Ella

Bevor ich wieder etwas Anheizendes erwidern konnte, presste ich meine Lippen zusammen. Als wir in den Gang liefen, kam Dean uns entgegen und nahm uns die Jacken ab. Nachdem ich mich bedankt hatte, sah ich Blake einen kurzen Moment hinterher, ehe ich ihm folgte und dafür die Treppen hochlief. Unüberlegt legte ich meine Hand auf sein Handgelenk, um ihn zum Stehen bleiben zu bringen. "Blake, warte. Gibt es etwas, das du tun möchtest? Ich habe dich gar nicht danach gefragt, vielleicht hätte ich das tun sollen", sagte ich vorsichtig und schaute ihn aufmerksam an. Da bemerkte ich meine Hand und zog sie langsam zurück.

Ella

Bestürzt sah ich ihm hinterher und seufzte dann leise, ehe ich mich umdrehte und die Treppen langsam wieder herunterlief. Dean schaute mich schweigend an und ich bemühte mich um ein Lächeln, damit er sich keine Gedanken machte. Ich fand mich in der Küche wieder, wo ich den Kuchen in den Kühlschrank stellte. Schließlich lief ich in das Empfangszimmer, doch da ich dort niemanden vorfand, versuchte ich es in dem Musiksaal. Mrs. Ò Farell saß am Klavier und unterhielt sich gelassen mit Dean. Ich gesellte mich zu ihnen.

Ella

Obwohl mir das Klavierspiel von Mrs. Ò Farell sehr gefiel, konnte ich nur meinen Gedanken lauschen. Der Abend hatte ein unerwartetes, unschönes Ende gefunden. Aber ich war nicht gewillt, Blake in seiner schlechten Laune treiben zu lassen. Wenn ich mittlerweile eines über ihn herausgefunden hatte, dann war es, dass er seine Hartnäckigkeit nur durch eine noch größeren Sturheit und Ausdauer zur Seite legte. Auch, wenn es nur für ein paar Minuten war. Und ich wollte ihm helfen. Auf eine komplizierte Weise vermutete ich, dass er mir sein wahres Ich ein paar Mal gezeigt hatte. Aus reiner Intuition heraus, stand ich auf, entschuldigte mich bei Mrs. ò Farell und Dean und verließ den Saal. Zügig lief ich in die Bibliothek, wo noch mein Collegeblock lag und ich holte einen Stift aus dem Ruckssack heraus. Ich wusste nicht, ob Blake mich hereinlassen würde, weshalb ich den Zettel einfach unter der Tür hindurch schob. Während ich zu dem Zimmer lief, das Blake für mich hatte vorbereiten lassen, konnte mir ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. Was würde er wohl denken, wenn er die übermäßig schlechte Zeichnung von ihm als der Held im Film sehen würde?

Ella

Es dauerte nicht lange, bis ich einschlief, eine Hand unter dem Kissen und ein Bein angewinkelt. Tatsächlich nahm ich immer sehr viel Platz weg, wenn ich schlief, ohne, dass ich es merkte. Aber bis jetzt war es kein Problem gewesen, weshalb ich mir keine Gedanken darüber machte.
Umso mehr erschreckte ich mich aber am nächsten Morgen, als mein Wecker sein Morgenlied sang. Ich hatte bei WWOP die Wahl getroffen, "Barbie Girl" als meinen Wecker einzustellen. Seit dem hatte ich es nicht geändert. Hätte ich das mal lieber getan!
Erschrocken fuhr ich hoch und stieß mir dabei leicht die Stirn an dem Geländer, an welches man normalerweise mit viel Engagement hätte drankommen können. Wie von einer Tarantel gestochen, hüpfte ich aus dem Bett, eilte in das Bad, raste in die Küche und machte mich anschließend daran, die Schuhe anzuziehen. Dabei stieß ich mir mein Knie an der Kante der Schublade. Nachdem ich zusammengezuckt hatte, stellte ich sicher, dass dem Holzmöbelstück nichts passiert war. Erleichtert fuhr ich dann fort mit dem Bekleiden, ehe ich nach meinem Rucksack griff. Die Prüfung würde in zwei Stunden anfangen!

Ella

In kurzer Zeit hatte ich das Herrenhaus verlassen und eilte nun zu dem Bus, welcher in zehn Minuten kommen würde. Zum Glück war es nicht weit bis zur Haltestelle. Auf dem Weg kramte ich meine Kopfhörer heraus, um noch ein bisschen zu entspannen, bevor ich ein letztes Mal über die Stichpunkte schauen würde.
Im Bus wählte ich einen Platz direkt am Fenster. Während der Fahrt kreisten meine Gedanken dann plötzlich zu Blake. Während meiner kurzen Aufenthaltszeit in der Küche, hatte ich ihm das Omelett gemacht, dass er so gemocht hatte und ein Gänseblümchen hinzu gelegt. Immer, wenn ich diese sah, bekam ich unergründlicher Weise gute Laune. Ich hoffte, dass es auch Blake helfen würde. Seine schlechte Laune von gestern hatte ich nicht vergessen und ich wusste, wie anstrengend es sein konnte, schlecht gelaunt in den Tag zu starten. Daher hatte ich ihm noch eine kleine Notiz von mir mit dem Text: 'Guten Morgen, Herr Dickkopf. Ich hoffe, dass Frühstück schmeckt dir!' hinterlassen. Gedankenversunken lehnte ich mich an die Scheibe und versuchte meine Gedanken zu beruhigen, da die Prüfung nun näher rückte.

"Ein kleines Unkraut" - Lachflash des Todes

Ella

Hanna hatte in einem anderen Block ihre Vorlesung, weshalb wir uns vor der Prüfung nicht sahen. Dafür schickte sie mir eine Viel-Erfolgs-Nachricht mit vielen Herzen und Cookies. 'Danke, jetzt habe ich Hunger auf Schokolade!' schrieb ich scherzhaft zurück und eilte in meinen Prüfungsraum. Ein paar hatten schon Platz genommen und ich suchte mir einen stilleren Ort aus. Obwohl ich die Notizen auswendig gelernt hatte, konnte ich das nervöse Tippeln meiner Schuhsohle auf dem Parkett nicht vermeiden.
"Also gut...", murmelte ich, als die Papiere dann vor mir lagen. Es vergingen fünfeinhalb Stunden, bis unsere Abgabezeit kam und die Professoren die Papiere einsammelten. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals und ich verließ mit geröteten Wangen und einem messigen Messy-Dutt den Saal. Es empfing mich Hanna, welche mit Dany, ein guter Freund von ihr, auf der gegenüberliegen Wand auf mich wartete. "Hey", begrüßte ich sie prustend und wir umarmten uns. "Na, wie lief es? Gut oder gut?" Ich lachte müde und begrüßte auch Dany, ehe ich auf mein Handy schaute. "Hast du etwas vor?", fragte mich Hanna neugierig und ich sah sie überrascht an, ehe ich meinen Mund öffnete, um zu antworten.

Ella

"Soso", grinste Hanna und ich wusste genau, was der Blick bedeutete. Ich schlug ihr kurz gegen den Oberarm, was ihr Grinsen verstärkte und sah zu Dany, als dieser ein neues Gesprächsthema einlenkte: "Geht ihr zu der Kostümparty von Joyce?" Oh, stimmte ja, Joyce gab immer Partys zum Ende der Semester bzw. nachdem die meisten ihre Prüfungen geschrieben hatten. "Ich denke mal Ja", antwortete Hanna interessiert und sie wandten sich an mich. "Und du, Ella?" Unschlüssig kaute ich auf meiner Unterlippe und sagte schließlich: "Ich weiß nicht. Vielleicht habe ich keine Zeit..." "Also, für deine beste Freundin hast du immer Zeit, klar?", tadelte Hanna scherzhaft und ich lächelte. "Ich schaue mal." Sie zog eine Augenbraue hoch. "Okay, gut, überzeugt." Sie lächelte breit und Dany fragte: "Sollen wir dann raus? Ich habe letztens vor sechs Stunden das Sonnenlicht gesehen." "Naja, das stimmt nicht ganz. Ihr habt die Prüfung wohl nicht im Dunkeln geschrieben, oder?", erwiderte Hanna und ich klinkte mich aus dem Gespräch aus, als ich die neue Nachricht bemerkte. Diese brachte mich zum Lächeln und ich riss mich schnell zusammen, bevor Hanna darauf aufmerksam wurde. Irgendwie begann mein Herz schneller zu klopfen. Es musste an der fehlenden frischen Luft liegen. Ich überlegte kurz, ehe ich fröhlich zurückschrieb: 'Du kannst dich auf mich verlassen, Chef! Oh Moment... Das passt nicht ganz! Aber natüüürlich werde ich das machen, Honigbärchen!<333' Lächelnd legte ich das Handy weg und bemerkte den belustigen Blick, den Hanna mir zuwarf. Schnell sah ich nach vorne und tat, als wäre nichts gewesen.

Ella

"Und, was machen wir jetzt?", fragte Hanna und ich schaute auf das Display meines Handys, als ich das Vibrieren bemerkte. Ich las die Nachricht und bekam große Augen, während Röte in meine Wangen schoss. Doch dann breitete sich ein Lächeln auf meinen Lippen aus und ich legte das Handy zurück in meine Hosentasche. Da bemerkte ich den Blick der beiden und gab ein verwirrtes "Hm?" von mir. "Hast du einen Vorschlag, was wir machen sollen? Bis zu unserer nächsten Vorlesung dauert es noch zwei Stunden." Schnell riss ich mich zusammen und schlug vor: "Wir könnten etwas essen gehen."
Dany rieb sich die Hände. "Bin ich absolut für." Hanna nickte. "Dann lasst uns zu der Pommesbude laufen."

Ella

Wir bestellten jeder eine Pommes und stellten uns zu einem Stehtisch, der sich etwas abseits von dem Stand befand. Hanna und Dany sprachen über ihre Studienfächer, bis das Gesprächsthema zu der Kostümparty wechselte. "Ich werde auf jeden Fall eine Blume", entschied Hanna und Dany stieß einen Lacher aus. "Ach, Hanna. Du bist immer so kreativ." "Schon", erwiderte diese und lächelte. "Was hast du dir überlegt, Ella?", fragte sie mich dann und ich grübelte kurz, ehe ich mich entschied.
"Wahrscheinlich als Matrosin", erzählte ich ihr von meinem Vorschlag und sie nickte. "Das klingt gut!" "Wenn ich mich als Kapitän verkleide, sind wir dann eine Crew? Inklusive Schiffsdeko mit der Blume?" Hanna verdrehte die Augen und Dany grinste breit. "Nein, mein Lieber. Ich bin die Blume, die du deiner nicht vorhandenen Freundin geben möchtest." Dany verzog spielerisch das Gesicht. "Autsch."
Nach einer Weile hatten wir unsere Pommes fast aufgegessen und ich schrieb Blake, dass ich fertig war. Wir machten uns zurück auf dem Weg zu dem Parkplatz vor dem Unigebäude, in dem beide ihre nächste Lesung haben würden.

Puhh, endlich die letzte Prüfung hinter mich gebracht. xD

Ella

Gerade riss Hanna einen Matrosenwitz, als zwei Studentinnen an uns vorbeiliefen und ich eine von ihnen gedämpft murmeln hörte: "Was macht er denn hier?" Ihre Stimme klang aufgeregt und schwärmend. "Heiß!", erwiderte ihre Freundin und wir drehten uns neugierig um. Als ich Blake lässig an seinem Royce lehnen sah, setzte mein Herz kurz aus und ich warf den beiden Mädchen einen ärgerlichen Blick hinterher. Schnell realisierte ich jedoch, was ich tat und riss mich blinzelnd zusammen. "Ist das nicht...?", fragte Dany mit hochgezogenen Augenbrauen und Hanna nickte. Ich merkte, dass sie ein Grinsen unterdrückte. "Ja, das ist er." "Und was macht er hier?", fragte Dany weiter verwirrt und während Hanna antwortete, sah sie mich an: "Er möchte wahrscheinlich eine gewisse Ella Svendsen sehen."
"Ähhh... Wir sehen uns bei der Party, richtig? Dann bis morgen!", lenkte ich schusselig von dem Thema ab und lächelte nervös. Während ich meine beste Freundin umarmte, flüsterte diese grinsend: "Viel Spaß." Mit geröteten Wangen verabschiedete ich mich von Dany, ehe ich mich umdrehte und in Richtung des Royce lief. Als ich vor Blake stehen blieb, zögerte ich einen Augenblick, unsicher darüber, ob ich ihn nun denn umarmen sollte, oder nicht, und entschied mich schlussendlich dazu, dies zu tun, um unsere Scheinbeziehung glaubhafter zu machen. "Hey", begrüßte ich ihn und spürte Blicke auf meinem Rücken.