"Das ist mir nicht entgangen, nein..", murmle ich und schaue zu ihr hoch.
"Eigentlich.. nicht..", sage ich dann, ehe ich ebenfalls aufstehe.
Da ist es schon wieder. Wir werden beobachtet.
"Ich begleite dich noch auf dem Weg nach oben..", murmle ich und sehe mich um.
Gerade als sie die Fensterfront verlässt, passiert es.
Die Scheiben zerspringen ohne ersichtlichen Grund und ich kann gerade noch so vor sie treten, damit sie nicht ein einziger Splitter erwischt.
"Bleib hier.", sage ich kühl und trete nach draußen, als sich etwas gigantisches auf mich stürzt und mich zu Boden reißt.

"Lang, lang ist es her, alter Freund..", starrt er mich durch seine pechschwarzen Augen an, den Mund zu einer hässlichen Grimasse verzogen. Ich stoße ihn von mir weg und stehe blitzschnell auf.
"Hast du wirklich gedacht, du wirst mich einfach so los?", kommt er auf mich zu und hebt mich mit unsichtbaren Händen in die Luft. Ich ringe nach Luft, versuche mich zu befreien.
"Lauf.. Lauf!", rufe ich Allison zu. Ohne weiter darauf zu achten, ziehe ich das Messer welches an meinem Gürtel befestigt ist und werfe es nach ihm. Er lässt mich zwar los, doch das Messer zerfließt noch während des Flugs, als sei es Wasser. Ich falle zu Boden.
Endlich tritt er aus dem Schatten hervor, nichts als eine Art Geist.
"Was ist los? Kämpfe!", lacht er mir dreckig ins Gesicht.

Als ich mir schließlich sicher bin, das sie verschwunden ist, lasse ich meine Schilde fallen und stehe ihm mit gespreizten Flügeln gegenüber.
Anerkennend sieht er sie an. "Sie sind größer geworden. Dunkler.", nickt er.
Im nächsten Moment, habe ich seine Klauen in meiner Brust stecken.
Ich schreie auf und schleudere ihn mit einer gewaltigen Salve himmlischen Feuers von mir.
Schwer atmend und mit wackeligen Beinen, sehe ich dabei zu wie er sich unverletzt wieder erhebt.
"Alessandro, wieso machst du das hier? Wieso kämpfst du für diese unbedeutenden Kreaturen? Man sollte meinen, du hättest aus der Vergangenheit gelernt.", schüttelt er den Kopf.
"Das hier ist noch nicht vorbei, Kleiner. Ich bin eigentlich nur gekommen, um Hallo zu sagen. Wir sehen uns wieder..", grinst er und löst sich plötzlich in Rauch auf.
Ich sinke auf die Knie, starre auf die Stelle, wo er eben noch stand. Er war es nicht einmal persönlich.. Es war nichts als ein Geist. Wie konnte er so mächtig werden? Tausend Fragen schießen mir durch den Kopf, als Oliver mich plötzlich vorsichtig an der Schulter berührt. Sein Blick ist besorgt. "Schätzchen, geht es dir gut?"

Ich schüttle den Kopf und lasse mir von ihm und einem der Restaurant-Mitarbeiter aufhelfen.
"Seht nach ihr..", weise ich Oliver an, als ich mir sicher bin, wieder aus eigener Kraft stehen zu können.
"Ich schicke jemanden zu ihr.. Alessandro.. war er das?", flüstert er mir zu, um die anderen nicht zu verunsichern und ich nicke schweigend. Oliver wischt sich die Stirn mit einem Tuch ab und hilft mir, mich auf einen der Stühle zu setzen.
"Brauchst du einen Arzt? Du bist verletzt..", murmelt er dann, während er Anweisung gibt, das Restaurant für heute zu schließen und räumen zu lassen.
"Was..?", murmle ich und blicke an mir runter. Die Wunde ist noch immer da.. sie versucht nicht einmal ansatzweise zu verheilen. Was ist hier los?
"Nein.. Ein Arzt kann mir jetzt auch nicht helfen..", murmle ich und schließe meine Jacke über der Wunde, damit die Leute endlich aufhören darauf zu starren.

Es folgt eine hitzige Diskussion mit meinem Vorgesetzten.
Er will jedes kleine Detail erfahren und ich liefere ihm die Antworten auf seine Fragen.
"Ich mache mir Sorgen, Alessandro. Bist du dir sicher, dass das nicht zu viel für dich ist? Nach deiner Vergangenheit mit ihm?", sagt er schließlich mit einem bedrückten Unterton.
"Sir.. Er will mich. Er hat mich auserwählt. Selbst wenn sie nicht wäre. Ich.. kriege das schon irgendwie hin. Es ist meine Schuld. Ich war unvorbereitet. Aber sie lebt, ich konnte sie beschützen.. Das ist alles was zählt.", antworte ich ihm mit einem bitteren Unterton.
"Ich verlasse mich auf dich..", beendet er das Gespräch abrupt.
Mein Blick schweift über die Arbeiter, welche bereits die Scherben, gegen neue Scheiben ersetzen.
Durch eines der verbliebenen Löcher trete ich nach draußen. Ich hole tief Luft und nutze eine meiner mächtigsten Fähigkeiten.
Ich erschaffe eine riesige, unsichtbare Schutzkuppel, welche keine negativen Energien mehr in die Nähe des Hotels und die nähere Umgebung lassen wird.

Als ich mir sicher bin, das alles okay ist, spanne ich meine Flügel auf und mache mich auf den Weg nachhause.
Mein Haus liegt eingelassen in einer steilen Klippe am Rande des Ortes.
Froh, als ich es endlich sehen kann, lege ich einen Zahn zu und stürze beinahe auf den riesigen Balkon, da meine Wunde mich doch sehr belastet.
"Verdammte Scheiße..", zische ich und stehe mit wackligen Beinen auf.
Ich klopfe mir den Schnee ab und betrete mein Zuhause.
"Home, sweet home..", murmle ich und streife mir augenblicklich die Jacke, so wie mein Shirt vom Körper, um mir die Wunde in meinem extra für Engel ausgerichteten Bad anzusehen. Fünf tiefe, pulsierende Löcher starren mir entgegen und ich höre das Blut auf den Boden plätschern.
"Verdammter Mist, wieso heilst du nicht?!", schlage ich gegen die Wand.
Ich schnappe mir Desinfektionsmittel und reinige mit zusammengebissenen Zähnen die Spuren meines Kampfes.

"Argh... FUCK!", fluche ich, als der Verband schon wieder durchtränkt ist.
Seit mehreren Stunden versuche ich nun, die Blutung zu stoppen, als plötzlich mein Telefon klingelt. Stirnrunzelnd krame ich das Teil aus meiner Hosentasche und gehe ran.
"Hallo?", murmle ich und klemme mir das Telefon zwischen Kopf und Schulter, während ich einen weiteren Versuch starte. Ich werde wohl nicht drum herum kommen, mir irgendwas in die Löcher zu stopfen. Und zu schlafen.. Ich weiß nicht, wann ich das letzte mal geschlafen habe.

Überrascht über die Tatsache, das sich jemand um mich sorgt, nehme ich das Telefon in die Hand um es an mein Ohr zu halten.
"Danke.. Mir.. Mir geht es gut..", murmle ich und weiß nicht, wie ich reagieren soll.
"Du hast mich nicht geweckt.. Ich.. bin nur ein bisschen beschäftigt.. Nichts besonderes.. Du bist sicher.. Das ist alles was zählt..", fange ich mich dann wieder und setze mich auf den Rand meiner Badewanne.

"Das ist mein Job, Allison. Du würdest dich über die Tatsache wundern, wie viel ich einstecken kann. Mach dir keine Sorgen und versuch zu schlafen. Der Tag war lang und anstrengend.. Ja, wir sehen uns morgen. Ich zeige dir den Ort, die wichtigsten Einrichtungen.. All sowas.", murmle ich und lege auf, um mich wieder meiner Wunde zu widmen. Dieses Mal, funktioniert es auch endlich einigermaßen. Die Wunde hört endlich auf zu bluten, schließt sich allerdings immer noch nicht. Ich streife mir meine Hose ab und ziehe mir eine bequeme Jogginghose an. Aus Angst, weiter zu bluten, verzichte ich auf ein Oberteil und lege mich so ins Bett. Ein nahezu neuwertiges Bett.

Ich habe vielleicht drei, vielleicht vier Stunden geschlafen, als ich wieder wach werde.
Hellwach setze ich mich auf und reibe mir die Augen.
"Das war notwendig..", murmle ich und schaue an mir runter. Der Verband ist nicht durch geblutet, doch ich spüre die Wunde noch immer.
Nachdenklich schlage ich die Decke zurück und schnappe mir eines der uralten Bücher aus dem riesigen Regal, gleich neben meinem Bett.
"Wunde heilt nicht.. Wunde.. heilt nicht.. Wunde.. Aha!", murmle ich und lese mir rasch den Artikel durch.
"Sollten die Heilkräfte einmal nicht mehr wirken, kommen folgende Ursachen in Frage: Eine Vergiftung, oder die Blockierung der Heilkräfte. Eine Blockierung hält der Regel nach, nicht länger als drei Tage an. Sollte sich nach drei Tagen keine Besserung einstellen, so muss sofort nach einem Gegenmittel geforscht werden...", murmle ich und schlage das Buch zu.
Eine Blockierung. Es ist sicher eine Blockierung. Keine Vergiftung.. eine Vergiftung kann ich mir nicht leisten. Ich stelle das Buch zurück an seinen Platz und entschließe mich dazu, erst einmal duschen zu gehen.