Nachti
Tana
Ich stolperte nach hinten, versuchte meine Beine zum Rennen zu bewegen und flitzte dann endlich los. Gemeinsam mit Thekla. Zuerst verstand ich nicht, warum sich auf einmal die Umgebung veränderte, doch ich verstand recht schnell. Sie konnte zwischen Dimensionen springen, eine beachtliche Gabe.
In meinem Körper rauschte Adrenalin, angetrieben von der nackten Angst, die sich in mein Herz krallte. Es schlug schnell, immer schneller und schneller. Wie hatte ich seine Präsenz nur nicht bemerken können? Es lag weder an der Brille noch an mir, das wusste ich... Höllenjäger waren nämlich unübertrefflich, wenn es um das Verkleiden ihrer Aura ging. Sie wirkten wie normale Menschen, rochen normal, sprachen normal, schmeckten normal - schlichtweg normal.
Und jetzt zahlte ich den Preis für meine unvorsichtige Handlung. Zahlte den Preis, den ein Sündenfresser immer zu zahlen hatte, seit man wusste, zu was wir fähig waren.
> Nicht so schnell...< hörte ich seine dunkle Stimme. Viel zu nah, viel zu nah.
Kaum sah ich den nächsten Riss, stieß ich Thekla mit aller Gewalt hinein und zog meine Hand zurück, sodass ich zurückblieb. Er wollte sie eigentlich nicht, nur mich, also sollte er auch nur mich mitnehmen.
In diesem Moment leuchtete der Boden unter mir auf. Ein schwarzroter Zirkel mit Höllenmalen breitete sich aus und ehe ich reagieren konnte, schossen schwere Ketten geschmiedet aus den Knochen von Sündern heraus und schlangen sich um Fußgelenke, Hände und meinem Hals. Ich japste nach Luft. Ungeschickt fiel ich zu Boden, schlug mit dem Kinn auf und schmeckte sogleich Blut. Die Ketten schlangen sich fester um mich. Ich gab einen gequälten Laut von mir.
> So hübsch, ihr seid immer so hübsch. Kein Wunder, dass ihr in der Hölle derart heiß begehrt seid. Mit euch kann man tolle Dinge erschaffen. Eure Stärke...< Ich hörte ihn tief einatmen, die Ketten spannten sich und drückten mich tiefer in die Erde. Sie gab leicht unter mir nach. Ich bekam Panik. Panik, weil ich wusste, was da unten auf mich lauerte. Die Hölle selbst.
Alvaro
Der Doc eilte zeitgleich mit mir los. Mir fiel auf, dass nur zwei der Amerikaner direkt vor Ort waren. Ihre irritierten Mienen zeugten davon, dass sie keine Ahnung hatten, was gerade vor sich ging. Wo war aber Chester? Ich hatte ihn gar nicht davongehen sehen?
Eilig folgte ich der Richtung, in die mich mein Gerät führte und bemerkte die veränderte Umgebung.
La zorra. Ich war mir absolut sicher, dass sie ihre Illusionen angewandt hatte, denn ich schmeckte die besondere Spannung in der Luft. Das Piepen wurde schneller, eindringlicher. Mehrmals drehte ich mich um die eigene Achse, denn diese plötzliche Dunkelheit war alles andere als normal. Kein Strahl Sonnenlicht drang durch die Baumkronen zum Boden. Es war stockfinster.
Dann aber hörte ich einen markerschütternden Schrei, den ich so noch nie gehört hatte. Und ich hatte so einiges erlebt. Noch einmal ertönte dieser qualvolle Schmerzenslaut und ich fluchte wie ein Irrer. Tana. Das war Tana gewesen.
Ich sprintete los und folgte den Schallwellen des Schreis. Jetzt hatte ich sie endlich lokalisiert, während ich mich gegen alles wappnete. Ich wusste nicht, was mich erwartete. Mein Körper stand unter Strom.