Alles klar, gute Nacht

Hey, kein Problem

Sheila

Da es keine Ursache für ihn zu sein schien, erwiderte ich leicht verblüfft: "Ich habe Taylor gesagt, dass ich bei den Fahrrädern auf ihn warte, also auf dem Schulhof. Wenn du auch an die frische Luft möchtest, kannst du mich gerne begleiten." Lächelnd machte ich mich auf den Weg, bevor mir eine zweite Sache einfiel. "Haben sie dich denn seit Gestern in Ruhe gelassen?"

Sheila

Aufmerksam hörte ich ihm zu, während er von seiner Sorge erzählte und nickte dann. "Ja, sie werden es nicht lange verschweigen. Aber ich denke, dass sie sich darum bemühen werden, bis sie "ihre Rache" haben. Sonst würde es ihr Ansehen ankratzen." Seufzend schüttelte ich den Kopf und fragte mich einmal mehr, warum sie so handelten. "Wie dem auch sei, ich habe nicht vor, klein bei zu geben. Anfangs... fiel es mir schwer, weil noch eine Person in der Gang ist, die mir sehr nahe steht. Aber es ist auch für ihr Bestes." Nun schaute ich Calden wieder an. "Passe auch auf dich auf, denn sie hassen es zu verlieren, wie du weißt", sagte ich mit Nachdruck und mir fiel plötzlich wieder etwas ein. Jonas und er schienen sich gekannt zu haben, denn sie hatten einen vertrauten Umgang miteinander gehabt. Oder war es mir nur so vorgekommen?

Sheila

Hatte ich etwas Falsches gesagt? Mit einem Mal wich die Entspannung von ihm und er ging fort. "Bis dann..", murmelte ich. Irritiert sah ich ihm hinterher und dachte über seine Worte nach. Es hatte so geklungen, als ob... er das selbst durchgemacht hätte. In seinem Blick hatte ich Leere entdeckt. Eine, die ahnen ließ, wie nahe ihm das Thema ging.
Gerade überlegte ich, ob ich ihm vielleicht hinterher gehen und nachfragen sollte, doch da kam Taylor mit einem Muffin. "Und, habe ich lange gebraucht?", nuschelte er und ich schüttelte abwesend den Kopf. "Nein, das hast du nicht." Vielleicht aber war es mir auch nur so vorgekommen, weil ich mich mit Calden unterhalten hatte.

Sheila

Taylor erzählte mir von der letzten Party am Samstag, die er besucht hatte, die Literaturklausur, die er fürchtete und die Köstlichkeit des Muffins. Er fragte mich, ob ich ein Stück haben wollte, doch ich lehnte freundlich ab. Mir war nicht danach. Irgendwie war ich nachdenklich geworden und ich konnte erahnen, womit das zusammenhing. Es war schlicht und ergreifend eine aufwirbelnde Situation. Ich war zuvor nie in solch einer Situation gewesen, zumindest nicht mit vergleichbarer Ernsthaftigkeit. Aber nun war alles realer und spürbarer als ich es vermutet hatte. Ich würde keinen Rückzieher machen. Ja, dass meine ältere Schwester betroffen war, bereitete mir Kopfschmerzen. Ich machte mir riesige Sorgen um sie. Aber um sie zu beschützen, musste ich eingreifen. Ich konnte nicht zusehen, wie ihr Leben in eine Abwärtsspirale ging, weil sie Leuten vertraute, die sie zu gerne in den Abgrund schubsen würden. Sie waren gefährlich. Und gewissenlos. "Hörst du mir überhaupt zu?" Taylor zog eine Augenbraue hoch.

Sheila

"Tut mir leid, ich habe über etwas nachgedacht", gab ich entschuldigend zurück und Taylor zog eine Augenbraue hoch. "Wenn es dich aus einem Gespräch reißt, dann muss es was Ernstes sein. Sprich dich aus." Neugierig wartete er auf meine Antwort und seufzend schob ich meine Hände in die Hosentaschen. Er war mein bester Freund, ihm konnte Ich vertrauen. "Ich könnte das jetzt in die Länge ziehen, aber euch mache es kurz und schmerzlos: ich habe die Gang, in der meine Schwester ist, gestern der Polizei übergeben." Taylor sah mich aus aufgerissenen Augen an und senkte die Hand, in der er den Muffin hielt. "Woa.. Du machst Witze, oder?" Unsicher schüttelte ich den Kopf. "Nein, ich lüge nicht." Er hielt mich an beifen Schultern fest und schaute mich getroffen an. "Sheila, diese Typen sind gefährlich. Wenn sie davon erfahren, werden sie sich an dir rächen wollen! Ist dir das bewusst?" Ich nickte. "Gestern Abend wollten drei von ihnen mit mir "reden", aber durch eine Hilfe haben sie mich in Ruhe gelassen." "Wer hat dir geholfen?" "Calden." "Calden?" Erneut nickte ich. "Er hat sich für mich eingesetzt und als eine Prügelei begonnen hat, haben wir sie zusammen weggeschickt. Wobei er deutlich mehr als ich in Gefahr war." Taylor schwieg kurz, dann sagte er: "Und was wäre gewesen, wenn Calden nicht vorbeigelaufen wäre?" Diese Frage setzte sich wie ein Knoten in meinem Bauch fest. "Ich weiß es nicht", sagte ich ausdruckslos und Taylor umarmte mich fest. "Du wirst so etwas nie wieder tun, verstanden? Mensch Sheila, diese Leute sind gefährlich." Ich nagte an meiner Unterlippe und hätte ihn am liebsten gesagt, dass es nun kein Zurück mehr gab. Aber Taylor sprach weiter und sagte, dass ich meinen Eltern unbedingt Bescheid sagen müsste und er es sonst selbst tun würde.

Sheila

Ein Blitz nach dem anderen jagte durch meinen Kopf. Es wunderte mich nur, dass noch kein Rauch aufgestiegen und an die Decke traf. Mrs. Finnton würde den Unterricht sofort beenden und vermutlich das Sekretariat benachrichtigen. Das klinegln ließ mich aus meinen Gedanken hochschrecken und ich packte schnell meine Sachen zusammen. Heute war der einzige Tag, an dem ich früher aus hatte und das wollte ich nutzen. Ich wollte nicht warten, bis die Gangmitglieder wieder versuchten, mich einzuschüchtern. Ich musste etwas unternehmen. Taylors Worten nicht nachgehend, suchte ich den Spind einer ehemaligen Redakteurin der Schülerzeitung. Es hatte Gerüchte gegeben, dass sie etwas über die Gang hatte preisgeben wollen und das sie sich doch dagegen entschieden hatte. Wenn in dieser Geschichte auch nur ein funken Wahrheit lag, musste ich mit ihr reden, um mehr zu erfahren.

Sheila

Der Spind war unordentlich, aber auch nach mehreren Minuten des Durchsuchens fand ich nichts. Sie hatte also keine Unterlagen zu diesem Thema in ihrem Spind hineingelegt. Vielleicht lag noch etwas in dem AG-Raum herum? Aber um in diesen hineinzukommen, brauchte ich erstmal den Schlüssel. "Mist", sagte ich seufzend und beschloss, noch einen weiteren Blick auf das untere Regal zu werfen. Eine Stimme ließ mich dann plötzlich zusammenzucken und erschrocken fuhr ich herum. Als ich sah, dass es Calden war, entspannte ich mich kaum merklich und schloss ertappt den Spind. "Oh hey", sagte ich ein wenig nervös, "Ich habe dich nicht gehört! Ich wollte nur... etwas abholen. Nichts Wichtiges. Hast du auch aus?" Möglichst unechuldig sah ich Calden an und lächelte.

Sheila

Erleichtert, dass er das Thema wechselte, lächelte ich zurück und nickte auf seine Worte hin. Gerade wollte ich mich mit schnell gesagten Worten verabschieden, als er die Frage stellte, die mich stehen bleiben ließ, woraufhin seine goldrichtige Behauptung bedeutungsvoll in der Luft hing. Mist. Das war gar nicht gut! Wenn ich ihm nicht dringend eine Erklärung von mir gab, würde er skeptisch werden. Einen Moment zögerte ich, ehe ich seufzend einen Entschluss fasste. Kurz schaute ich mich um, ob jemand uns hören konnte und lehnte mich dann ein bisschen vor. "Beth hatte sich mit der Gang beschäftigt. Aber durch ungeklärte Gründe hat sie sich umentschieden..." Ich schenkte ihm einen ausdrucksvollen Blick. "Vielleicht hat sie etwas gefunden, dass die Gang dazu gebracht hat, sie davon abzuhalten. Falls das der Fall ist, möchte ich es wissen. Wie du weißt bin ich sowieso schon auf deren Zielscheibe. Ich muss etwas tun, um andere um mich herum und mich zu beschützen. Mir bleibt keine andere Wahl, verstehst du? Kannst du das bitte für dich behalten?" Nervös und nachdrücklich sah ich Calden an.

Sheila

Angespannt hörte ich ihm zu und wartete darauf, dass er sagte, dass ich das nicht tun sollte. Aber stattdessen traf genau das Gegenteil ein. Überrascht schaute ich ihn an. Er würde niemandem etwas erzählen? Hieß das, dass er mir helfen wollte? "Danke", sagte ich mit einem verschmitzten Lächeln und nickte zur Bestätigung, dass ich ihm Bescheid geben würde. Zwar gefiel es mir nicht, dass er durch mich in Gefahr kommen konnte, aber vielleicht konnte ich ihn dazu überreden, dass ich ihn nicht in meine kommenden Aktionen mit hineinzog. Er hatte mir schon einmal geholfen und sollte er ein weiteres Mal wegen mir zu Schaden kommen, wüsste ich nicht wohin mit meinen Gewissensbissen. "Wir sehen uns dann", sagte ich langsam und verabschiedete mich freundlich von ihm. Gerade kam ich fast an der Ecke an, als mir etwas auffiel. Glaub mir, ich glaube es gibt kaum einen Menschen, der die Gang mehr loswerden will als ich. Was für einen Bezug hatte Calden zu der Gang? Hatten sie ihn auch bedroht, wie viele Schüler der Highschool oder hatte sich etwas völlig anderes ereignet? Ich bemerkte, dass ich meine Schritte verlangsamt und über die Schulter nochmal zu Calden geblickt hatte. Verlegen hob ich meine Hand kurz, ehe ich die Schule mit wirbelnden Gedanken verließ.