Chastity Ruth
Am nächsten Morgen wachte ich auf der Couch auf und holte leise Luft, ehe ich aufstand. Dann fiel mir ein, was gestern alles passiert war und was für ein Vorhaben ich hatte. In meinem Bauch flatterte Unbehagen, doch ich ging in Richtung des Zimmers, um in das Bad zu gehen und mein Gesicht zu waschen. Immer wieder rief ich mir in das Gedächtnis, dass es zu spät war, um einen Rückzieher zu machen. Vor der Tür blieb ich stehen und sah die Wachen an. "Es gibt eine Änderung. Sie drei werden mit Flora zurück zu dem Schloss fahren. Die Einzelheiten werden Ihnen von meinem Vater erklärt werden", sagte ich höflich und versuchte ein Lächeln, weil ich das in den letzten Stunde selten getan hatte. "Natürlich, Mrs Prentiss", erwiderte die Hauptwache und nickte. Ich ging in das Bad und als ich dieses wieder verließ, klopfte es an der Tür. Da erinnerte ich mich wieder daran, was die Ärztin gesagt hatte und sah Flora, während ich schwer schluckte. "Guten Morgen, Flora", sagte die Ärztin mit einem freundlichen Lächeln, ehe sie mich ansah und ich stellte mich neben Flora. Diese strahlte, weil sie endlich entlassen wurde. "Guten Morgen, Frau Doktor!" Sie begann mit den Untersuchungen und unterhielt sich mit ihr, stellte ihr ein paar Fragen und notierte sich ab und zu etwas. Traurig sah ich zu Flora, welche dies zum Glück nicht bemerkte und merkte den Kloß im Hals, der sich gebildet hatte. Schließlich beendete die Ärztin ihre Arbeit und sah zu Flora. "Ihr Körper hat sich überraschend schnell erholt und ich denke, wir können Sie entlassen. Jedoch hat die Verletzung Schäden verursacht, die wir nicht verhindern konnten. Flora..." Als die Ärztin es aussprach, wurde Flora sehr blass und sie griff nach meiner Hand, während sie mich fassungslos anschaute. Ich drückte ihre Hand und Tränen schossen in meine Augen. "Ruth...", ihre Stimme klang zerbrechlich und meine Unterlippe begann zu zittern. "Es tut mir leid, Flora... Es ist alles meine Schuld..." Plötzlich veränderte sich ihre Atmung und die Ärztin schickte mich heraus. Panisch sah ich zu der Tür und die Wachen fragten eine Krankenschwester, was passierte. Diese sagte, dass Flora hyperventilierte. Lange Zeit wartete ich unruhig, dass sich die Tür wieder öffnete und die Ärztin sagte, dass Flora sich wieder beruhigt hatte. Doch dann kam eine der Wachen zögerlich zu mir und teilte mir mit, dass der Wagen, der mich abholen würde, vor dem Krankenhaus stand. Ich öffnete den Mund, um zu sagen, dass ich sie nicht alleine lassen würde, aber da erinnerte ich mich daran, wer in diesem Wagen saß und wohin er mich vielleicht bringen würde. Die Verzweiflung, die Trauer, der Schmerz, die Unruhe verschwanden. Stattdessen machte sich Wut in mir breit. Wut auf den Fremden, der Flora das angetan hatte. Und den ich nicht hatte davon abhalten können. Mit entschlossenen Schritten, meine Angst vergessend, lief ich die Treppen herunter und war entschlossen, diesen Typen zu finden. Unerwartet klingelte mein Handy und obwohl ich so geladen war, klang meine Stimme zerbrechlicher denn je. "Christopher ich kann gerade nicht sprechen. Können wir später reden?" Ich hielt inne. An seiner Atmung stimmte etwas nicht. Er hörte sich geschwächt an. "Geht es dir gut?", fragte ich und blieb stehen, weil ich mich dem Ausgang genähert hatte.