem solche Gefühle für sie zu haben? Oder täuschte ich mich nur?
Am liebsten hätte ich sie jetzt gefragt, über was sie nachdachte, was sie bedrückte und warum sie solche Angst hatte. Sicherlich würde sie mir dann nicht antworten, deshalb ließ ich es. Sie musste mir erst einmal vertrauen, dann konnte ich sie vielleicht fragen.

CATHRIN:
Schweigend saßen wir nebeneinander. Irgendwann sprang Jannik auf und verschwand mit den Worten, dass es schon spät sei. Ich wunderte mich. Jannik's Auftreten ergab für mich gar kein Sinn. Überhaupt, gab das hier alles überhaupt einen Sinn? Das Internat, das Lernen... mein LEBEN?
‚Na klar! Alles hat einen Sinn!' Nein. Nicht ALLES. Es machte keinen Sinn, dass meine Eltern mich weggeschickt hatten. Ein Internat war teuer und als ich sie darauf angesprochen hatte, hatten sie gemeint, dass DIESES Internat billiger war, als wenn ich jeden Tag zu Hause war. Doch das konnte ich ihnen nicht so richtig glauben. Ob sie mir was verschwiegen hatten?Da ich länger nicht mehr darüber nachdenken wollte, stand ich auf und ging in mein Zimmer, um noch eine Weile zu schlafen.

Am nächsten Tag war ich tot Müde. Ich hatte letzte Nacht nicht mehr einschlafen können, nachdem ich aus einer meiner nächtlichen Alpträume aufgeschreckt war. Insgesamt hatte ich nur zweieinhalb Stunden geschlafen.
Der Unterricht war Horror. Die meiste Zeit starrte ich aus dem Fenster und wandte meinen Blick nur dann in Richtung Tafel, wenn ich auf die Uhr schauen wollte, die darüber hing. Scheinbar merkte meine Klassenlehrerin, dass ich abwesend war, denn sie bestellte mich nach ihrer Stunde zu ihr ins Büro. Und als die Schulglocke endlich zum Mittagessen klingelte, packte ich schnell meine Bücher zusammen und beeilte mich, Frau Meiers Wunsch mich nach ihrem Unterricht zu sehen, nachzu-kommen.
Als ich an ihrer Bürotür klopfte und nach einem lauten 'Komm rein' eingetreten war, versuchte Frau Meier auch gleich aus mir herauszubekommen, ob mich etwas bedrückte. Nach hundertfacher Bestätigung, dass es mir super ging, entließ sie mich.

In der Kafeteria holte ich mir etwas zum Essen und setzte mich an einen freien Tisch. Als ich Jannik auf mich zukommen sah, nahm ich mir vor, freundlich zu ihm zu sein.
'Hey!', sagte ich, als ich sicher war, dass er mich hören konnte. Er verzog seinen Mund zu einem Lächeln und erwiderte meinen Gruß. Nach kurzem zögern setzte er sich zu mir an den Tisch. 'Na, wie geht's?' 'Gut.', log ich. Schweigend aß ich weiter. 'Hast du heute schon was vor?', fragte er. Ich schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. Ich konnte mir denken, was er als nächstes fragen würde. Das taten alle Jungs.
'Ich gehe mit Luk, Liz', er deutete auf ein braunhaariges Mädchen, das auf der anderen Seite des Saales saß 'Chris und Miriam dem Mädchen dort hinten, heute Abend in die Stadt. Wenn du Lust hast, kannst du mitkommen. Wir treffen uns um 18Uhr am Ausgang des Internates.' Mit diesen Worten stand er auf und ging.

JANNIK:
Als ich um die Ecke ging, kam mir Luk schon entgegen. 'Ach Moment mal, Jannik.', sagte er, als ich an ihm vorbei gehen wollte. 'Hm?' 'Könntest du nochmal versuchen den Direktor umzustimmen, dass wir bis elf Uhr wegbleiben dürfen? Dann könnten wir uns den Horror Film anschauen.' 'Nee, vergiss es. Der bleibt stur. Wenn er einmal entschieden hat, dass wir was nicht dürfen, dann bleibt er auch dabei. Also bis nachher, Kumpel.' Mit diesen Worten verschwand ich in meinem Zimmer.

Punkt 18Uhr standen Liz, Miriam, Luk, Chris und Ich vor dem Internatseingang. Cathrin war weit und breit nicht zu sehen, deshalb entschlossen wir los zu gehen, da wir unsere Zeit nicht vertrödeln wollten. Natürlich war ich enttäuscht, dass sie nicht erschienen war, doch irgendwie hatte ich es mir gedacht. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.
Da mein Plan, sie näher kennen zu lernen und ihr Vertrauen zu uns, jedoch hauptsächlich zu mir, durch diesen Ausflug etwas aufzubauen, gescheitert war, musste ich mir etwas anderes überlegen. Doch wie machte man das? Wie schaffte man es, einem völlig fremden Mädchen näher zu kommen, das in Panik gerät, wenn man sie nur ansah?

CATHRIN:
Ich hatte mit den Gedanken gespielt, Jannik und die anderen zu begleiten. Doch irgendwie hatte ich mich nicht dazu überwinden können, mit so viel mir fremde Leute auf einmal weg zu gehen. Morgen konnte ich Jannik ja fragen, ob wir etwas anderes alleine unternehmen wollte. Vielleicht war er ja wirklich ganz okay. Und ewig konnte ich nicht vor Jungs in Panik geraten.

Mit dieser Einstellung setzte ich mich am nächsten Tag im Unterricht, wie jeden Tag eigentlich auch, neben Jannik. 'Hey!', grüßte ich ihn. Erstaunt, da ich ihn bis jetzt noch nie vor dem Unterricht ge-grüßt hatte, schaute er von seinem Buch auf, in dem er gerade gelesen hatte. 'Sorry, dass ich gestern nicht gekommen war, aber irgendwie hatte ich keine Lust.', sagte ich so gelassen, wie es nur ging. 'Ich will heute in die Stadt, noch Postkarten und Briefmarken kaufen. Hast du Lust mitzukommen?'

JANNIK:
Sie versuchte ruhig zu sein, ihren inneren Aufruhr zu verbergen, ihre Angst zu unterdrücken. Doch ich sah es ihr an. Ihre Muskeln waren verkrampft, ihre Hände leicht zu Fäusten geballt. 'Bist du dir sicher?' Perplex schaute sie mich an. 'Klar bin ich mir sicher, dass ich in die Stadt will.' 'Das meine ich nicht. Ich meine, ob ich dich begleiten soll.' Nach kurzem zögern antwortete sie mit einem einfachen 'Ja.'

CATHRIN:
Dieser Junge war anders. Jeder Andere hätte sofort 'Ja, na klar!' gesagt. Er jedoch hatte nachge-hackt. Ich hatte das Gefühl, dass er mich verstehen konnte, dass er wusste, dass ich es im Inneren doch nicht wollte, dass er mich begleitete. Und ich glaubte, dass er mich auch verstehen WOLLTE, dass er nicht NUR auf mein Äußeres schaute.
'Hm, wenn du willst.' Eifrig nickte ich. 'Wir treffen uns dann nach dem Schulunterricht am Ausgang, okay? Essen können wir ja dort was. Den Direktor hab ich schon um Erlaubnis gefragt.'

Unruhig lief ich punkt 15Uhr vor dem Ausgang auf und ab. Ob er doch nicht kam? Naja, schlimm wäre es nicht, denn ich wollte ja eigentlich lieber alleine gehen... Ob ich vielleicht los gehen sollte?
In diesen Gedanken herein, platzte Jannik. ''Tschuldigung, dass ich mich etwas verspätet habe. Musste noch schnell etwas erledigen.' 'Nicht so wild.' Mit diesen Worten liefen wir nebeneinander her. Es schien mir sogar, als wäre er darauf bedacht, dass wir uns nicht berührten. Entweder fand er mich Ekelhaft oder er wusste, dass ICH es nicht wollte. Die zweite Erklärung fand ich am plausibelsten, denn was sollte schon an mir ekelerregenden sein?

Nachdem wir sicher mit dem Bus in der Stadt angekommen waren, kaufte ich schnell meine Postkarten und Briefmarken. Anschließend gingen wir in ein kleines Café, um etwas zu essen. Ich bestellte mir eine Schwarzwälder Kirschtorte und Jannik sich einen Apfelkuchen. Als uns unsere Bestellung serviert wurde, schaufelte ich die Torte nur so in mich rein. Schließlich hatte ich seit mehr als 9 Stunden nichts mehr gegessen!
Amüsiert schaute Jannik zu mir, als ich mir noch einen Eisbecher bestellte. 'Du bist aber hungrig!' Ich lächelte leicht. 'So lang ich nicht fett werde, esse ich halt so viel, bis ich platze. Und im Moment hab ich sehr großen Hunger auf etwas Süßes.'
Nachdem ich auch mein Eis gegessen hatte und ein Glas Cola mit einigen Zügen leer getrunken hatte, bekam ich die stolze Rechnung vom Kellner; 16€! Und das nur für ein Stück Torte, drei Bällchen Eis und eine Cola! Ich zückte meine Geldbörse und stellte leider fest, dass ich nur noch 10€ hatte. Der Kellner stand wartend und sichtlich genervt vor mir. Nervös kramte ich in meiner Hosentasche. War da vielleicht noch etwas drin?
'Nun, junge Lady, wird das heute noch etwas oder soll ich später noch einmal vorbeikommen?' Wütend starrte ich den jungen Mann an. 'Tut mir leid, aber ich habe nur noch 10€. Ich konnte ja nicht wissen, was für Wucherpreise sie hier haben!' 'Tut mir leid, junge Lady, aber dann kann ich sie nicht gehen lassen.' 'Sie können mich nicht ewig hier fest halten.', stellte ich fest. 'Nein, das nicht. Aber wir werden Ihre Eltern anrufen, dass die bezahlen. Oder sie begleiten mich zu mir nach Hause und helfen mir bei meinem ganz persönlichen Abwasch. Dann werde ich mich mit den 10€ begnügen und den Rest aus eigener Tasche zahlen.' Ich zuckte zurück. Bilder blitzen vor meinen inneren Augen auf. Ein Wald... überall Bäume... Dunkelheit... dieser Schmerz... ER...

JANNIK:
Ich sah, wie ihr alle Farbe aus dem Gesicht wisch, wie sie erblasste, wie sie anfing zu zittern. 'Das wird nicht nötig sein.', sagte ich schnell und drückte dem Kellner den gewünschten Betrag in die Hand. Ich hörte ihn noch etwas Unverständliches murmeln, dann zog ich Cathrin aus dem Café. Es wunderte mich nicht weiter, dass sie sich nicht gegen meine Berührungen werte. Sie war wie ers-tarrt, ihre Muskeln verkrampft, die Augen leer.Draußen in der warmen Sonne schob ich sie von mir und redete auf sie ein. 'Cathrin? Hey, komm wieder zu dir!' Leicht rüttelte ich sie. Ein zucken durchfuhr ihr Körper, ihre Augen wurden wieder klarer.

CATHRIN:
Es tat so weh, diese Erinnerungen, diese Angst... Als wäre das alles erst gestern passiert. Ich spürte, wie mir einzelne Tränen über die Wange liefen, wie Jannik mich an sich ran zog und ich mich an sich drückte. Nein, weg stieß ich ihn nicht. Wieso auch? Bei ihm fühlte ich mich so warm... so sicher... Außerdem stellte er mir keine unangenehmen Fragen, wie zum Beispiel, warum ich denn weinte, was los war. Und er tröstete mich nicht. Er hielt mich einfach fest und ließ mich weinen.

JANNIK:
Ich wusste nicht, warum sie weinte, was sie so erschreckt hatte. Doch in diesem Moment zählte nur eins: Sie stieß mich nicht von sich. Irgendwann würde sie mir vertrauen, da war ich mir sicher. Und ich würde mich darum bemühen, herauszufinden, was ihr damals passiert war, was sie erlebt hatte, was ihr angetan wurde.

CATHRIN:
Ich hatte mich fest an ihn geklammert, und meinen Kopf an seine Brust gepresst. Erst als ich nicht mehr weinte ließ ich ihn los und trat einen Schritt zurück. So etwas hatte ich noch nie getan, seit dem ES passiert war. Doch um ehrlich zu sein, tat es gut. Seit Jahren hatte ich keinen Jungen mehr richtig umarmt (abgesehen von Franzesko).
Jannik reichte mir ein Taschentuch, damit ich, wenigstens zum Teil, die Spuren der Tränen wegwi-schen konnte. Nachdem ich einen Blick in meinen kleinen Taschenspiegel geworfen hatte, und ich wieder einigermaßen passabel aussah, sagte Jannik: 'Am besten wir gehen jetzt zurück.' Mit diesen Worten machten wir uns auf den Weg zur Bushaltestelle - jedoch passte Jannik wieder auf, dass wir uns nicht berührten. Er war anders. Von diesem Tag an war ich mir sicher, dass er NICHT so war, wie ER.

Als der Bus vor unserem Internat hielt, stiegen wir wieder aus. Schweigend gingen wir ins Internat, meldeten uns beim Direx zurück und gingen weiter zu unseren Zimmern. Vor meiner Tür verabschiedeten wir uns. 'Das Geld zahle ich dir später zurück. Und ähm... danke.' Mit diesen Worten schlüpfte ich in mein Zimmer.

JANNIK:
Ich war mir nicht so sicher, für was sie nun eigentlich 'Danke' gesagt hatte. Für das geliehene Geld, oder für das, dass ich sie... getröstet hatte?
Müde schlüpfte ich in mein Zimmer, wo ich schon von Chris und Luk empfangen wurde. 'Na, wie war's denn so, Alter?' Kameradschaftlich klopfte Chris mir auf die Schultern. 'Wie soll es schon gewesen sein?' Verwirrt schaute Chris mich an. 'Na, schön oder toll oder grässlich oder geht so.'
....'Ich glaube, Jannik hat schlechte Laune, Luk!', sagte Chris, als ich nicht antwortete. 'Vielleicht hat er es nicht geschafft, sie zu küssen und hat ne Abfuhr bekommen!' Lachend sprang Luk vom Bett. 'Naja, dann kann ich es wenigstens mal versuchen, wenn sie nix von ihm wissen will!' Fauchend drehte ich mich zu Luk. 'Lass die Finger von ihr, klar?' Im gespielten Entsetzen riss Luk die Augen auf. 'Aber wieso denn? Ist sie nicht gut im Küssen? Achso, das weißt du ja gar nicht, hast' ja ne Abfuhr bekommen. ' Wütend starrte ich meinen Freund an. 'Cathrin ist nichts für dich, kapiert?'
'Sie sieht gut aus.' Nachdenklich strich sich Luk das Haar aus dem Gesicht, ohne auf mich zu achten. 'Ob sie auch gut im Bett ist...?' Aufgebracht sprang ich auf Luk zu und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Taumelnd stolperte er zurück. Als er sich wieder gefangen hat, fing eine Schlägerei an.
'Hey, Leute! Habt ihr sie noch alle?' Chris riss uns auseinander. 'Habt ihr ne Macke?' Mutig stellte er sich zwischen uns Beide, obwohl er einen ganzen Kopf kleiner war. 'Sie ist nur ein Mädel. Okay, ich muss zugeben, ein sehr Schönes. Doch deswegen solltet ihr euch nicht kloppen. Mensch, ihr benehmt euch wie kleine Babys.'
Mit einem zornigen Blick auf Luk, setzte ich mich aufs Bett und drückte ein Tempo auf meine blutige Nase.
'Jetzt kommt mal wieder runter und vertragt euch!' Keiner antwortete etwas. 'Ach, macht doch was ihr wollt!' Zischend rauschte Chris aus dem Zimmer. 'Überhaupt, was machst du hier?', fragte ich Luk immer noch zornig. 'Ist ja wohl nicht verboten!' Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Luk im Bad verschwand. Nach einigen Minuten kam er wieder. In seiner Nase steckten Taschentuchfetzen.
Anschließend verschwand Luk.

CATHRIN:
Nachdem ich geduscht hatte, setzte ich mich auf das große Sofa vor den Fernsehe und versuchte alle Gedanken und Erinnerungen zu verdrängen. Irgendwann schlief ich ein.

Am nächsten Tag wurde ich vom lauten klopfen an meiner Tür geweckt. Müde stand ich auf und öffnete sie. 'Ja?', fragte ich. Jannik stand vor mir. 'Ähm, hey!' Verlegen kratzte er sich am Kopf und betrachtete meine Bekleidung. 'Moment, ich zieh mir grad was anderes an.' Schnell schloss ich die Tür und zog mir ein Sweatshirt mit V-Ausschnitt über mein Bauchfreies Top und eine dreiviertellange Jeanshose an. Dann schlüpfte ich auf den Gang zu Jannik. 'Der Direktor hat gesagt, du solltest langsam mal aufstehen, da heute die neue kommt. Er hat mich damit beauftragt, dir bescheid zu sagen.' 'Aso... ähm, danke.' Ich schenkte ihm ein kurzes Lächeln und wollte an ihm vorbei ins Zimmer schlüpfen, doch er packte mich am Arm und hielt mich fest. Kurz zuckte ich erschrocken zusammen. 'Wenn du reden willst, dann bin ich in meinem Zimmer.' Er ließ mich los und verschwand. 'Ich will aber nicht reden.', murmelte ich leise.







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